Wenn es um Islamfeindlichkeit geht, wird das „christliche Abendland“ als rechtsextremer Sehnsuchtsort als Banner vor sich her getragen. Nun steht ein zentrales christliches Fest vor der Tür. Ein Fest voller Tradition, voller Familie – Weihnachten müsste für die rechtsalternative Anti-Moderne-Bubble doch ein Freudenfest sein. Doch nein, für viele war der Bezug zum Christentum wieder nur eine Gelegenheit, um Rassismus zu verbreiten. Denn Weihnachten ist für große Teile der rechtsextremen Szene viel zu neumodischer Kokolores. Feiern Menschen das Fest nicht aber seit Jahrhunderten? Egal! Stattdessen spüren viele den inneren Germanen oder die innere Germanin in sich und zelebrieren stattdessen Wintersonnwendfeier, Julfest und Rauchnächte. Das haben übrigens auch schon die Original-Nazis so gemacht, denen die christlichen Werte nämlich viel zu menschenfreundlich waren.
Ein virtueller Spaziergang durch die deutschsprachige rechtsextreme Welt auf Instagram zeigt dieser Tage denn auch viel Feuer. Denn wer bei einem ordentlichen Wintersonnwendfeuer anwesend war, vielleicht auch Lebensrunen an Tannenbäume gehängt hat, möchte damit auch digital hausieren gehen – egal ob Burschenschaftler, Mitglied der Identitären Bewegung, Kampfsportler-Veranstalter oder Rechtsrock-Label.
– Bevor wieder böse Leser*innen-Briefe kommen: Es geht in diesem Beitrag um Sonnwendfeiern, die von Rechtsextremen oder Rechtspopulist*innen organisiert und besucht werden. Das heißt nicht, dass alle Sonnwendfeiern rechtsextrem sind. Diese aber schon. –
So sieht das aus: Klassisches Wintersonnwendfeuer bei der Burschenschaft Germania Marburg.
Gibt es auch mit salbungsvollen Schriften:
Schön hier: “Heilige Sonnenwende”, „Heil dem Licht, heil den Göttern“, aber in der Story dann schön auf Englisch vertaggen.
Beliebt ist immer die Sonnwendfeier auf dem rechtsextremen Hof Nahtz in Eschede bei Celle.
Kleiner Weihnachtsservice für die Rechercheteams: In Insta-Storys taggen sich einige Interessierte gleich gegenseitig. Praktisch!
Hier wurden auch die Runen an den Baum gehängt.
Ein Grund, herumzu-”Heil”-en sind die Feste auch.
Der unvermeidliche IB-Chef Martin Sellner (auf Instagram „eventsinwien) hat natürlich auch Fotos von Angezündetem gepostet.
Gernot Schmidt (IB Österreich) zündet auch etwas an und gibt an, in “Hyperborea” zu sein – dieses mystische Land wird gern als Chiffre von digitalen Rechtsextremen verwendet, die sich auch für Rechtsterrorismus und White Supremacy interessieren. Rechtsextreme Esoteriker*innen verorten das fiktive “Hyperborea” seit dem 19. Jahrundert im hohen Norden, als Heimat der “Nordmänner” und der “Weißen Rasse” (andere in Griechenland).
Rechtsrocklabel Oposrecords hat noch die Liedtexte dazu, die das germanische Blut in Wallungen bringen.
Sonnwendfeiern findet auch die Junge Alternative (JA) gut und veranstaltet sie, um mutmaßlich rechtsextreme Freund*innen anzusprechen.
Im Burschenschaftsmilieu zündet man auch gern Alkohol an und lädt mit Feuerzangenbowle zur „Julkneipe“.
Wer es nicht an ein Feuer geschafft hat, postet halt nachdenkliche Sprüche mit Bildern.
Hier heißt es u.a. „Glauben an Deutschland erwacht. Bricht durch die dunkle Nacht.“
Auch hier: „Spüren stark die wilde heiße Deutsche Stimme uns im Blut“. Hinter dem Hashtag #DeutscheSonnenwende gibt es übrigens 7 Beitrage von 2 Menschen. Ist also eher ein exklusiver Hashtag.
Es passen auch launige Naturfotos. Hier aus dem Kampfsportmilieu in Sachsen in Kooperation mit der rechtsextremen Bekleidungsmarke „resistend“
Oder Kitschbilder über „Rauhnächte“, in denen die „Ahnen“ erwartet werden.
Die IB muss wieder einen Kampf draus machen und ein verdächtig hakenkreuzförmiges Feuer einen Tannenbaum abbrennen lassen.
Aber was ist mit der Weihnachtsstimmung? Gibt es die wirklich gar nicht? Nur Feuer, Feuer, Feuer? Also, es gibt Burschenschaften mit Wunschzetteln:
Die lassen wir aber lieber draußen, die waren auch bestimmt nicht brav.
Im IB-Milieu freut man sich derweil darauf, ungeimpft alle Festtagsbesucher*innen mit Politik zu nerven.
Aber immerhin zwei digitale Adventskalender wurden auf Instagram in der deutschsprachigen Rechtsaußen-Blase verteilt.
Der eine kommt aus dem rechtsextremen Spektrum, der Macher verortet sich zwischen IB und Kampfsport, und verspricht: „FÜR DAS VOLK! Im Fokus stehen unter anderem: Kultur, Heimat, Patriotismus, Aktivismus, Bildung und mehr.“
In Wirklichkeit steht im Fokus aber: Werbung, dürftig als Gewinnspiel verkleidet. Kommt her, Fellow Nazis, und gebt uns all unser Geld: Für Neonazi-Bekleidung und Bücher, rechtsextreme Aufkleber, Hydra Comics und “Kampf der Nibelungen”-Tassen, JN-Handtücher und Rechtsrock-CDs, und Originelles wie Pfefferspray für die Dame und Schlauchtücher zum Vermummen.
Nun ja.
Der zweite Adventskalender ist von der AfD, und er ist tatsächlich noch dürftiger: Er enthält nur noch Propaganda. “Kirchenglocken statt Muezzinrufen”, “Für Normalität statt Wahnsinn” (mit Karl Lauterbach als Weihnachtsmann), “Für Besinnlichkeit statt Terrorangst”, “Für freie Fahrt statt Asphaltterroristen” und so weiter. Und jeder Post zeigt: Die AfD kann nichts als Ängste schüren, Hass auf andere verbreiten, selbst an Weihnachten. Das ist armselig.
Und spätestens, wenn wieder die Hasskommentare unter unseren Posts über die Feiertage zunehmen, wissen wir, dass viele Menschen rechtsaußen an Weihnachten viel Zeit dafür haben, andere für ihr Unglück verantwortlich zu machen.
Allen anderen wünschen wir frohe Festtage und gute Gespräche mit Freund*innen und Familie!