„Im Moment werden Tausende der jungen Geflüchteten de facto nicht betreut oder wissen nicht einmal, dass sie ein Recht auf einen Vormund haben, der sich für ihre Interessen einsetzt. Die Städte sind überlastet, die Kommunen kaum vorbereitet. Gerade jetzt sind Jugendeinrichtungen gefordert. Jugendarbeit muss sich an Kinderrechten orientieren“, fordert Judith Rahner, Projektkoordinatorin der ju:an-Praxisstelle. „Wir brauchen qualitative Standards und starke Strukturen. Der 15-Punkte-Plan gibt dazu praxisorientierte Hilfestellungen.“
„Der 15-Punkte-Plan zeigt, was die Kinder- und Jugendarbeit ganz konkret dazu beitragen kann, die in der UN-Kinderrechtskonvention verbrieften Kinderrechte zu wahren“, betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes. „Einrichtungen der Jugendarbeit müssen nun die Chance nutzen, ihre grundlegenden Prinzipien – Partizipation, Freiwilligkeit, Niedrigschwelligkeit und Offenheit – in der Arbeit mit minderjährigen Geflüchteten zu stärken.“
Zum Hintergrund:
Bis Ende des Jahres werden sich Schätzungen zufolge rund 30.000 unbegleitete Kinder und Jugendliche mit Fluchterfahrung in Deutschland aufhalten. Dazu kommen Kinder und Jugendliche, die mit ihren Familien da sind. Dem stehen rund 30.000 Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe gegenüber. Am 1. November 2015 trat die Neuregelung zur Inobhutnahme und bundesweiten Verteilung von unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten in Kraft, die eine gleichmäßigere Verteilung der Jugendlichen im gesamten Bundesgebiet und den einzelnen Bundesländern vorsieht.
Der 15-Punkte-Plan
Mit dem 15-Punkte-Plan erhalten Verantwortliche von Bildungsverwaltungen sowie Fachkräfte und Akteure der Kinder- und Jugendarbeit praktische Handlungsempfehlungen für die Öffnung von Jugendeinrichtungen im Sinne des Kindeswohls. Die Themen reichen von der Gestaltung kompetenter und tragfähiger lokaler Netzwerkstrukturen über die Bedürfnisse queerer Geflüchteter bis hin zu einem wirksamen Eintreten gegen Rassismus und Rechtsextremismus im Sozialraum.
1. Willkommensstruktur als Bildungsauftrag verstehen2. Sichtbar werden, Fragen stellen und Menschen kennenlernen3. Sachinformationen als Planungsgrundlage nutzen4. Netzwerke suchen und aufbauen5. Jugendliche »Stammbesucher_innen« vorbereiten und einbinden6. Begegnung auf Augenhöhe gestalten7. Partizipation von Jugendlichen als Grundpfeiler der Jugendarbeit verstehen8. Hetze gegen Geflüchtete und Rassismus klar entgegentreten9. Position beziehen und Geflüchteten(selbst)organisationen unterstützen10. Sozialraum mitgestalten, Kompetenzen bewusst einsetzen11. Mädchenspezifische Fluchtgründe und -erfahrungen anerkennen12. Queere Geflüchtete stärken13. Perspektivwechsel vornehmen14. Jugendlichen mit Fluchterfahrung selbstbestimmte Räume eröffnen15. Fort- und Weiterbildungen intensivieren
Die Handreichung „15 Punkte für eine Willkommensstruktur in Jugendeinrichtungen“ wurde mit Mitteln aus dem Bundesprogramm „Demokratie leben“ finanziert und kann heruntergeladen werden (pdf):
http://www.projekt-ju-an.de/w/files/juan/15-punkte-plan_web.pdf
oder bei der Amadeu Antonio Stiftung bestellt werden.