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Verfassungsschutz AfD-Brandenburg wird zum Verdachtsfall

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Andreas Kalbitz, der ehemalige Vorsitzender der AfD-Fraktion im Landtag von Brandenburg. (Quelle: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Sebastian Kahnert)

Offenbar wäre die Partei zum offiziellen Beobachtungsfall geworden, wäre es nicht schon im Mai zum Rauswurf des Flügel-Vertreters Andreas Kalbitz gekommen. Mit der Einordnung als Verdachtsfall ist die Entscheidung des Verfassungsschutzes allerdings weiterhin juristisch wasserdicht. Auch mit dem Rauswurf liegen der Behörde hinreichende Anhaltspunkte für die Beobachtung vor.

Andreas Kalbitz hatte bis vor kurzem wichtige Machtpositionen in der Partei inne. Er war der Vorsitzende für Brandenburg und Fraktionschef im Landtag. Neben Björn Höcke galt er als Führungsfigur im Rechtsaußen-Flügel der AfD. Dabei hatte er mächtige Verbündete. In Brandenburg war er Nachfolger von Alexander Gauland, der bis zu seinem Einzug in den Bundestag 2017 den Landesverband geleitet hatte. Gauland hatte Kalbitz nicht nur in seiner bisherigen AfD-Karriere gefördert, sondern ihn auch bis zuletzt unterstützt. Er hatte den Rauswurf von Kalbitz kritisiert und indirekt Konsequenzen für Jörg Meuthen angedroht, sollte Kalbitz bei seiner Klage gegen das Parteiausschlussverfahren Recht bekommen: „Wenn Herr Kalbitz nicht Recht bekommen sollte, vor dem Parteigericht oder einem ordentlichen Gericht, dann ist das eben so. Wenn er aber Recht erhält, dann wird es für diejenigen, die das losgetreten haben, schwierig.“

Ohnehin hat sich für Kalbitz seit seinem Rauswurf gar nicht soviel geändert. Die AfD-Fraktion im Potsdamer Landtag hatte kurzerhand ihre Geschäftsordnung geändert, damit Kalbitz weiterhin Mitglied bleiben kann. Einen offiziellen Fraktionsvorsitzenden gibt es aktuell nicht. Jörg Müller, Leiter des Verfassungsschutzes in Brandenburg ist sich allerdings sicher: „Die Fraktion wird von einem parteilosen Rechtsextremisten geführt.“

Zahllose Enthüllungen über Kalbitz Vergangenheit sind mittlerweile bekannt. Er soll bei den rechtsradikalen Republikanern Mitglied gewesen sein und nahm an Zeltlagern der seit 2009 verbotenen „Heimatreuen Deutschen Jugend“ (HDJ) teil. 2007 soll Kalbitz zusammen mit dem damaligen NPD-Vorsitzenden Udo Voigt und weiteren Neonazis an einer Demonstration in Athen teilgenommen haben. Am Hotel der Reisegruppe wurde ein Hakenkreuz-Flagge angebracht. 1993 trat Kalbitz in den völkischen „Witiko-Bund“ ein, eine Organisation, die bereits seit 1967 vom Verfassungsschutz beobachtet wird. In einem „Witikobrief“ von 1974 war zu lesen: „Zu den gewaltigsten Geschichtslügen der jüngsten Vergangenheit gehören die sechs Millionen Juden.“ Und in einem „Witikobrief“ von 2018 ist die Rede von einer „Diffamierungskampagne gegen die Deutsche Wehrmacht”.

Dabei ist es nicht nur Andreas Kalbitz und seine rechtsextreme Vergangenheit, die den Verfassungsschutz alarmiert haben. Verfassungsschutzchef Müller geht davon aus, dass 40 Prozent der Brandenburger AfD-Mitglieder Teil des Flügels sein sollen. Er spricht von einer „Verflügelung“ der AfD, also dem zunehmenden Machtgewinn von Flügel-Vertreter*innen in der Gesamtpartei. Aber auch in der Landtagsfraktiion der Partei gibt es weitere Anhaltspunkte. Zum Beispiel Hans-Christoph Berndt. Berndt leitet den Verein „Zukunft Heimat“ aus Cottbus, der vom Verfassungsschutz wegen rechtsextremer Betsrebungen seit Januar 2020 beobachtet wird. Dazu kommen gute Verbindungen der Brandenburger AfD zur rechtsextremen „Identitären Bewegung“, dem Compact-Magazin, dass der Verfassungsschutz ebenfalls als Verdachtfall kategorisiert. Neben der offensichtlichen Verbindung zur verbotenen HDJ sieht Verfassungsschutzchef Müller auch Verbindungen zur NPD.

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