Das klingt doch eigentlich ganz gut: Da bietet eine Organisation mit dem Attribut „sozial“ Kindern im Sommer abwechslungsreiche Tätigkeiten in wunderschöner See- und Berglandschaft an, die nebenbei auch noch ihre Deutschkenntnisse festigen können. „Schwimmen, Wandern, Singen, Tanzen, Basteln und Handwerken, Kochen und Theaterspielen, Spiel und Sport – oder auch einfach nur im Strandbad auf der faulen Haut liegen und Wolken zählen.“ So preisen die Veranstalter auf ihrer Internetseite das kommende Kindersommerlager an. Dieses richtet sich an Kinder und Jugendliche aus Österreich, Deutschland, Italien, Slowenien, Kroatien, Serbien, Ungarn, Rumänien, der Ukraine, der Slowakei, Polen und Tschechien von zehn bis fünfzehn Jahren. Doch schaut man sich die Organisation genauer an, bekommt die Idylle erste Risse.
Sommerlager mit NS-Symbolik
So berichtet der Blog „no-racism.net„, der den alltäglichen Rassismus in Österreich dokumentiert, dass das Antlitz des Jugendlagers, wo gewandert, gezeltet und am Lagerfeuer Volkslieder gesungen werden, nur reine Fassade ist. Im Jahr 2005 organisiert die „Arbeitsgemeinschaft Sommerlager (ArGe) ein solches Sommerlager. Die Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft kommen hauptsächlich aus der Wiener Burschenschaft „Olympia“ und tragen ihre „rechtsextreme Gesinnung offen zur Schau“, heißt es im Blog. Die „Stiftung Soziales Friedenswerk“ stellt für dieses Sommerlager Unterkunft und Grundstück zur Verfügung.
Das „Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes“ (DÖW) hat dieses Sommerlager 2005 kritisch beobachtet: „Angeboten werden nicht nur Singen, Tanzen, Wandern, das Erzählen von Helden- und Göttersagen usw., sondern auch das Erlernen des Fechtsports, ein Zielschießen mit Armbrust und Luftdruckgewehr sowie Unterricht in diversen Arten der Selbstverteidigung. Damit bekommt das ‚Sommerlager‘ durchaus auch Züge einer Wehrsportübung.“
Gleichzeitig weisen verwendete Symbole auf Nähe zum Neonazismus hin. Beispielsweise besteht das Logo des ArGe-Sommerlagers aus einer Tyr-Rune, die während der NS-Zeit als Divisionsabzeichen der „32. SS-Freiwilligen-Grenadierdivision ’30. Januar‘ „, als Ärmelemblem für Absolventen der „SA-Reichsführerschulen“ und auf den Kragenspiegeln der „Sturmführer“ im Stab der „SA-Reichsführerschulen“ verwendet worden ist. Die Tyr-Rune wurde von den Nationalsozialisten als wichtiges Element arischer Kultur gesehen und ist heute in Deutschland als Abzeichen verfassungswidriger Organisationen eingestuft.
Öffentliche Wohltätigkeit als Tradition
Das Soziale Friedenswerk beschreibt sich selbst als „überparteilicher und bekenntnisübergreifender Verein zur Förderung der Jugend und zur Unterstützung sozial Schwacher“. Es will bedürftigen und entwurzelten Kindern kulturelle Anregungen und Halt in der Gemeinschaft geben. Darüber hinaus fördert der Verein mit Stipendien und Zuschüssen begabte Schüler und Studenten.
Gegründet wird das Soziale Friedenswerk im Jahr 1950, fünf Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges. Die Stiftung will mit ihrer Arbeit in Not geratene Menschen, insbesondere Frauen und Kinder unterstützen. Weiter sollen Flüchtlinge und Heimatvertriebene, die keine Hilfe von der Internationalen Flüchtlingsorganisation der Vereinten Nationen oder dem Internationalen Roten Kreuz erhalten, Zuwendung und Unterstützung erfahren.
Einer der Initiatoren des Sozialen Friedenswerks ist der Salzburger Erzbischof Andreas Rohracher. Für sein soziales Engagement und seinen Einsatz für Frieden und Gerechtigkeit erhält er zahlreiche Ehrungen und ist in der damaligen Öffentlichkeit hoch geachtet.
Eine zweite wichtige Figur in der Gründungsphase des Sozialen Friedenswerkes ist Franz Langoth, ehemaliger Oberbürgermeister der Stadt Linz. Langoth wird nach dem „Anschluss“ Österreichs Mitglied der SS und unter anderem Leiter der „Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt“. Diese hat es sich, unter dem Deckmantel der Wohlfahrtspflege, zur Aufgabe gemacht nur die Menschen sozial zu unterstützen, die die Nationalsozialistische Rassenideologie und Politik vollends verinnerlicht haben. Nach dem Krieg wird Langoth das erste Ehrenmitglied des „Verbandes der Unabhängigen“, der als Vorgängerpartei der rechtspopulistischen FPÖ gilt.
