Weiter zum Inhalt Skip to table of contents

AfD aktuell Wie es der Partei gerade geht

Von|
Logo der Partei Alternative für Deutschland unter der Lupe | Verwendung weltweit (Quelle: picture alliance/chromorange)

Ein Jahr vor der Landtagswahl in Sachsen am 1. September 2024 ist die AfD laut Umfrage die stärkste Kraft. Die jetzige schwarz-rot-grüne Koalition hätte keine Mehrheit. Die Umfragewerte sind zwar mit Vorsicht zu genießen, da das Umfrageinstitut INSA und dessen Chef Geld an die AfD gespendet haben. Anlass zur Sorge müssen sie dennoch sein.

Was seit unserer letzten Zusammenfassung in und um die Partei geschah:

„Reichsbürger“-Ermittler stoßen auf Chats von Maaßen. Ex-Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen ist laut einem Medienbericht in Überwachungsmaßnahmen bei Ermittlungen gegen die „Reichsbürger“-Gruppe um Heinrich XIII. Prinz Reuß geraten. Wie der „Spiegel“ berichtet, entdeckten Fahnder auf einem zwischenzeitlich beschlagnahmten Handy einen Austausch zwischen Maaßen und einem Bekannten von Prinz Reuß, dem rechtslibertären Buchautor und AfD-Sympathisanten Markus Krall.

Nachdem eine Hochstapler-Affäre die AfD erschütterte, lässt die Partei nun alle Europakandidaten überprüfen. Wochenlang hat die AfD-Spitze um Alice Weidel und Tino Chrupalla geschwiegen, jetzt wird der Druck der Basis zu groß. Nachdem t-online zahlreiche Falschangaben im Lebenslauf eines Europakandidaten der Partei aufgedeckt hat, sollen alle Nominierten für die EU-Parlamentswahl Nachweise über ihre akademischen und beruflichen Qualifikationen und weitere Lebenslaufangaben erbringen. Das hat laut mehrerer Quellen in Parteikreisen am Montagmorgen der AfD-Bundesvorstand beschlossen. Grund für den Beschluss ist der zunehmende Druck von der Basis, die Parteispitze solle verhindern, dass Hochstapler ins Europaparlament einziehen.

Ein Reporter dokumentiert verstörende Szenen vor AfD-Veranstaltung. Aggressive Stimmung, ein SPD-Politiker wird als „Dr. Mengele“ bezeichnet, ein Mann bezeichnet sich offen als „Nationalsozialist“: Videoaufnahmen, aufgenommen unmittelbar vor einer Wahlkampfveranstaltung der AfD am Samstag (19.08.) im hessischen Rabenau (Landkreis Gießen), lösen derzeit Empörung auf dem Kurznachrichtendienst X, vormals Twitter, aus.

Der Essener AfD-Politiker Guido Reil wird Mitte 2024 nicht mehr im Europaparlament sitzen. Seine Partei hat ihn nicht mehr aufgestellt. Reil sieht sich als Opfer von Gerüchten über angebliche Belästigung und erstattete Anzeige. „Der Anzeigenerstatter begrapscht seine weiblichen Mitarbeiter nicht und hat dies auch nicht getan“, heißt es in der Strafanzeige, die Reils Anwältin gestellt hat und dem WDR vorliegt. Diese Aussage zeigt schon, dass es in der NRW-AfD erneut rumort. Die Gegenrede bezieht sich auf Chats, die am Rande der Europawahlversammlung in Magdeburg in internen und öffentlichen Gruppen kursierten. Darin behauptet eine AfD-Politikerin aus NRW immer wieder, dass der Essener Politiker seine Mitarbeiterinnen belästigen würde.

Die AfD-Spitze und ihre Jugendorganisation Junge Alternative streiten über die Abgrenzung zum Rechtsextremismus. Im Mittelpunkt steht JA-Funktionärin Leisten, für die der Bundesvorstand nun eine zweijährige Ämtersperre fordert. Ein Daumen, der sich mit dem Zeigefinger verbindet – viele kennen es als Zeichen, um ein „Okay“ zu signalisieren – „bei mir ist alles in Ordnung“. Doch seit einigen Jahren verwenden zunehmend faschistoide Bewegungen das Symbol als eine Art Erkennungszeichen. Die Finger sollen so die Buchstaben W und P andeuten – für „White Power“, „Weiße Macht“. Anna Leisten, Bundesvorstand der AfD-Jugendorganisation Junge Alternative (JA) und deren Brandenburger Landeschefin, hat dieses Zeichen ganz offen gezeigt, am Ende eines Interviews mit dem rechtsextremen Magazin „Compact“. Sie hat erklärt, dass das Zeichen für sie nicht mehr bedeute als „gut gelaufen“. Der Verfassungsschutz Brandenburg beurteilt dies anders. Er wertet solche Gesten und auch viele andere Äußerungen als extremistisch und beobachtet den JA-Landesverband Brandenburg seit Juli dieses Jahres als erwiesen rechtsextremistische Bestrebung.

