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Superwahljahr 2009 Wahlkampfzeiten – Rechtsextreme im Kampf um die kommunalen Mandate

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Ein Text aus der Reihe „Transferstrecke – Dialog zwischen Theorie und Praxis“.

Nirgendwo sonst als in der Kommunalpolitik sei es möglich, so nah am Puls der Zeit und der Bürger zu sein, ihre Sorgen aufzunehmen, gegen die örtliche Bürokratie zu polemisieren und ihnen die nationalistische Alternative schmackhaft zu machen, meint die NPD. Die Partei hat die Kommunalpolitik zwar erst spät entdeckt, setzt mittlerweile jedoch große Hoffnungen in sie.

Umso erstaunlicher ist es, dass die deutsche Rechtsextremismus-Forschung die rechtsextreme Kommunalpolitik lange wenig beachtet hat und es bis heute keine länderübergreifende und vergleichende Analyse gibt. Stattdessen dominieren kleine Lokalanalysen und graue, zum Teil nur schwer greifbare Literatur.
Eine Ausnahme ist der Band ?Die NPD in den Kommunalparlamenten Mecklenburgs Vorpommern? von einem Forschungsteam um Hubertus Buchstein (2006). Das Buch vergleicht die Kommunalpolitik der NPD und entwickelt daraus drei wiederkehrende Typen von NPD-Strategien:

1. In Anklam beteiligt sich der NPD-Vertreter mit eigenen Anträgen und Beiträgen an den lokalen Debatten. Er bringt Ideen ein, kritisiert und entwirft alternative Vorschläge. Es ist somit eine durchaus konstruktive Strategie, NPD-Politik lokal erfahrbar zu machen, zu präsentieren und hin und wieder sogar Mehrheiten dafür zu sammeln.

2. Im westlichen Ludwigslust hingegen fallen die NPD-Vertreter vor allem durch lautstarke Polemiken auf. Konstruktive Beiträge gibt es nicht. Stattdessen wird das Parlament als Bühne der Propaganda genutzt. Es ist eine Lautsprecher-Strategie zur Verstärkung der NPD-Parolen.

3. Eine dritte Strategie ist in Stralsund zu beobachten. Dort fällt die NPD nur durch Faulheit und Unfähigkeit auf. Sie nimmt zwar körperlich an Sitzungen teil, beteiligt sich jedoch meist nicht und wenn sie es doch versucht, schafft sie es noch nicht einmal, einen Antrag ohne Formfehler zu stellen. Man möchte dies als die klassische NPD-Strategie bezeichnen.

Mit dem weitgehenden Wegfall der Fünf-Prozent-Hürden bei Kommunalwahlen reichen oft schon geringe Stimmanteile, um Mandate vor Ort zu gewinnen. Zuletzt war die NPD z. B. in Brandenburg fast überall erfolgreich, wo sie angetreten ist, ohne dass ihr ein massiver Stimmenzuwachs gelungen wäre. Die Folge ist, dass bei den anstehenden Kommunalwahlen in Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern mit einem Zuwachs an NPD-Mandaten zu rechnen ist.

Umso wichtiger ist es deshalb, dass sich die örtlichen demokratischen Kommunalpolitiker frühzeitig darauf einstellen und ihrerseits eine Strategie des Umgangs finden. Dazu bieten sich mehrere grundlegende Strategien an, die jedoch davon abhängig sind, mit welchem NPD-Typus (konstruktiv, Lautsprecher oder klassisch) man vor Ort konfrontiert wird.

Drei Modelle werden dabei häufig gemixt:

1. Die Idee der Entlarvung funktioniert zumeist nur, wenn die NPD vor Ort die konstruktive Strategie fährt. Bei den ?Lautsprechern? erübrigt sich jede Entlarvung. Sie wird von der NPD selber vorgenommen. Der klassische Typus hingegen bekäme eher eine unnötige Aufwertung, wenn er beständig thematisiert würde.

2. Der zweite Ansatz setzt auf eine Ausgrenzung der NPD. Sie dürfte alternativlos sein, muss sich jedoch selbst an demokratischen Standards orientieren und das ist oft das Problem. Denn natürlich stehen allen NPD-Abgeordneten und Fraktionen grundsätzlich die gleichen Rechte zu wie allen anderen demokratisch legitimierten Abgeordneten auch. Das ist ein hohes und zu schützendes Gut; es bedeutet aber andererseits nicht, dass die NPD darüber hinaus als gleichwertiger Partner zu akzeptieren ist. Sie darf ihre Rechte wahrnehmen; aber von allem , was darüber etwa in Absprachen, Verständigungen, gemeinsamen Tätigkeiten hinausgeht, ist die NPD fern zu halten. Dazu ist eine konsensuale Verständigung der demokratischen Parteien unumgänglich, die intern und vorab ihren Umgang mit der NPD und ihren Anträgen und Beiträgen abstimmen sollte.

3. Die dritte Strategie setzt auf das Ignorieren. Das gelingt mit schlechtem demokratischen Gewissen vielleicht beim klassischen Typus, auf keinen Fall aber bei den beiden anderen Variationen. Der Lautsprecher ist zu laut und der Konstruktive zu beteiligt, um sie rechts liegen zu lassen. Sie bekämen dadurch nur Freiräume des Schaffens oder der Eindruck entstünde, ihren Propagandareden sei nicht zu begegnen. Beides darf nicht geschehen.

Das zentrale ?A und O? des kommunalen Umgangs mit rechtsextremen Mandatsträgern ist die Verständigung der Demokraten auf demokratische Spielregeln und einen einheitlichen, demokratischen Umgang mit den rechtsextremen Herausforderern. Sie betreffen schon den Wahlkampf, aber auch den späteren Umgang im Parlament. Sinnvoll ist es dabei, von den vorliegenden Erfahrungen zu schöpfen und sie auf die lokale Ebene zu übertragen. Dazu böten sich parteinahen Stiftungen an, die entsprechende Angebote unterbreiten sollten.

Unumgänglich dürfte es generell sein, die menschenverachtende Ideologie der NPD nicht zu dulden, das auch öffentlich zu präsentieren, ihnen keine unnötigen Freiräume zu geben, ohne deshalb die eigenen demokratischen Standards zu unterbieten.

Literaturempfehlungen:

? Katharina Beier/ Bogitzky, Jenny/ Buchstein, Hubertus u.a. (2006): Die NPD in den kommunalen Parlamenten Mecklenburg-Vorpommerns, Greifswald

? Braune, Sven u.a. (2007): Die Politik der NPD in den Kommunalparlamenten Sachsens, in: Backes, Uwe/ Steglich, Henrik (Hrsg.): Die NPD. Erfolgsbedingungen einer rechtsextremistischen Partei, Baden Baden, S. 175-207

? Buchstein, Hubertus (Hrsg.): Kein Platz für Rechtsextremisten in Kommunalparlamenten. Anregungen für Kommunalpolitiker bei der Auseinandersetzung mit Rechtsextremisten im Kommunalwahlkampf, Greifswald (kostenloser download auf: www.hubertus-buchstein.de)

Zum Thema:

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