Es lohnt sich deshalb, einen kritischeren Blick auf das soziale Engagement des Sozialen Friedenswerks zu werfen. Bei den Notleidenden und hilfebedürftigen Menschen, von denen der Erzbischof Andreas Rohracher gesprochen hat, handelt es sich zu einem großen Teil um Kriegsverbrecher. Offen setzt sich das Kuratorium des Sozialen Friedenswerkes dafür ein, diese zu begnadigen und ihnen Generalamnestie zu gewähren. So werden zahlreiche Kriegsverbrecher für ihre Taten niemals zur Rechenschaft gezogen. Wie mächtig der Einfluss des Kuratoriums auf Politik und öffentlicher Meinung sein muss, zeigt sich am erfolglosen Widerstand durch den damaligen österreichischen Bundespräsidenten Theodor Körner und Bundeskanzler Leopold Fichl, die beide für eine umfassende Aufarbeitung der NS-Vergangenheit eintreten.
Gnade für Kriegsverbrecher
Besonders perfide sind die Begründungen des Gnadengesuchs. „Rohracher und das Soziale Friedenswerk behaupteten, dass jene nach dem Kriegsverbrechergesetz Verurteilten unter besonders gefährlichen Umständen auf Befehl getötet haben“, schreibt der Historiker Wilhelm Svoboda, der sich mit der Geschichte des Sozialen Friedenswerks befasst hat. Svoboda illustriert dies am Beispiel eines Aufstandes im Konzentrationslager Mauthausen im Februar 1945, der blutig niedergeschlagen wurde. Rohracher behauptet weiter, dass es sich bei der brutalen Niederschlagung des Aufstands um reine Notwehr der Verurteilten gehandelt habe und dass die inhaftierten Häftlinge schwerst kriminelle Verbrecher gewesen seien. Dem entgegnet Svoboda: „Zu diesen Behauptungen Rohrachers ist aufgrund vorhandener Quellenlage festzustellen, dass es sich bei den Inhaftierten keineswegs um kriminelle Verbrecher handelte, sondern um tatsächlich ‚Politisch Verfolgte‘. Bei diesen Vorfällen handelte es sich keineswegs um eine Notwehr des verurteilten Wachpersonals, sondern um das Ermorden von wehrlosen Gefangenen.“
Förderung begabter Jugend
Neben politischer und öffentlicher Unterstützung erhält das soziale Friedenswerk auch bemerkenswerte finanzielle Unterstützung durch die österreichische Wirtschaft. Einen weiteren Teil ihrer Finanzkraft sichert sich das Werk auch durch Lotterieerträge.
Nur wenige Jahre nach Gründung des Werks kann 1957 das stiftungseigene Kinderferienlager errichtet werden. Neben der wirtschaftlichen Unterstützung erhält das Soziale Friedenswerk auch Angebote von Schloss- und Gutshofbesitzern, die Ferienplätze zur Verfügung stellen wollen.
1958 wird die Begabtenförderung eingerichtet, die vom „Freundeskreis zur Förderung begabter Jugend“ betreut wird. Für die Förderung gibt es zahlreiche Kriterien. So dokumentiert Wilhelm Svoboda: „Die Förderung gewährt denen Vorrang, deren Väter im Kriege gefallen, vermisst, schwerkriegsversehrt, heimatvertrieben sind oder sonst in der Kriegs- und Nachkriegszeit Gesundheit und wirtschaftliche Existenz eingebüßt haben.“
Auch die kulturpolitische Ausrichtung von damals ist belegbar. „Eine Organisation, die ihr Büro als ‚Dienststelle‘ bezeichnet und den ‚Verfall der Familie als Institution‘ beklagt, wird kulturell eine in der Vergangenheit zu suchende Profilierung vornehmen“, stellt Wilhelm Svoboda fest. Dazu gehörten die Lektüre literarischer Klassiker der Jahre 1938 bis 1945. Einer der populärsten ist der „Blut und Boden“-Dichter Will Vesper.
Das Soziale Friedenswerk heute
„Was die derzeitige Situation betrifft, so können wir keine Einschätzungen darüber geben, ob dieser Verein noch dem rechtsextremen Spektrum zugerechnet werden kann oder nicht“, teilt das DÖW auf Anfrage mit. „Dazu fehlen uns aktuelle und umfassende Informationen. Die uns seit Mitte der 90er Jahre nur mehr sporadisch vorliegenden Materialien sind zu wenig aussagekräftig und lassen diesbezüglich eine konkrete Beurteilung nicht zu“, heißt es weiter.
Laut aktuellem Vereinsregisterauszug firmiert das Soziale Friedenswerk aber unter jener Adresse, wo auch die „Österreichische Landsmannschaft“ (ÖLM) zu Hause ist. Im Vorstand des Friedenswerks lassen sich jedenfalls Personen finden, die in der ÖLM aktiv waren bzw. es noch sind. Somit bestehen Verbindungen zwischen der Stiftung Soziales Friedenswerk und der „Österreichischen Landsmannschaft, die vom DÖW als rechtsextrem eingestuft wird.
Vom 29. Juli bis zum 13. August wird nun also ein neues Kindersommerlager unter Schirmherrschaft des Sozialen Friedenswerkes stattfinden. Wie die Jahre zuvor wird der Austragungsort das idyllische Bad Goisern am Hallstättersee sein. Dort ist auch der umstrittene und 2008 verstorbene FPÖ-Politiker Jörg Haider aufgewachsen. Als Landeshauptmann von Kärnten war er der „Stiftung Soziales Friedenswerk“ eng verbunden.