Poggenburg hatte in Pirna die Mitglieder der Türkischen Gemeinde in Deutschland (TGD) als „Kümmelhändler“ und „Kameltreiber“ bezeichnet, die sich „hinter den Bosporus zu ihren Lehmhütten, Ziegen und vielen Weibern scheren“ sollten. Die Türkische Gemeinde bereitet gerade eine Anzeige wegen Volksverhetzung vor. Eine weitere Anzeige wurde bereits von einer Privatperson gestellt. Auch andere Politiker haben sich mittlerweile geäußert. Justizminister Heiko Maas (SPD) nennt Poggenburg einen Rassisten. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier antwortet auf die Frage nach Poggenburgs Rede: „Was ich sehe, ist, dass es Politiker gibt, die Maßlosigkeit in der Sprache, Rücksichtslosigkeit und Hass in ihrer Haltung zu einer eigenen Strategie machen. Und ich hoffe nur, dass sich die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes nicht vor diesen Karren spannen lassen.“
Die Türkische Gemeinde in Deutschland (TGD) reagiert auf die Aschermittwochsrede des sachsen-anhaltischen AfD-Chefs André Poggenburg, der über die TGD von «Kümmelhändlern» und «Kameltreibern» gesprochen hatte. pic.twitter.com/1tpxp6fdYW
— ZDF heute (@ZDFheute) 15. Februar 2018
Sachsens Ministerpräsident Micael Kretschmer (CDU) stellet fest, dass die AfD ihr „wirkliches Gesicht“ zeige: „Das was da gesprochen wurde, war unanständig und beleidigend.“
Aber die Kritik kommt nicht nur aus den Reihen der, von der AfD gern so bezeichneten „Altparteien“. Auch einige der Rechtspopulisten können über Poggenburgs „Satire“ nicht lachen. Zum Beispiel AfD Bundesvorstandsmitglied Steffen Königer: „Beim politischen Aschermittwoch ist es normal, dass man sich deftig äußert. Aber das ist nicht deftig, das ist Dummheit.“ Und auch AfD-Chef Jörg Meuthen findet, dass es am Aschermittwoch zwar oft etwas derber zugehe, „die Wortwahl André Poggenburgs geht dessen ungeachtet deutlich zu weit und hätte nicht vorkommen sollen.“
Die Zeitung „Junge Freiheit“, eines der Sprachrohre der Neuen Rechten und normalerweiser großer Fan der AfD, veröffentlicht unter der Überschrift „Gefährliches Rabaukentum“ einen bemerkenswert kritischen Artikel. Poggenburgs Rede fehle es an „Respekt und Anstand“: „Da mag der Stammtisch im sächsischen Nentmannsdorf noch so begeistert gewesen sein, mit diesem Politikstil bringt sich die AfD um ihre Mehrheitsfähigkeit, marschiert sie ins politische Aus. Oder in Richtung NPD (…).“ Der Artikel mahnt: „Die Parteispitze kann über die Aschermittwochs-Ausfälle in Ostdeutschland nicht einfach zur Tagesordnung übergehen.“
Poggenburgs Hetzrede verärgert aber sogar noch weiter rechts. David Berger, Betreiber eines rechtspopulistischen Blogs, stellt mit Bezug auf Poggenburg und die AfD fest, „dass einige ihrer Politiker fähig sind, all das was an Sympathie und Vertrauen mühsam – und gegen eine gehässige Presse – aufgebaut wurde, mit wenigen Worten und Gesten zu zerstören.“ Bergers Text schließt gar mit einem Aufruf an die AfD, sich „von solchen Politikern [zu] befreien“.
Martin Semlitsch, der unter dem Pseudonym „Martin Lichtmesz“ auftritt und veröffentlicht und als einer der Köpfe hinter der rechtsextremen „Neuen Rechten“ gilt, provoziert zwar im allgemeinen gerne. Poggenburgs Rede scheint aber selbst ihm zu zuviel des Guten zu sein.
Screenshot: Twitter
Sogar im Kommentarbereich der neurechten Zeitschrift „Sezession“ regt sich Widerstand. Ein Kommentar unter einem eigentlich nicht im Zusammenhang stehenden Artikel von Ellen Kositza schreibt:
Screenshot aus dem Kommentarbereich von „sezession“
Am heutigen Freitag soll der AfD-Vorstand zusammentreten. Bundesvorstandsmitglied Steffen Königer hofft, laut einem Artikel in der Zeit, dass Poggenburgs Rede auf die Tagesordnung gesetzt wird. Die Taktik der permanenten Provokation, die so gerne von der AfD benutzt wird, könnte für Poggenburg diesmal tatsächlich nach hinten losgehen.