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Warum eigentlich ist Demokratie die bessere Gesellschaftsform?

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Reichstagskuppel, Berlin, mit Besuchern (Quelle: Tino Höfert / Jugendfotos.de)

Herr Jaschke, in Meinungsumfragen bekunden gut 20 Prozent der Leute, dass sie eine Diktatur eigentlich gar nicht so schlecht finden. Woran liegt das?

Unser modernes Leben ist sehr komplex und unübersichtlich geworden. Der einzelne Bürger hat heute oft das Gefühl, dass Entscheidungen sehr lange dauern, an ihm vorbeigehen – und er im Zweifelsfall sowieso keinen Einfluss darauf nehmen könnte, erst recht nicht im Zeitalter der Globalisierung. Demgegenüber verspricht eine Diktatur schnelle Entscheidungen, sie suggeriert Übersichtlichkeit und Klarheit. Allerdings ist das Lug und Trug, denn eine Diktaturkommt – wie alle historischen Erfahrungen zeigen – immer nur wenigen zugute, nämlich den Staats- und Parteiführern und ihrer Klientel. Das breite Volk hat in einer Diktatur noch nie einen wirklichen Gewinn gehabt.

Was wäre denn schlecht an schnellen Entscheidungen?

Erst mal gar nichts. Nur lebt eine Demokratie eben davon, dass Entscheidungen möglichst transparent sind und auch hinterfragt werden können. Hierzulande kann man gegen staatliche Entscheidungen, etwa die Genehmigung für eine neue Autobahn, vors Verwaltungsgericht ziehen. Klar, das ist eine Verzögerung – insofern sind Diktaturen effizienter. Aber die Erfahrung zeigt, dass sehr, sehr viele Entscheidungen des Staates falsch waren oder zum Nachteil der Bürger.

Aber manchmal ist Demokratie doch unendlich mühsam! Wenn Nazis Parlamente als „Schwatzbude“ verächtlich machen, sprechen sie vielen Leuten aus dem Herzen.

Ganz ohne Frage, in Politik und Staat gibt es eine Menge Reformbedarf. Aber mir geht es ums Prinzip: Die möglichst breite Mitwirkung von Bürgerinnen und Bürgern oder die erwähnte Rechtswegsgarantie, da ist die Demokratie nicht verhandelbar. Und ich bin sicher, dass es Menschen Spaß macht, wenn sie sich in die Politik einbringen können, wenn sie merken, ihr Engagement wird respektiert. Klar, da wäre einiges zu verbessern. In Berlin gab es in den letzten Jahren zwei Bürgerentscheide – und beide Male hat der Regierende Bürgermeister klargemacht, dass ihm das Votum der Leute eigentlich egal ist. Für den Gemeinsinn ist so etwas katastrophal.

Wir würden Sie einem Kind erklären, warum Demokratie besser ist?

Demokratie ist besser, weil du mitmachen kannst – Diktatur ist schlechter, weil du mitmachen musst.

Bei den alten Griechen, bei Platon und Aristoteles, wurde die Demokratie eher negativ gesehen. Wäre es nicht besser, wenn Experten die Welt regierten?

Experten sind unabdingbar für technische Fragen oder zur Erhellung von Details. Bei Fragen des Allgemeinwohls aber haben wir eher schon zu viel Expertentum. Außerdem gibt es ja auch in Expertenkreisen widersprüchliche Auffassungen zu vielen Dingen. Deshalb ist Bürgerbeteiligung in den zentralen Fragen unerlässlich.

Aber ist „das Volk“ nicht dumm?

Nein! Es ist bisweilen nicht informiert, das ist richtig. Doch auch das Parlament ist in bestimmten Details nicht als Ganzes informiert, deshalb wählt man ja den Weg über Fachausschüsse. Natürlich, wir brauchen immer Stellungnahmen und Vorarbeiten von Expertengremien, aber die eigentliche Entscheidung muss den Bürgerinnen und Bürgern vorbehalten bleiben.

Warum sind Parteien oft langweilig und dröge?

Die müssen so sein, weil sie den Vorgaben des Parteiengesetzes folgen. Die Verbürgerlichung der Grünen hat nur diesen Grund. Ihre Theorie der Basisdemokratie ist ja nicht verkehrt, sie passte nur nicht zum Gesetz. Die klassische Partei geht auch von einem veralteten Begriff von Öffentlichkeit aus: Der konzentrierte sich aufs Wirtshaus, wo man sich einmal im Monat traf und diskutierte. Das ist längst antiquiert. Wir bräuchten eine gründliche Reform des Parteiengesetzes, aber daran haben viele Funktionäre kein Interesse, weil die alten Strukturen ihre Macht sichern.

Ist Demokratie die absolut beste Gesellschaftsordnung?

Sagen wir so: Es ist keine bessere vorstellbar.

Es gäbe da noch Utopien von Rätedemokratie oder Anarchismus…

Das Nachdenken über Demokratie ist 2.000 Jahre alt. Das athenische Modell ist bis heute das Ideal: Bürger versammeln sich auf einem Marktplatz – wobei mit Bürgern damals weder Frauen noch Sklaven gemeint waren – und argumentieren frei und treffen dann die beste Entscheidung.

Mit 80 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern funktioniert das nicht mehr so recht.

Für mich ist unter den heutigen Bedingungen nicht Besseres denkbar als eine parlamentarische Demokratie mit breiter Bürgerbeteiligung und klarer Gewaltenteilung.

Wie weit entfernt ist die Bundesrepublik Deutschland von diesem Ideal?

Ein gutes Stück, die Gewalten zum Beispiel sind nicht klar getrennt, Parlament, Regierung und Lobbyverbände zu sehr verschränkt. Aber wir werden immer entfernt sein vom Ideal.

Dieser Text erschien zuerst im „Buch gegen Nazis„. Mehr zum Thema und Inhalt finden Sie hier: | Das Buch gegen Nazis Mit freundlicher Genehmigung.

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