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Von MMA bis Dart Rechtsextremer Einfluss im Sport

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Neonazi in Ostritz 2018 (Quelle: Kira Ayyadi)

Sport verfügt über ein beträchtliches Mobilisierungs- und Aufmerksamkeitspotenzial. Er verbindet Menschen, er schafft soziale Räume, er kann gemeinschaftsbildend wirken, aber auch Gewalt hervorrufen. Sport wirkt in die unterschiedlichsten Lebenswelten hinein. Und dennoch beharren nach wie vor viele Akteure darauf, dass Sport unpolitisch, gar neutral sei. Doch längst haben Rechtsextreme ihn als Aktionsraum erkannt. Die Studie „Rechtsextremismus im Sport“ von Robert Claus und Sabine Behn, die Ende 2024 vom Bundesinstitut für Sportwissenschaft veröffentlicht wurde, gibt einen aktuellen Überblick über rechtsextreme Einflussnahmen. Dabei machen die Autor*innen vier Bereiche aus, in denen die extreme Rechte besonders aktiv ist, da hier die meisten rechtsextremen Gewaltvorfälle, Sponsorings, Ehrenämter und vor allem spezifisch rechtsextreme Vereinigungen erfasst wurden: Kampfsport, Fußball, Schießsport auch Dart.

Aktionsfeld Kampfsport

Die Studienautor*innen erkennen zwei Kriterien, die eine Sportart für die extreme Rechte besonders attraktiv erscheinen lassen: zum einen eine Vermittlung von Gewaltkompetenz und zum anderen eine fehlende regulativ wirkende Instanz, wie einen Verband. Besonders deutlich wird dies in Teilen des Boxens, Kickboxens und der MMA. Das gewaltaffine Spektrum der Fußballfanszenen sowie Rechtsrock galten über Jahrzehnte als die zentralen Standbeine einer extrem rechten erlebnisweltorientierten Rekrutierung. Mittlerweile zählt auch der Kampfsport dazu. Hier geht es um das Ideal einer „soldatischen Männlichkeit“, die „Wehrhaftigkeit“ gegen die Vielzahl konstruierter Feinde eines sogenannten „deutschen Volkes“ konstruiert. Feinde können Linke, trans Personen, Juden*Jüdinnen oder auch nicht-weiße Menschen sein, quasi alle, die nicht dem imaginierten homogenen „Volk“ entsprechen.

Kampfsport erfüllt dabei verschiedene Funktionen für extrem rechte Akteure. Erstens dient er der Netzwerkbildung. Zweitens finanziert sich die Szene daraus. Drittens dient er der Rekrutierung junger, gewaltaffiner Männer. Dabei findet eine Überschneidung in die Fußballszene statt. Denn die Kader des rechtsextremen Kampfsportes richten ihre Aktivitäten auf die deutsche Hooliganszene aus, wo sie eine entsprechende Menge gewaltfaszinierter Männer finden. Dabei begreift sich die Hooligan-Szene keinesfalls als genuin rechts, so die Studienautor*innen. Dennoch sei der Hooliganismus weiterhin ein wichtiges Rekrutierungspool militanter Neonazis. Viertens trainiert die extreme Rechte im Kampfsport ihre Fähigkeiten für den Straßenkampf und bereiten sich so auf den viel beschworenen „Tag X“ vor. Genau das passiert auch, wenn Neonazis Schießsport betreiben: Sie üben sich an der Waffe.

Über die Einflussversuche extrem rechter Akteur*innen in den Bereichen Kampfsport, Fußball und Schießsport wurde in der Vergangenheit bereits diskutiert. Neu ist hingegen Dart als Aktionsfeld. Studienautor Robert Claus erklärt das gegenüber Belltower.News so: „Dart mag manchen Menschen nicht als allererstes in den Sinn kommen, wenn wir über Sport sprechen. Dabei erfüllt Dart aber wichtige Funktionen: Für Dart braucht es kaum spezielle Räume oder Hallen. Stattdessen wird Dart vielfach in Kneipen gespielt und dient extrem rechten Akteuren somit der niedrigschwelligen sozialen Raumnahme.“

Sportpolitische Ebene: Die AfD

Auch die sportpolitischen Positionen der AfD wurde in der Studie untersucht. Auffällig sei dabei gewesen, auf welche Sportarten sich die Partei positiv beziehe, so Claus: „Wir können Entfremdungstendenzen zum Fußball, dessen Maßnahmen für Vielfalt und migrationsgeprägter Realität sehen. Dabei dienen positive Bezüge auf Eishockey und Handball der Partei als politische Codes, um Sportarten hervorzuheben, in deren Nationalmannschaften Menschen mit familiärer Migrationsgeschichte noch stark unterrepräsentiert und beispielsweise kaum Schwarze Profis zu finden sind.“ Die Tatsache, dass sich die AfD positiv auf eben jene Sportarten zur eigenen Inszenierung beziehe, können die entsprechenden Verbände als Warnzeichen verstehen, so die Autor*innen weiter.

Die in großen Teilen rechtsextreme Partei verfolge mit ihrem Sport-Engagement generell eine doppelte Strategie: Zum einen versucht sie sich als harmlos und bürgernah zu inszenieren. Zum anderen wettert sie gegen das Thema Vielfalt. So würden in den „sportpolitischen Thesen“ der AfD Menschen mit Migrationsbiografien oder queere Personen nicht erwähnt, Menschen mit Behinderungen nur an einer Stelle. „Das Subjekt des Sports in der Programmatik der AfD ist das von einem sozialdarwinistischen Grundgedanken geprägte, weiß und völkisch gedachte Kollektiv. Dies ist eine im Wesenskern extrem rechte Position und steht dem Sportgedanken des Deutschen Olympischen Sportbundes sowie der Deutschen Sportjugend diametral entgegen“, schreiben die Autor*innen. Deshalb haben einige Verbände und Landessportbünde bereits Beschlüsse gefasst, nicht mit der AfD zusammenzuarbeiten und deren Vertreter nicht in Gremien einzuladen.

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WK TW Aufm

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