Auch Neonazis und andere Rassist:innen und Demokratiefeinde feiern zur Weihnachtszeit. Nur nennen sie ihre Festivitäten manchmal anders. Sie beziehen sich teilweise auf Traditionen, die im Dritten Reich entstanden sind. Und auch ihre Weihnachtsdekoration unterschiedet sich maßgeblich vom klassischen Weihnachtskitsch. Am 6. Dezember 2021 wurde bei einer Razzia bei einem 39-Jährigen Händler aus Zwickau Weihnachtsdeko mit verfassungsfeindlichen NS-Symbolen sichergestelt. Doch in den Shops der Szene gibt es weiterhin allerhand legale Weihnachtsdekoration zu kaufen. Ob Christbaumkugeln, Schwingbögen oder Adeventskalender, alles ist hier mit einer menschenfeindlichen Ideologie aufgeladen. Bei ihnen wird sogar das Fest der Nächstemliebe zum Fest des Hasses. Das beginnt schon mit den Adventskalendern.
Zum Beispiel mit einem Adeventskander in Form eins „Ku-Klux-Klan“-Mitglieds in seiner weißen Robe. Der „Ku-Klux-Klan“ ist eine aus den USA stammende rassistische Organisation, deren Geschichte bis ins 19. Jahrhundert zurückreicht. Die Organisation spezialisierte sich auf alle Spielarten des Terrors gegen Afroamerikaner:innen, in weißen langen Kostümen mit spitzen Kapuzen sowie mit brennenden Kreuzen als mystisches christliches Symbol. Vorzugsweise nachts gingen die Mitglieder auf Tour und ließen von Lynchmorden über Vergewaltigungen bis zum Teeren und Federn ihrer Opfer kein Gewaltverbrechen aus. Schätzungsweise 20.000 Ex-Sklav:innen tötete der Klan allein zwischen 1868 und 1871. Der Kalender aus dem Shop des umtriebigen Neonazi-Händlers Tommy Frenck heißt wenig verschleiernd: „KKK – WeiSSe Weihnachten“
Neonazis, Verteidigung des „christlichen Abendlands“ hin oder her, feiern eher das „Julfest“, oder vielmehr bezeichnen sie ihr Weihnachtsfest als solches. Bereits während der Zeit des Nationalsozialismus versuchten Nazis, den christlichen Feiertag umzudeuten, wollten den christlichen Feiertag durch eine nationalsozialistische Interpretation des alten germanischen Brauchs des Julfestes zu ersetzen. Unter Regie der SS sollte eine Ersatzreligion geschaffen werden, die vom Christentum abrückt. Dafür entwickelten die Nazis dann auch ihre eigenen Bräuche, die jedoch in der Regel angelehnt waren an christliche Traditionen. Insbesondere Heinrich Himmler und seine Kameraden von der SS machten sich im Verlauf der dreißiger Jahre um die Erfindung „arteigenen Brauchtums“ verdient. Hier liegt auch der Ursprung des Julfestes.
Beim Julfest geht es, nicht um die Geburt eines jüdischen Kindes, stattdessen soll die Wintersonnenwende gefeiert werden. Christliche Kreuze wurden durch Hakenkreuze und germanische Symbole ersetzt. Der Weihnachtsbaum hieß Jultanne und die Geschenke brachte nicht der Weihnachtsmann, sondern Frau Holle.
Zur Zeit der Nationalsozialist:innen wurde das Symbol der „Irminsul“ zu einem Gegensymbol zum christlichen Kreuz und ist daher auch heute noch zur Weinachtszeit in neonazistischen Kontexten zu sehen. Zusammen mit sieben Sternen bildet diese „Irminsul“ heute das Organisationssymbol der heidnisch-neonazistischen „Artgemeinschaft„.
Wichtiger Bestandteil ist zudem der Julleuchter. Da es in der völkischen Weihnachtstradition eher um die Wintersonnenwende geht, soll zwischen dem 21.6. und dem 21.12. eine Kerze im Inneren der Julleuchte brennen, als Zeichen der abnehmenden Sonne. Julleuchter gibt es heute noch, mit unterschiedlichen Symbolen, etwa Runen. Am bekanntesten ist der Julleuchter mit dem Herz und der Hagala-Rune.
Heinrich Himmler verschenkte ihn regelmäßig an seine SS-Männer – es hätte ein zentrales Symbol dieses neonazistischen Feiertags werden sollen. Hergestellt wurden diese Kerzenhalter aus Ton ab 1939 von Häftlingen des Konzentrationslagers Dachau.
Nach 1945 war heidnisch-germanisches Brauchtum wenig in der rechtsextremen Szene zu finden. Erst in den 1980er Jahren entdeckten extrem rechte Publizisten „Europas alte Götter“ wieder. Die Intention benannte der neu-rechte Theoretiker Karlheinz Weißmann: „Eine Politik ohne mythische Letztendbegründung ist gar nicht möglich.“ Und so greifen auch heute Neonazis auf die umgedeutete Weihnachtstradition des Dritten Reichs zurück und laden ihre Weihnachtsdekoration mit allerhand neonazistischen Symbolen auf. So zum Beispiel mit der „schwarzen Sonne“.
Die rechtsextreme Szene behauptet gerne, dass es sich bei der „schwarzen Sonne“ um ein Symbol aus dem Germanentum handelt, das ist historisch jedoch nicht belegt. Vielmehr handelt es sich hier eher um ein Kunstprodukt der SS. Das Sonnenrad erscheint erstmals als Bodenornament im Obergruppenführersaal der „SS-Schule Haus Wewelsburg“. Erst nach 1945 wurde es als „schwarze Sonne“ bezeichnet und findet in der Neonazi-Szene Verwendung.
Man kann die „schwarze Sonne“ als eine Zusammensetzung von zwölf Sig-Runen oder als zwölfarmiges Hakenkreuz verstehen. Die „Schwarze Sonne“ erhält einen immer höheren Stellenwert für Lifestyle-Produkten der neonazistischen Szene aller Art – mittlerweile auch zu Weihnachten.
Der Hammer des Donnergottes Thor galt bei den Germanen als Symbol der Stärke, Tatkraft und für hohes Alter. Durch Rechtsextreme heutzutage verschob sich die Bedeutung des Symbols zu „kämpferisch“ und „völkischer Verbundenheit“. Einen unmittelbaren Bezug des Thorshammers zur NS-Zeit gibt es aber nicht.
Patriotischer Christbaumschmuck in Form eines Eisernen Kreuzes. Es ist auch heute noch ein gern und allumfassend genutztes Symbol der rechten Szene, muss an allerdings nicht zwingend als solches gelten.
Auch die Tradition der Schwibbögen wird von Rechtsextremen instrumentalisiert. Sei es, frisch im Sortiment, um sich als Märtyrer im Kampf gegen eine angebliche „Impfdikatur“ zu stilisieren, oder verziert mit neonazistischen Symbolen, wie hier mit dem „Wotansknoten“.
Rechtsextreme machen also selbst das Fest der Liebe zum Fest der Verhetzung, zur Feier des Nationalsozialismus und des Hasses. Von Personen, die solche Symboliken zeigen, ist Abstand angemessen – gern auch mehr als die pandemiebedingt empfohlenen 1,5 Meter.