Lange Zeit bestand die rechtsextreme Musik-Szene hauptsächlich aus hartem Gitarrenrock – dem sogenannten Rechtsrock – inzwischen bildet sie jedoch die ganze Breite popkultureller Musikstile ab. Heute gibt es kaum ein musikalisches Genre mehr, das nicht von der rechten Szene übernommen wurde. Eltern, Sozialpädagog*innen und Kolleg*innen sind oft verunsichert, wenn sie die Vermutung haben, dass das eigene Kind, ein Jugendlicher im Jugendclub oder eine Kollegin rechte Musik hört.
Woher weiß ich, ob eine Band rechtsextrem ist?
Doch wie erfährt man, ob die Band tatsächlich dem extrem rechten Spektrum zuzurechnen ist? In vielen Fällen genügt eine einfache Google-Suche, um Bands politisch verorten zu können. Manchmal ist es auch hilfreich, hinter dem Bandnamen noch „Band“ oder „rechte Band“ zu tippen. Oft genügt auch eine Bildersuche zu den Bands, um auf ein rechtsextremes Weltbild der Musiker*innen zu schließen. Auch ein Blick in die Informationsbroschüren des Bundes- und der Landesämter für Verfassungsschutz kann helfen diese Frage zu klären. Wenn Sie nicht gleich fündig werden oder weiterhin unsicher sind, wenden sie sich an Beratungsinitiativen.
Doch was soll man machen, wenn sich tatsächlich herausstellt, dass es sich um Musik rechtsextremer Bands oder Liedermacher handelt? Eine Standardlösung für diese Frage gibt es nicht. Hier muss immer geschaut werden, in welchem Kontext sie zu der Person mit dem braunen Musikgeschmack stehen. Als Elternteil haben Sieganz andere Möglichkeiten der Intervention,denn als Kolleg*in.
Mein Kind hört Neonazi-Musik – Was tun?
Wenn sie mitbekommen, dass ihr Kind rechtsextreme Musik hört, sollten sie dies in keinem Fall einfach ignorieren. Es wäre falsch die politische Dimension des Rechtsextremismus bei Kindern und Jugendlichen zu leugnen, schließlich handelt es sich bei dieser Ideologie nicht um irgendeine jugendliche Protesthaltung, sondern um eine Ideologie, die ganz bestimmte menschenverachtende Wertvorstellungen propagiert.
Versuchen sie zunächst zu klären, wie ihr Kind an diese Musik herangekommen ist. Gehören vielleicht die neuen Freunde Ihres Kindes dem rechtsextremen Milieu an? Fragen Sie Ihr Kind warum es diese Musik hört und versuchen sie herauszubekommen, ob und inwieweit Ihr Kind schon in dierechtsextremen Szene eingetaucht ist. Aber bleiben Sie in jedem Fall in Kontakt mit Ihrem Kind und stellen Sie Ihren Standpunkt und Ihre Haltung klar. Versuchen Sie nicht, jemandem die Schuld für diese Situation zuzuweisen. Ein offener und ehrlicher Umgang miteinander ist jetzt besonders wichtig. Suchen Sie professionelle Hilfe und Unterstützung nicht zu spät. Auf der Internetseite „Online Beratung gegen Rechtsextremismus“ finden Sie Adressen von Projekten und Fachberatungsstellen in Ihrer Nähe.
- Weitere Informationen für Eltern finden Sie in der „Mobit“-Broschüre „Mein Kind ist doch kein Nazi!?“
- Adressen von Beratungsteams gegen Rechtsextremismus – bundesweit
Neonazi-Musik im Jugendclub oder Schule – Was tun?
In einem Jugendclub wird immer wieder Musik mit mehr oder weniger expliziten rechtsextremen Texten abgespielt. Was können Sozialpädagog*innen dagegen tun? Eine Standardlösung für diese Frage gibt es auch hier nicht. Je nach Lage der Dinge – zum Beispiel welche Musik hier abgespielt wird, welches Verhältnis zu und welche Einschätzung über die jugendlichen Besucher*innen besteht oder wie diese politisch orientiert sind – unterscheiden sich die Antworten, meint Jan Raabe, Mitherausgeber des Standardwerks „RechtsRock – Bestandsaufnahme und Gegenstrategien“. Manchmal können pädagogische Maßnahmen, manchmal polizeiliche Repression notwendig sein.
