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#10 Die Flüchtlinge nehmen uns die Wohnungen weg!?

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Früher waren „Gemeinschaftsunterkünfte“ zur Abschreckung von Flüchtlingen die Regel. Dann erlaubten immer mehr Kommunen Flüchtlingen, in Wohnungen zu leben. 2015 jedoch ließen viele Verwaltungen ad hoc wieder Großunterkünfte errichten, obwohl diese letztlich teurer sind als normale Wohnungen, wie der Landesrechnungshof Hessen[i] oder die Städte Heidelberg, Berlin oder Köln[ii] ausgerechnet haben. Und wegen hoher Investitionskosten müssen die Unterkünfte, die inzwischen vielerorts schon wieder leer stehen könnten, auch noch möglichst lange laufen – so werden Provisorien mit schlechter Bausubstanz zum Dauerärgernis.Gut aufgestellte Kommunen entwickeln Konzepte, die für alle langfristig akzeptable Lösungen darstellen. Sie suchen kontinuierlich private Vermieter*innen und gewährleisten ein Umzugsmanagement. Sie verzichten auf Alarmismus, informieren die lokale Bevölkerung rechtzeitig über Planungen und beziehen Anwohner*innen frühzeitig ein – so kann der Prozess gut gelingen.Viele Flüchtlinge zieht es – wie andere Menschen auch – in die Städte, wo es Jobs und Infrastruktur gibt und wo sie Perspektiven sehen. Dadurch wird der Wohnungsmangel zwar noch deutlicher, aber Flüchtlinge haben das Problem nicht verursacht: In den Ballungszentren war erschwinglicher Wohnraum schon lange knapp, bevor die Flüchtlingszahlen stiegen. Grund ist, dass jahrelang nicht annähernd bedarfsorientiert in den sozialen Wohnungsbau investiert wurde, sondern vielerorts ein regelrechter Ausverkauf öffentlicher Immobilien stattfand.Die höheren Flüchtlingszahlen haben zur Entwicklung eines Problembewusstseins beigetragen: Zumindest punktuell wird inzwischen wieder umgesteuert und der soziale Wohnungsbau neu aufgelegt. Dabei muss bezahlbarer Wohnraum für alle Menschen mit geringem Einkommen geschaffen werden – nicht nur für Flüchtlinge. In Ballungsräumen könnte beispielsweise mehr leerstehende Bürofläche in Wohnraum umgewandelt werden – allein in Frankfurt am Main blieben Ende 2016 über 1,7 Millionen Quadratmeter Büroraum ungenutzt, während etwa 23.000 Wohnungen fehlten.[iii]

[i] Landesrechnungshof Hessen (Pressemitteilung vom 27.11.2013 zum Kommunalbericht 2013): „Ohne Kompass auf Konsolidierungskurs – Volle Fahrt im Nebel?(PDF-Dokument)“.

[ii] Quellen siehe Flüchtlingsrat Niedersachsen e.V. (Meldung vom 14.12.2012): „Initiativen fordern nachhaltige Konzepte für die Aufnahme und Unterbringung von Flüchtlingen“.

[iii] Hessischer Rundfunk (defacto-Sendung vom 09.10.2016): Beitrag „Wohnung verzweifelt gesucht – Warum in Frankfurt trotzdem so viel leer steht“.

 

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