Hartnäckig hält sich der Irrglaube, Asylsuchende bekämen mehr Geld als Menschen, die Hartz IV beziehen. Dabei hat eine Person im Asylverfahren nur Anspruch auf Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Ihre Grundleistungen sind noch niedriger als die Hartz-IV-Leistungen. Darüber hinaus sieht das Gesetz umfangreiche Kürzungsmöglichkeiten vor, der Anspruch auf medizinische Versorgung ist eingeschränkt. Nach 15 Monaten erhalten Asylsuchende unter bestimmten Bedingungen Leistungen auf Hartz IV-Niveau. Anerkannte Flüchtlinge haben bei Bedürftigkeit die gleichen Sozialleistungsansprüche wie deutsche Staatsangehörige.Wenn eine Stadt zum Beispiel in eine neue Flüchtlingsunterkunft oder Integrationsmaßnahmen investiert, entsteht schnell ein Gefühl von Ungerechtigkeit. Aber wenn die Flüchtlinge schlechter versorgt würden, bekäme ein arbeitsloser Hartz-IV-Empfänger deshalb nicht einen Cent mehr, geringe Löhne würden deshalb nicht steigen, für Menschen mit mittlerem Einkommen gäbe es nicht weniger Anlass zur Angst vor dem sozialen Absturz.Dahinter steht nämlich ein anderes, weit größeres Problem: die wachsende Ungleichheit zwischen Arm und Reich. Verdiente das oberste Zehntel der Bevölkerung Mitte der 1980er Jahre noch fünfmal so viel wie das untere Zehntel, betragen die oberen Einkommen heute sogar siebenmal so viel.[i] Die reichsten 10 % der Haushalte besitzen weit über die Hälfte des gesamten Nettovermögens in Deutschland, die untere Hälfte verfügt nur über 1 %.[ii] Knapp ein Fünftel der Kinder in Deutschland ist von Armut betroffen.[iii]Im Grundgesetz heißt es in Artikel 14: „Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.“ Geld ist genug da – würde es gerechter verteilt, könnten alle angstfrei und menschenwürdig leben. Über wachsende Ungleichheit kann und sollte man sich zu Recht beschweren – um lebenswerte Bedingungen für alle zu schaffen.
[i] Handelsblatt (Meldung vom 09.12.2014): „OECD-Studie: Kluft zwischen Arm und Reich bremst Deutschland“.
[ii] Süddeutsche Zeitung (Meldung vom 27.03.2017): „Armutsbericht: Bundesregierung warnt vor einer Spaltung der Gesellschaft“.
[iii] Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliches Institut der Hans Böckler Stiftung: Verteilungsmonitor zu Kinderarmut, Stand: 13.04.2017.