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1. Mai „Reichsbewegung“ ruft zu Widerständen auf

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Auf der Website der "Freien-Reichs-Streitkräfte" wird für den 1. Mai mobilisiert. (Quelle: Screenshot)

Die „Neue Gemeinschaft der Philosophen“ gehört der Reichsbürgerbewegung an, die sich ein „Deutsches Reich“ in den Grenzen von 1871 zurückwünscht. Erstmals rückte  diese Gruppe 2012 ins Licht der Öffentlichkeit, als sie antisemitische und rassistische Drohbriefe mit Morddrohungen innerhalb Berlins verschickte.

 

Covid19-Krise und der „Tag X“

In der Covid19-Krise entdeckt die Bewegung ein neues Betätigungsfeld. Sie ruft zu Protesten ab dem 1. Mai auf. Ziel sei es, sich den beschlossenen Maßnahmen zum Schutz vor Corona zu widersetzen und sich auf einen „dritten Weltkrieg“ sowie einen „Tag X“ vorzubereiten, an dem ein „Deutsches Reich“ wiederhergestellt werde. Ihr Hass richtet sich in erster Linie gegen eine vermeintliche Elite, die eine globale Regierung errichten wolle. Zudem möchte sie insbesondere die Verantwortlichen des Robert-Koch-Instituts und der WHO – stellvertretend Bill Gates – vor ein Strafgericht stellen. Für sogenannte „Impf-Propagandisten“ sei ab dem 1. August die Todesstrafe vorgesehen, heißt es auf ihrer Website. In den Gesundheitsinstitutionen sieht die Bewegung das Instrumentarium einer globalen Verschwörung.

„Neue Gemeinschaft der Philosophen“ – von Heilkunde bis Holocaustleugnung

Die „Neue Gemeinschaft der Philosophen“ will in der Konsequenz der Covid19-Maßnahmen einen finalen Finanzcrash sehen, der sich anbahnt und einer geheimen Elite dazu dient, eine „Eine-Welt-Regierung“ zu errichten. Unterlegt werden die Verschwörungsideologien mit antisemitischen Inhalt und Vernichtungsfantasien gegenüber Menschen jüdischen Glaubens. In mehreren Briefen werden die Anhänger*innen der Bewegung dazu aufgerufen, sich für den „Tag X“ vorzubereiten, der in absehbarer Zeit die Menschheit in einen vermeintlichen Überlebenskampf versetzen werde. Unterschrieben werden die Briefe mit „Chyren“. Der Begriff ist geläufig unter Anhänger*innen der Prophezeiungen von Nostradamus, einem Astrologen, der zu Beginn des 16. Jahrhunderts gelebt hat. Chyren beschreibt die Menschwerdung „des Guten“ und ist auch in esoterische-spirituellen Kreisen äußerst beliebt. Die Inszenierung der „Neuen Gemeinschaft der Philosophen“ lässt auf einen diffusen Charakter schließen, der alle gängigen Verschwörungsideologien umfasst. Das Meinungsbildungsspektrum der Bewegung reicht von rechten Medienformaten, wie kla.tv, und germanischer Heilkunde bis zu nationalsozialistischer “Rassentheorie” und Holocaustleugnung. Als „Thinktank“ der Bewegung dient der „Albert-Schweitzer-Kreis“, der durch die verbreiteten Verschwörungsideologien Reichsbürger*innen zu vernetzen versucht. Laut eigener Auskunft sind sie ein „kleiner Kreis von ehemaligen, im Ruhestand befindlichen Unternehmern des deutschen Mittelstands aus dem Raum Südbaden“. Doch auch wenn die Bewegung nur eine geringe Anhänger*innenschaft aufzuweisen scheint, birgt sie eine große Gefahr.

Der Wunsch nach einem paramilitärischen Arm

Ein gesonderter Fokus obliegt ihr bei der Errichtung eigener Streitkräfte, die sie „Freie-Reichs-Streitkräfte“ nennt. Auf einer eigens dafür errichteten Seite finden sich Abzeichen, geregelte Rangordnungen, Vorbereitungsmaterialien für einen „Tag X“ und aktualisierte Aufrufe zur Mobilmachung. In einer Auflistung finden sich Lehrbücher, die den richtigen Umgang mit Waffen beschreiben und eine „Kleinkriegsanleitung“, die auf einen Guerillakrieg vorbereiten soll. Auch sind Trainingsblätter vorhanden, die koordinierte Angriffe und Erste-Hilfe-Maßnahmen im Kriegsfall behandeln. Ihr erklärtes Ziel ist es, dass sich jede*r Anhänger*in der Bewegung mit Waffengewalt verteidigen könne und jederzeit einsatzbereit ist.

Das Gewaltpotenzial ist real und allgegenwärtig

Die Verbindung aus Verschwörungsideologien und Selbstbewaffnung ist eine äußerst gefährliche Mischung, die tödliche Konsequenzen nach sich ziehen kann. Erstere legitimieren eine vermeintliche Verteidigung sowie einen Angriff, der als Präventivschlag verstanden wird und letzteres macht diesen so effektiv wie möglich. Die ständige Alarmbereitschaft, in der sich die Mitglieder befinden, kann zu einer Aufrüstung ihrer Waffenbestände führen, wie auch ein Fall aus Münster 2018 zeigt, wo bei einem Reichsbürger 93 Waffen und 200 Kilogramm Munition gefunden wurden. Das „Potenzial zur Gewaltbereitschaft ist sehr hoch“ hält das Bundesinnenministerium fest und rechnet etwa 19.000 Menschen in Deutschland der Reichsbürger-Szene zu. Eine Studie zeigt zudem, dass das Gewaltpotenzial von Reichsbürger*innen auch noch in hohem Alter vorhanden sei. Erst kürzlich wurde die Reichsbürgerbewegung „Geeinte deutsche Völker und Stämme“ durch das Innenministerium verboten und in dem Zuge fanden mehrere Hausdurchsuchungen statt bei denen unter anderem Waffen gefunden wurden.

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