Was die Politiker und Politikerinnen derzeit schon tun
Zu den Bundestagswahlen engagieren sich alle Parteien zum Thema Rechtsextremismus. Die Kanzlerin Merkel hat die Schirmherrschaft für den google-Schülervideowettbewerb ?361 Grad Toleranz? übernommen. Der Außenminister und SPD-Kanzlerkandidat Steinmeier ist einer der Initiatoren der Kampagne ?Nazis aus dem Takt bringen?. Die Grünen besuchen im Wahlkampf viele Initiativen vor Ort, diskutieren über ihre Nöte und die grüne Abgeordnete Monika Lazar hat ein eigenes umfangreiches Argumentationspapier für die Zukunft der Bundesprogramme gegen Rechtsextremismus entwickelt. Bei der FDP hat sich Sabine Leutheusser-Schnarrenberg, Vize-Fraktionsvorsitzende und rechtspolitische Sprecherin, auf einer Pressekonferenz der Bundesarbeitsgemeinschaft Demokratieentwicklung ebenfalls lobend zu dem vielfältigen Engagement gegen die extreme Rechte geäußert: ?Die FDP setzt sich als Bürgerrechtspartei dafür ein, die Initiativen gegen Rechtsextremismus auf ein stärkeres politisches und finanzielles Fundament zu stellen.? Auffällig ist, dass sich Die Linke zum Thema im Wahlkampf gar äußert. Ihre sonst häufig verwendeten Plakate mit dem Slogan ?Nazis raus aus den Köpfen? finden in diesem Wahlkampf keine Verwendung mehr.
Rechtsextremismusbekämpfung wird zum Thema
Kein ordentlicher Bundestagswahlkampf ohne ausführliche Parteiprogramme zu alles und jedem. Die große Stunde jener Themen, die sonst wenig Beachtung finden, da sie weder die Wirtschaft ankurbeln, noch etwas mit Kindern oder Hunden zu tun haben und nur bedingt Arbeitsplätze schaffen? Das Thema Rechtsextremismus leidet ? wie viele andere Themen auch ? an einer wellenartigen Auseinandersetzung. Immer muss erst etwas vorgefallen sein, damit in Politik und Öffentlichkeit eine Debatte über die Problemlage und Gegenstrategien in Gang kommt. Nun kann den Parteien in diesem Wahlkampf zugute gehalten werden, dass sie im Kampf um die Wähler nicht ganz den Kampf gegen den Rechtsextremismus aus den Augen verloren haben. Das ist das Neue an diesem Bundestagswahlkampf. Jede demokratische Partei hat das Thema ?Rechtsextremismusbekämpfung? zum Punkt in ihren Wahlprogrammen gemacht.
SPD
Den Sozialdemokraten sind vielfältige Ansätze wichtig, da der Kampf gegen Rechtsextremismus eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe sei. Die (lokale) zivilgesellschaftliche Vielfalt sei ausdrücklich erwünscht und wird sogar als notwendig betrachtet. Sie wollen in den Ressorts Jugend-, Bildungs-, Integrations-, Arbeitsmarkt, Kommunal- und Stadtentwicklungspolitik Maßnahmen ergreifen. Außerdem setzten sie auf Kontinuität und Vielfalt beim Engagement. Die bestehenden Programme gegen Rechtsextremismus sollen durch eine Bundesstiftung institutionalisiert werden. Über die tatsächliche Gründung einer solchen Stiftung ist offiziell noch nichts näheres bekannt. Um mehr Opferschutz zu gewährleisten, sollen dafür die Beratungsangebote ausgebaut werden. Die SPD spricht sich für ein Verbot der NPD aus.
Bündnis 90/Die Grünen
Sie wollen Projekte der Zivilgesellschaft langfristig fördern, um nachhaltige Ergebnisse zu sichern. Wichtig ist ihnen ein Standart der Beratungs- und Unterstützungskompetenzen, der eine dauerhafte Arbeit ermöglicht. Sie kritisieren die politische Willkür bei der Finanzierung von Initiativen. Darüber hinaus fordern sie die Schulung von staatlichen Organen, wie Polizei, Verwaltung und Bildungsträgern. Sie wollen mehr fachliche Abstimmung bei der Finanzierung von Initiativen, um die qualitativ guten zu fördern, nicht nach deren Finanzstärke. Die Grünen sind nicht für ein Verbot der NPD.
Die Linke
Die Partei möchte die Bundesprogramme gegen Rechtsextremismus stärken und verstetigen. Die Aktivitäten der Bundesministerien sollen gebündelt werden und von den ?Beauftragten des Deutschen Bundestages für Demokratie und Toleranz? koordiniert werden.
Es solle eine vom Verfassungsschutz unabhängige Beobachtungsstelle für Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus eingerichtet werden. Es wird verlangt, rechtsextreme Gewalt konsequent zu ahnden und zu bestrafen. Die Arbeit der V-Leute in der NPD solle eingestellt und die NPD darüber hinaus verboten werden.
CDU
Die Christdemokraten hingegen sind gegen ein NPD-Verbot und für den Einsatz von V-Leuten zur Beobachtung extremistischer Gruppen. Die Partei unterscheidet nicht zwischen Rechts- und Linksextremismus, sondern stellt beides unter ?Extremismus? gleich, der durch die Vermittlung demokratischer Werte und Streitkultur in Schule in Gesellschaft bekämpft werden soll. Sie weisen auf die Gefahr der Verharmlosung einerseits und Vorverurteilung andererseits hin. Die Partei wolle dafür sorgen, dass nirgends ?Unrecht und Willkür? herrsche und sprechen sich für eine nachhaltige Ursachenbekämpfung von extremistischen Einstellungen aus. Die bürgerschaftlichen Projekte und die Arbeit des Rings Politischer Jugend (RPJ) sollen weiterentwickelt werden, mit Schwerpunkten in gefährdeten Regionen. Aussteigerprogramme würden weiter gefördert. Im Gegensatz zur CDU befürwortet die CSU ein Verbot der NPD.
FDP
Die Idee der Liberalen ist die Drei-Säulen-Initiative. Man wolle einerseits die Aussteigerprogramme aus dem Rechtsextremismus intensivieren. Außerdem schlagen sie Gewaltpräventionsprogramme an Schulen vor. Der dritte Punkt bezieht sich auf die Auseinandersetzung mit den Ursachen und Handlungsweisen des Linksextremismus. Die Liberalen streben kein Verbot der NPD an.
Was fehlt?
?Die Ideen der Parteien könnten auch in einem Programm zusammenlaufen?, so Dierk Borstel, Experte für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung an der Uni Bielefeld und Mitarbeiter im Zentrum Demokratische Kultur, in seinem Kommentar auf netz-gegen-nazis.de. Der Koordinator der Amadeu Antonio Stiftung, Timo Reinfrank, ergänzt: ?Die Programmpunkte der demokratischen Parteien ergänzen sich teilweise ganz gut. Das Problem ist, dass es sich bei den verschiedenen Maßnahmen gegen Rechtsextremismus immer nur um punktuelle Ansätze handelt. Ein konzeptioneller Rahmen der Rechtsextremismusbekämpfung fehlt, der sich auch den Ursachen der rechtsextremen Einstellungen und der daraus folgenden Gewalt stellt. Die notwendigen Querverbindungen zu anderen Politikfeldern, beispielsweise zur Integrationspolitik, werden bis jetzt überhaupt nicht berücksichtigt.?
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Die Grünen haben ein detailliertes Papier zum Thema verfasst