Schon die juristische Lage verlangt ein unterschiedliches Vorgehen. Werden die Liedtexte als volksverhetzend eingeschätzt, sollte die Polizei eingeschaltet werden. Wenn die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM) die Musik indiziert hat, also als jugendgefährdend einstuft, muss das Abspielen der CD im Jugendclub – einem öffentlichen Raum – ebenfalls sofort aus juristischen Gründen unterbunden werden.
Verbotene Musik – was nun?
Die erste Reaktion auf gewaltverherrlichende und rechtsextreme Musik ist in der Regel ein Verbot, zumal wenn sie im öffentlichen und pädagogisch betreuten Raum einer Schule oder eines Jugendzentrums gespielt wird. Offiziell verboten werden kann ein Musikstück für Jugendliche unter 18 Jahren durch die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften. Dank YouTube und Portalen wie SoundCloud ist illegale Musik jedoch relativ einfach zu finden – auch für Kinder.
Und auch die Rechtsextremen sind manchmal lernfähig: Die meiste Liedtexte extrem rechter Bands werden mittlerweile vor Veröffentlichung juristisch geprüft, sodass diese Tonträger weder strafrechtlich relevant sind noch indiziert werden. Das bedeutet, dass in diesen Fällen nicht das Strafrecht, sondern die persönliche Einschätzung das Handeln bestimmen muss. Selbstverständlich kann man auch unter diesen Umständen das Abspielen der CDs nicht dulden. Die Tonträger können aber Anlass zu einer produktiven Auseinandersetzung mit extrem rechter Ideologie oder Propaganda sein. Wenn Sie im Jugendclub jedoch merken, dass das Weltbild des jungen Erwachsenen schon dermaßen geschlossen ist und er oder sie nicht offen für eine pädagogische Auseinandersetzung ist, sondern nur Propaganda verbreiten will, sollten sie diesen Jugendlichen aus ihrem Jugendclub ausschließen – alleine schon zum Schutz für potentielle Opfer.
Mein Kollege hört Neonazi-Musik – Was tun?
Was können Sie tun, wenn Sie im Firmenwagen plötzlich von der Rechtsrock-CD eines Kollegen beschallt werden? Der eigene Arbeitsplatz gehört zu den sensibelsten Orten, an denen einem Rechtsextremismus begegnen kann. Denn dem Engagement dagegen stehen oft viele Ängste und Sorgen entgegen: Gefährde ich meinen Arbeitsplatz, wenn ich auf solche Probleme aufmerksam mache? Kommt es am Arbeitsplatz zu einer Situation, wie oben beschrieben, sollten Sie unmittelbar einschreiten. Sprechen Sie mit anderen Kolleg*innen über das Thema – so sinkt die Gefahr, dass im Ernstfall nur sie allein reagieren.
Seit 2006 gibt es eine explizite juristische Grundlage: Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verpflichtet Arbeitgeber, vorbeugende Maßnahmen zum Schutz vor Benachteiligung zu treffen – dazu gehören auch Schulungen zum Thema Diskriminierung. Darüber hinaus ist es möglich, freiwillige Betriebsvereinbarungen zu schließen, die dann für alle Beschäftigten und den Arbeitgeber oder die Arbeitgeberin in einem Unternehmen gelten. Diese rechtlichen Regelungen können als Grundlage dienen, um beim Arbeitgeber oder bei der Arbeitgeberin oder den Personalverantwortlichen zunächst Handeln, aber auch Sanktionen gegen rechtsextremes oder diskriminierendes Verhalten einzufordern.
- Weitere Informationen erhalten sie in der Broschüre „Rechtsextremen nicht auf den Leim gehen“ der gemeinnützigen Bildungseinrichtung „Arbeit und Leben Hamburg“