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Wehrhafte Demokratie Zu Ostern Ermutigendes

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Foto: hk

FALL 1:  LANDGERICHT KORRIGIERT URTEIL 5 JAHRE NACH DER TAT

Am 28. März 2004 hatten rechte Schläger in Rathenow bei einem Überfall auf vermeintlich Linke einen Mann schwer verletzt. Am Montag, den 30. März 2009 verurteilte das Landgericht Potsdam in einer Berufungsverhandlung einen der Täter. Das Urteil des Landgerichts korrigierte damit ein Fehlurteil des Amtsgerichts Rathenow und ungenügende Ermittlungen der Polizei.

Die Tat vor fünf Jahren ist ein Beispiel der brutalen Gewalt, die von den im Jahr 2005 verbotenen Kameradschaften „Hauptvolk“ und „Sturm 27“ ausging. In den späten Abendstunden des 22. August 2004 war eine Gruppe linker Jugendlicher unterwegs, um Wahlplakate der DVU zu entfernen. Mitglieder der „Kameradschaft Hauptvolk“ machten sich auf die Suche nach den Antifaschisten. Sie griffen eine Gruppe Jugendlicher an, die fliehen und sich verstecken konnte.

Einer der Angegriffenen versuchte, mit dem Auto Hilfe zu holen. Dieses Auto wurde von Neonazis entdeckt. Durch Lichthupen veranlassten sie den Fahrer anzuhalten. Als drei Insassen ausstiegen, wurden sie von Männern, die Sturmhauben trugen, angegriffen. Die Jugendlichen flohen. Ein junger Mann war im Auto geblieben, weil er barfuß war. Die Angreifer zerschlugen die Scheiben und prügelten mit Schlagstöcken auf den Mann ein, der sich auf die Rückbank kauerte und versuchte, seinen Kopf zu schützen. Er erlitt schwere Verletzungen.

Verschwundene Beweismittel

Noch in der gleichen Nacht gaben mehrere der Opfer bei ihren polizeilichen Vernehmungen das Nummernschild des Fahrzeugs der Täter an. Die Polizei veranlasste daraufhin eine Durchsuchung bei Mathias M. Beschlagnahmt wurden dabei Kleidungsstücke mit Aufschriften der verbotenen Neonazigruppierung „Blood & Honour“ sowie ein Gummiknüppel. Um diese Beweisstücke auswerten zu können, wurden DNA-Proben des Opfers und des Tatverdächtigen genommen. Nur: Die Beweisstücke wurden nicht untersucht.

Bei dem Prozess wegen gefährlicher Körperverletzung am Amtsgericht Rathenow am 20. September 2005 zeigten weder die Staatsanwaltschaft noch das Gericht Interesse an dem Verbleib der Beweisstücke. Das Gericht lehnte eine von der Nebenklage beantragte molekulargenetische Untersuchung der blutverschmierten Kleidung des Tatverdächtigen einfach ab.

Die Aussagen der Opfer, die das Nummernschild genannt hatten, seien unglaubwürdig, befand das Amtsgericht: „Die fehlende Glaubhaftigkeit [ist] nicht auf eine bewusste Verdrehung der Tatsachen zurückzuführen. Sie entstand aus einer bereits durch hochgradige Störung der Wahrnehmung verursachte, fehlgeleitete und deformierte Bereicherung der Erinnerung. Der Zeuge hat sowohl bei der Polizei als auch vor dem Gericht die bereits fehlerhaft entstandene Erinnerung wiedergegeben.“ Mathias M. wurde freigesprochen.

Korrigiertes Urteil nach fünf Jahren

Nach einer Berufung durch die Staatsanwaltschaft und die Nebenklage vergingen dreieinhalb Jahre, bis am 9. Februar 2009 eine Verhandlung am Landgericht Potsdam begann. In der ersten Sitzung wurde die lange Zeitspanne zwar bedauert, jedoch nicht aufgeklärt.

Erfreulicherweise hatte sich die Staatsanwaltschaft diesmal gut vorbereitet und beantragte als Erstes eine daktyloskopische Untersuchung des beschlagnahmten Gummiknüppels. Es wurden vollständige DNA des Opfers an dem Knüppel entdeckt. Der Prozess endete am Abend des 30. April 2009 mit einem Schuldspruch für Mathias M.: zehn Monate auf Bewährung wegen gefährlicher Körperverletzung, gemeinschaftlich und mit Waffen durchgeführt, in Tateinheit mit schwerer Sachbeschädigung.

Es ist eine Genugtuung für die Opfer, dass einer der Täter nun verurteilt ist. Ob dieses Urteil – fünf Jahre nach der Tat – auch eine Wirkung auf den Täter haben wird, ist aber fraglich. Dass es milde ausfiel, wurde mit der großen Zeitspanne begründet, die zwischen Tat und Verurteilung lag. Das ist die Folge mangelhafter Ermittlungen und einer mangelhaften Beweisaufnahme der ersten Instanz.

Eine gute Sozialprognose kann Mathias M. kaum attestiert werden. Ein Beamter der polizeilichen Sondereinheit MEGA, der als Zeuge aussagte, bezeichnete den Verurteilten als einen führenden Kopf der Rathenower rechten Szene. Das brandenburgische Innenministerium hatte die Kameradschaften „Hauptvolk“ und „Sturm 27“ am 6. April 2005 verboten. Ein Teil der Mitglieder gründete daraufhin einen NPD-Ortsverband, der bis heute aktiv ist: Der Rathenower Parteivorsitzende schlug im vergangenen Jahr einen Schwarzen Deutschen nieder.

2. FALL: BELEIDIGUNG ALS „NEGER“ IST FREMDENFEINDLICH

Am Mittwoch, den 1. April, sprach das Landgericht Neuruppin den 30-jährigen Daniel B. schuldig, am 31. März 2007 einen kamerunischen Asylbewerber in Prenzlau beleidigt und angegriffen zu haben. Das Gericht hob den Freispruch des Amtsgerichts Prenzlau auf, das nach eigenem Bekunden nicht erkennen konnte, ob die Aussage des Angeklagten oder die des Opfers glaubwürdiger sei.

Im Gegensatz zur Entscheidung des Amtsgerichts, das sich ein Jahr zuvor mit dem Angriff befasst hatte, hielt das Landgericht die Aussage des Opfers für absolut glaubwürdig. Der Kameruner schilderte, wie er von Daniel B. mehrfach als „Neger“ beleidigt, geschlagen und getreten worden war. Die Einlassung des Angeklagten dagegen hielt der Richter für eine „reine Märchenstunde“. Dieser hatte behauptet, der Asylbewerber habe ihn als „Nazi“ beschimpft und sei auf ihn losgegangen. Daniel B. wurde für die Körperverletzung mit sechs Monaten Freiheitsstrafe und für die Beleidigungen mit 40 Tagessätzen bestraft.

Beachtenswert ist die Entscheidung des Gerichts, die Beleidigungen „Neger“ als fremdenfeindlich und herabwürdigend einzustufen. Obwohl immer wieder auf den beleidigenden Charakter und die koloniale Herkunft des Begriffs verwiesen wird, waren Ermittlungsbehörden und Gerichte nicht immer bereit, diese Beschimpfung als rassistisch zu bewerten und als Beleidigung zu verfolgen. Der Geschädigte zeigte sich erleichtert über die Korrektur des Urteils.

Dieser Beitrag ist ursprünglich auf dem Portal „Mut gegen rechte Gewalt“ erschienen (2002-2022).

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