»150 Euro« für den Namen einer linken Aktivistin, die an seinem Wahlkampfstand protestierte: In München hat der AfD-Kandidat René Dierkes eine Art Kopfgeld ausgesetzt. Das ruft nun offenbar auch die Polizei auf den Plan. Wie die Süddeutsche Zeitung berichtet, prüft die Polizei derzeit, ob ein Facebook-Post des AfD-Landtagskandidaten, in dem dieser eine Geldsumme für den Namen einer linken Aktivistin in Aussicht gestellt hatte, strafbar sein könnte. Dierkes war dem Bericht zufolge am 12. August an einem AfD-Infostand im Münchner Stadtteil Berg am Laim mit einer Gruppe Antifa-Aktivisten aneinandergeraten. Diese wollte den Wahlkampf der Partei mit einer Protestaktion gezielt stören.

Die „erinnerungspolitische Wende um 180 Grad“, die der Thüringer Landeschef Höcke forderte, gehört zum Selbstverständnis der AfD. Antisemitische Narrative sind untrennbar mit ihrer Ideologie verbunden. Die Partei stellt einen Konsens infrage, auf dem die Bundesrepublik gründet. In den teils panischen Debatten über die hohen Umfragewerte der AfD ist etwas Entscheidendes aus dem Blick geraten: Die Partei will die Erinnerungskultur des Landes umschreiben.

Der frühere AfD-Bundestagsabgeordnete Florian Jäger wurde jüngst wegen Volksverhetzung verurteilt. Als Rechtsanwalt beauftragte er Frank Miksch, langjähriger NPD-Funktionär und Teilnehmer von Neonazi-Versammlungen. Der Kommunalpolitiker will von den Aktivitäten des Anwalts nichts gewusst haben. Der Kreisvorsitzende und Kreisrat der Fürstenfeldbrucker AfD, Florian Jäger, hat sich vor Gericht von einem Neonazi-Szeneanwalt verteidigen lassen. Jäger wurde in der vorvergangenen Woche in zweiter Instanz vom Landgericht München wegen Volksverhetzung zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 30 Euro verurteilt. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der frühere Bundestagsabgeordnete Jäger die Situation von Ungeimpften während der Corona-Pandemie mit der Situation von Juden im Nationalsozialismus verglichen hatte.

Die niedersächsische AfD-Landtagsfraktion fordert den Rücktritt des Oldenburger Polizeipräsidenten Johann Kühme, weil er die Partei in einem Interview kritisiert hat. Zudem kündigte die Fraktion an, eine Dienstaufsichtsbeschwerde einzureichen und ein rechtliches Vorgehen zu prüfen, wie es in einer Mitteilung von Montag heißt. Die AfD wirft Kühme unter anderem vor, er verletze als Beamter seine Pflicht zur Neutralität. In einem Interview mit der „Nordwest-Zeitung“ (Samstag) hatte Kühme die AfD kritisiert. „Die AfD verdreht Wahrheiten und verbreitet Lügen“, sagte Kühme. Ihr Ziel sei es, Unsicherheiten und Ängste in der Bevölkerung zu schüren. Das Sicherheitsgefühl der Menschen werde von der AfD manipuliert. Damit stelle sie sich gegen die Arbeit der Polizei.

Ein AfD-Bundestagsabgeordneter stellt einen langjährigen Identitären ein. In der Partei scheint das niemanden zu stören. Trotz Unvereinbarkeitsliste. Angesichts der Radikalisierung der AfD ist diese Unvereinbarkeitsliste zu rechtsextremen Organisationen schon länger wenig mehr als ein Papiertiger. Das jüngste Beispiel: Björn Höcke huldigte öffentlich Frank Haußner, der in Thüringen häufig Demos organisiert und bekennender Bewunderer des mutmaßlichen Reichsbürger-Putschisten Prinz Reuß ist. Zur Erinnerung: Dessen Gruppe plante mutmaßlich, unter anderem mit einem KSK-Soldaten und Waffengewalt den Bundestag zu stürmen und hatte bereits mithilfe einer ehemaligen AfD-Bundestagsabgeordneten den Bundestag und das Regierungsviertel besichtigt und dabei Videos gedreht.

Der AfD-Abgeordnete Stefan Keuter hat im Bundestag für einen Eklat gesorgt, indem er die frühere Kanzlerin Angela Merkel indirekt mit Adolf Hitler verglichen hat. Dessen Namen nahm er in der Haushaltsdebatte bei der Beratung des Etats des Auswärtigen Amts zwar nicht in den Mund, er sagte aber: „Abgesehen von einem böhmischen Gefreiten hat noch nie jemand so viel Unglück über Deutschland gebracht wie diese ehemalige Bundeskanzlerin“.

Die AfD-Fraktion im Siegener Rat tritt geschlossen aus der Partei aus – nach der entsprechenden persönlichen Erklärung des Vorsitzenden Michael M. Schwarzer in der Sitzung am Mittwoch, 6. September, brandete Applaus auf. Schwarzer, der lange Sprecher der AfD-Landtagsfraktion NRW und seit der vergangenen Kommunalwahl Fraktionsvorsitzender in Siegen war, reagiert damit ebenso wie seine Stellvertreterin Annette Six auf die zunehmende Radikalisierung der Partei. Gleichzeitig ziehen die beiden einen Schlussstrich unter die zuletzt immer weiter eskalierten parteiinternen Streitigkeiten im Kreisverband Siegen-Wittgenstein.

Weiterlesen

fkd-tit

Rechtsterrorismus Was ist die „Feuerkrieg Division“?

In „Divisionen“ organisieren sich online organisierte Rechtsterrorismus-Interessierte. Es sind internationale Netzwerke, die auch Anhänger*innen in Deutschland haben. Am 5. Februar…

Von|
Eine Plattform der