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Hassrede Was tun, wenn ich auf einen Shitstorm reagieren muss?

Titelbild des Hate-Speech-Flyers zum Umgang mit Shitstorms. (Quelle: AAS Digital)

Anders ist das, wenn der Shitstorm viel Hate Speech enthält, Abwertungen, Beleidigungen und Drohungen: Dann geht das Ziel oft eher in Richtung Vernichtung, Diskreditierung bei Kunden, Partnern, Finanziers oder zumindest Verdrängung, Unsichtbar-Machen (Reichweiten, Bewertungen) oder aus dem Diskurs Ausschließen.

Ein Shitstorm hat auf individueller Ebene Folgen für die Psyche. Als Unternehmen, öffentliche Einrichtung oder NGO kann man auch wirtschaftlich betroffen sein, an Glaubwürdigkeit verlieren oder einen Reputationsverlust erleiden.

Hate Speech-Shitstorms sind oft organisiert. Dies geschieht über Aufrufe in rechtspopulistischen Facebook-Gruppen oder rechtsalternativen Medien, aber auch über Troll-Netzwerke oder Server wie »Reconquista Germanica«, die Hass als Spiel aufziehen. Ziel ist dann deutlich, demokratische Akteur*innen zu diskreditieren, zu trollen und aus dem Diskurs zu drängen.

  • Werte: Sprechen Sie, wenn möglich, in ruhigen Zeiten mit Ihrer Leitung über Werte und Gesellschaftsbilder, für die das Unternehmen oder die Institution eintritt.
  • Notfallplan: Machen Sie sich im Vorfeld Gedanken, wie Sie mit einem Shitstorm umgehen wollen. Wer kann die Moderation der Kanäle übernehmen, wer muss kontaktiert werden? Ist es eine Option, Kanäle auf »Privat« zu stellen (Twitter)? Soll der Auslöser-Post eher verteidigt oder von der Social Media- Seite genommen werden? Für solche Fälle vorher einen Plan zu haben, gibt Gelassenheit und nimmt dem Shitstorm den Überraschungseffekt. Gut auch: Kontakte von wichtigen Ansprechpartner*innen und Beratungsstellen recherchieren und bereitlegen (siehe Rückseite).
  • Erst denken, dann posten: Ruhe bewahren! Schnell getippte Statements und Rechtfertigungen können im Wirbel des Shitstorms untergehen oder ihn sogar verstärken. Besser: Zeit zum Recherchieren und Konzipieren einer Antwort nehmen; in dieser Zeit vielleicht offline gehen; ggf. eine Vertrauensperson bitten, den Shitstorm weiter zu beobachten und Entwicklungen zu berichten. Bestenfalls entkräften Sie den Shitstorm, wenn er abflaut, durch ein eigenes Narrativ zum Thema, das Ihre Position erklärt.
  • Prüfen Sie: Wer sind die Absender*innen? Sind es wirklich lokale Bürger*innen oder Kund*innen – oder eher einschlägig vernetzte, bundesweit agierende Flüchtlingsfeinde oder Rechtspopulist*innen? Im zweiten Fall können Sie in Ihrer Kommunikation darauf hinweisen, um die politische Intention und strategische Bespielung aufzudecken.
  • Beantworten Sie nicht jeden einzelnen Vorwurf. Schreiben Sie ein Statement oder Antworten auf FAQs (Frequently Asked Questions), veröffentlichen Sie sie auf Ihrer Homepage und/oder als Notiz auf der Social Media-Seite und verweisen Sie auf diesen Text. So können Sie Falscherzählungen geraderücken – und Ihre Sicht auf das Thema ist dann ebenfalls über Suchmaschinen auffindbar.
  • Sparen Sie Ihre Kräfte. Wenn Sie sich im Auge des Sturm befinden: Versuchen Sie sich abzugrenzen, um handlungsfähig zu bleiben. Das kann etwa heißen, zwar Antworten zu posten, aber erst einmal keine Reaktionen/Notifications anzusehen.
  • Dokumentieren Sie, was passiert – das kann man später u.U. nochmal argumentativ gebrauchen. Vor dem Löschen Screenshots machen und URL notieren. Das ist auch gut, falls Sie sich später doch entschließen, Anzeige zu erstatten. Wenn es keine URL vom Kommentar gibt, dann zumindest von dem Post, unter dem er steht.
  • Wenn davon auszugehen ist, dass z.B. Ihre Geldgeber*innen, Sponsor*innen oder andere Partner*innen mit den Vorwürfen belästigt werden: Kontaktieren Sie sie so frühzeitig wie möglich. Erklären Sie die Situation – und sorgen Sie so für Solidarität, wo sonst vielleicht Aufregung herrschen könnte.
  • Seien Sie in Ihrer Organisation/Ihrem Bündnis/ Ihrer Firma solidarisch miteinander. Helfen Sie sich. Wenn es Konfliktpotenzial gibt: Klären Sie es, wenn möglich, nicht öffentlich. Es ist für alle schwer – für eine*n allein aber noch schwerer.
  • Holen Sie sich Hilfe: Sie können Partnerorganisationen, Kolleg*innen, Kund*innen, Freund*innen oder ähnlich wie Sie Engagierte in Sozialen Netzwerken bitten, Ihnen eine positive Bewertung zu hinterlassen, um einen Sturm an negativen Bewertungen auszugleichen.
  • Sie können Kolleg*innen bitten, in die Moderation oder Argumentation einzuspringen und Sie zu unterstützen.
  • Auch kollegiale Fallberatung kann eine Methode sein, mit dem Erlebte gemeinsam umzugehen. Denn es hilft, Online-Hate auch offline zu besprechen, um die Erfahrung zu verarbeiten.
  • Wenn Sie der Shitstorm zu stark belastet, ist eine Möglichkeit auch, den Kanal eine Zeitlang in vertrauensvolle Hände zu übergeben.
  • Wenn Sie merken, dass es gar nicht mehr um Inhalte, sondern nur noch um Hass und Trolling geht, hilft das Blockieren von Hate Speech-Verbreitenden. Sie haben digitales Hausrecht auf Ihrem Kanal und Ihrer Seite, Sie dürfen das jederzeit tun.
  • Denken Sie daran: In der Regel ist spätestens nach 3 Tagen das Schlimmste überstanden. Und bis dahin haben Sie Standardantworten für die Themen des Shitstorms entwickelt, die Sie gut weiter nutzen können.

