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75 Jahre Kriegsende „Am Anfang war die Wahl“

Berlin gedenkt ab dem 2. Mai dem Kriegsende vor 75 Jahren – den Umständen entsprechend in digitaler Form. Geplant war eine Open-Air-Ausstellung vor dem Brandenburger Tor. Durch die Covid19-Pandemie hat sich die Projektleitung von Kulturprojekte Berlin kurzfristig für das Digitalprojekt „75 Jahre Kriegsende“ entschieden.

 
Das Denkmal an die ermordeten Jüdinnen und Juden im Zentrum von Berlin ist auch ein Mahnmal. (Quelle: © Stiftung Denkmal, Foto: Marko Priske)

Das Projekt besteht nun aus drei Teilen: der virtuellen Ausstellung „Nach Berlin“, einer zugehörigen Podcast-Reihe und einer entsprechenden App. Die Ausstellung sei nun so konzipiert worden, dass sie von zuhause aus abrufbar sei, so die Veranstaltenden. Der 75. Jahrestag des Kriegsendes solle nicht nur Dankbarkeit zeigen, sondern vor allem der Gegenwart als Mahnung dienen. „Es begann alles mit Wahlen. Es begann auf einem demokratischen Weg“, so Moritz van Dülmen, Geschäftsführer der Kulturprojekte Berlin. Es sei „unsere Verantwortung, dass es nicht wieder passiert und das wollen wir mit einer Kampagne zeigen.“

Kampagnen-Woche soll für die Gegenwart mahnen

Die Kampagnen-Woche wird in Berlin vom 2.-8. Mai stattfinden. Auf sämtlichen Bildflächen in der Stadt soll das zerstörte Berlin zu sehen sein mit den Überschriften „Am Anfang war die Wahl“, „Willst Du, was du wählst?“ und „Eine Wahl und ihr Ergebnis“. Das Projekt bemüht sich um eine deutliche Ansage in Bezug auf die aktuellen Verhältnisse, insbesondere den starken Rechtspopulismus in der Gesellschaft. Die AfD dürfte die Kampagne daher wenig erfreuen.

Virtuelle Führungen durch symbolische Orte Berlins

Die Ausstellung wird von mehreren Museen, Gedenkstädten und Trägern gestützt sowie begleitet. Uwe Neumärker, Direktor der Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas, fügt hinzu, die Orte des Gedenkens „müssen vor allem in Gegenwart und Zukunft Zeichen gegen Antisemitismus, Antiziganismus, Homophobie, gegen jedwede Form von Rassismus und Ausgrenzung von Minderheiten in Deutschland und Europa sein“. Das zu wahren sei die Aufgabe, „die uns mit Blick auf die Vergangenheit tägliche Verpflichtung sein muss“, so Neumärker. Die erinnerungspolitisch bedeutsamen Orte werden immer wieder von rechten Akteur*innen in Frage gestellt. Der AfD-Vorsitzende von Thüringen, Björn Höcke, sprach beispielsweise von einem „Denkmal der Schande“ und forderte eine „180 Grad-Wende“ in der Erinnerungspolitik. Die Ausstellung möchte im virtuellen Rahmen an geschichtsträchtige Orte in Berlin führen. Die Nutzer*innen der App sollen sich anhand zweier Erzählstränge wahrer Begebenheiten durch die Zeit von 1933 bis zum Kriegsende führen lassen. Die eigens konzipierte App soll auch über das offizielle Ausstellungsende am 2. September hinaus bespielt werden.

Befreiung ja, aber für wen?

Im Zentrum der Ausstellung steht auch die Frage der Befreiung. „Wer wird da eigentlich von wem befreit?“ fragt Bjoern Weigel, Kurator und wissenschaftlicher Leiter. Denn die NS-Herrschaft wurde abgelöst, aber der überwiegende Teil der Deutschen war sowohl mittelbar als auch unmittelbar am Verbrechen beteiligt. Die nationalsozialistischen Ideologien bestanden fort und reichen bis in die heutige Zeit. Die Ausstellung soll Antworten liefern und zeitgleich der Selbstreflexion zu dienen. Mit der Umstellung von analog auf digital versucht sich die Ausstellung in der Anpassung an die Jetzt-Zeit. Nicht nur in der Aufmachung, sondern auch in der Botschaft, die van Dülmen als Appell an die Gegenwart richtet: „Nie wieder Krieg!“

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