ENGAGIEREN SIE SICH MIT UNS!

Ich will selbst eine Initiative gründen.

Die Amadeu Antonio Stiftung berät, fördert und vernetzt Projekte:
www.amadeu-antonio-stiftung.de/projektfoerderung

Ich will helfen, die Debattenkultur im Internet zu verbessern.

Beratung, Fortbildung, Qualifizierung und Unterstützungbieten:

Ich möchte an meiner Schule/Bildungseinrichtung einen Workshop veranstalten, damit noch mehr Menschen in der Lage sind, gegen Hate Speech zu argumentieren.

Bundesweites Workshop-Angebot »Hate Speech begegnen«, umgesetzt von jungen Trainer*innen nach dem peer trainer-Prinzip:
www.amadeu-antonio-stiftung.de/peer-training

 

INFORMATIONEN UND MATERIALIEN

Belltower.News – Netz für digitale Zivilgesellschaft

Tagesaktuelles journalistisches Informationsportal zu Demokratie-Gefährdung on- und offline
www.belltower.news

Publikationen der Amadeu Antonio Stiftung

Praktische Handreichungen für die demokratische Zivilgesellschaft, kostenlos, gedruckt oder zum Download verfügbar unter:
www.amadeu-antonio-stiftung.de/publikationen/#Soziale_Netzwerke

Download

Hier der Flyer zum Umgang mit Shitstorms zum Download (pdf).

 

Übersicht über alle Themen der Hate Speech-Flyerreihe der Amadeu Antonio Stiftung

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Kampagne “Muss ich jetzt Homos gut finden?”

Lesben, Schwule, bisexuelle und transgeschlechtliche (LSBTI*) Menschen sind eine der „beliebtesten Zielgruppen“ für Hasskommentare im Netz. Die Website respektcheck liefert Gegenargumente zu den gängigsten homo- und transfeindlichen Ressentiments.

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