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AfD in Europa führend in Klimawandel-Leugnung Was haben Rechtspopulisten gegen Klimaschutz?

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Aus der Studie "Convenient truth" der adelphi-Denkfabrik: Wie Europas Rechtspopulist*innen zum Klimawandel stehen (Quelle: adelphi)

Weil der menschengemachte Klimawandel zur Erderwärmung beiträgt und unübersehbare Naturkatastrophen mit mutmaßlich großen Fluchtbewegungen folgen, engagieren sich rechtspopulistische Parteien in ganz Europa für den Klimaschutz! Nein, die Realität sieht anders aus. Rechtspopulist*innen mögen zwar keine Fluchtbewegungen, aber sie sehen den Klimawandel nicht als Bedrohung – denn in ihrer Welt gibt es den Klimawandel (fast) gar nicht.

Im EU-Parlament gehören die Hälfte der Stimmen, die gegen Klimaschutz-Politik stimmen, zu Abgeordneten rechtspopulistischer Parteien. Tendenz und damit Einfluss steigend, wenn die Prognosen zur Europawahl im Mai stimmen.  Dies hat aktuell die Studie „Convenient Truths – Mapping climate agendas of right-wing populist parties in Europe” der Berliner Denkfabrik „adelphi“ untersucht. Führend bei den Klimawandel-Leugner*innen im Europa-Parlament ist übrigens die AfD – zusammen mit der FPÖ (Österreich) und UKIP (Großbritannien). Da die UKIP, dank Brexit, nun bald nicht mehr zum EU-Parlament gehört, ist die AfD übrigens die rechtspopulistische Partei, die Klimawandelleugnung im Europawahlkampf am meisten zu einem Kernthema macht. Bei vielen Rechtspopulist*innen in Europa fällt das Thema unter „ferner liefen“. Allerdings sind die meisten auch der Meinung, dass es den Klimawandel nicht gibt oder dass es zumindest dringlichere Probleme gibt. 7 von 21 Parteien leugnen den Klimawandel, seine menschengemachten Ursachen oder negativen Folgen wie die AfD, 11 Parteien sind unentschlossen und schwankend, nur 3 sehen das Problem und sind für Klimaschutz.

Aber wie und warum den Klimawandel leugnen, während doch Wissenschaftler*innen auf der ganzen Welt davor warnen, dass unser heutiges Verhalten und unser CO2-Ausstoß in der Zukunft massiv das Leben auf der Erde beeinflussen oder gar zerstören werden?

Wissenschaft ist nichts für Rechtspopulist*innen

Um wissenschaftlichen Berechnungen und Prognosen zu glauben, muss man auch an Wissenschaft und Forschung glauben. Rechtspopulist*innen tun das offenbar nicht, wenn es ihnen nicht in die Politik passt. Deshalb gibt es aus diesem Lager zahlreiche Zweifel an Prognosen und Modellen zur Klimaentwicklung.

So wird geleugnet, dass es ausreichend Wissen über Klima-Zusammenhänge gibt. Rechtspopulist*innen stellen die Klimawissenschaft grundsätzlich in Frage und damit auch einfachste Gesetzmäßigkeiten der Thermodynamik. Stattdessen gibt es krude Thesen: Die AfD-Politikerin Beatrix von Storch etwa nennt den Klimawandel eine Folge kosmischer Strahlungen. Andere verweisen darauf, dass es in der Erdgeschichte immer schon Temperaturschwankungen gegeben habe.

Im EU-Wahlprogramm der AfD von 2019 heißt es deutlich: „Wir bezweifeln aus guten Gründen, dass der Mensch den jüngsten Klimawandel, insbesondere die gegenwärtige Erwärmung, maßgeblich beeinflusst hat oder gar steuern könnte. Klimaschutzpolitik ist daher ein Irrweg. Ohne CO2, einem Hauptbestandteil der Photosynthese, gäbe es keine Pflanzen, Tiere oder Menschen.“

Heißt: Der Klimawandel ist gar nicht von Menschen beeinflusst. Wir brauchen keine Klimaschutz-Politik, sie ist nutzlos. Das enthält eine ordentliche Portion Schwarzweiß-Denken: CO2 ist doch auch nützlich, deshalb kann es nicht böse sein. So einfach funktionieren Dinge allerdings selten.

Wohl nicht ohne Grund werden die „guten Gründe“ nicht erläutert. Viele Wissenschaftler und die bisherige EU-Klimaschutzpolitik sehen das Thema anders.

Rechtspopulist*innen sagen: Klimapolitik ist zu teuer und Elitenpolitik

In der Logik der Rechtspopulist*innen ist Klimapolitik wirtschaftsfeindlich, belaste „nationale Ökonomien“ oder zumindest einkommensschwache Haushalte und Unternehmen und sei damit Elitenpolitik. Dies ist etwa auch die Kerbe, in die die „Gelbwesten“-Proteste in Frankreich schlagen, die ja als Widerstand gegen eine CO2-Steuer begannen. Steigende Energiekosten für Privathaushalte funktionieren als Einfallstür für rechtspopulistische Agitation zum Thema.

Diese „Logik“ übersieht die Kosten und Auswirkungen des Klimawandels durch Extrem-Wetter-Ereignisse, die auch alle Menschen betreffen. Sie übersieht auch, dass etwa eine gesunde Umwelt und saubere Luft, Energiesicherheit und umweltfreundliche Mobilität allen zugutekommen. Dies geschieht aber in voller Absicht: Weil viele Rechtspopulist*innen nicht an den Klimawandel glauben, verbinden sie Hitzewellen, steigende Meeresspiegel oder schmelzende alpine Gletscher auch nicht damit.

Der Strang „Klimaschutz ist schlecht für die heimische Wirtschaft“ wird dagegen gern vom neoliberal-rechtspopulistischen Teil etwa der AfD verwendet, wenn diese etwa argumentiert, die deutsche Automobilindustrie dürfe nicht durch zu strenge Abgaswerte gegängelt werden.

Im EU-Wahlkampfprogramm (2019) sagt die AfD: „Die von der EU und der deutschen Bundesregierung angestrebte Dekarbonisierung, inzwischen als „Große Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft“ propagiert, wird nicht nur zur Reduzierung der Wirtschaftskraft Deutschlands führen, sondern entwickelt sich zunehmend zu einer illegitimen gesellschaftlichen Wende hin zu einem ökologistischen Planungs- und Zwangsstaat mit gewollter Mangelwirtschaft.“

Andere Rechtspopulist*innen in Europa interessieren sich indes für andere Aspekte: Sie sagen etwa, dass die Stärkung lokaler erneuerbarer Energie-Produktion die „nationale Souveränität“ stärke. Das macht etwa der rechtsextreme „Rassemblement National“ in Frankreich – und zielt damit auf Unabhängigkeit von fossilen Importen vor allem aus muslimischen Ländern, also im Endeffekt auf Muslimfeindlichkeit. Dafür fühlt sich die AfD sicher den tschechischen Rechtspopulist*innen von der Freiheit-und-Demokratie-Partei verbunden, die Narrativen von „Solarbaronen“ streuen, die sich an der Energiewende bereichern würden.

Rechtspopulist*innen mögen keine Politik, die internationale Kooperationen beinhaltet.

Wäre die AfD für Klimaschutz, wenn es ein deutsches Klima gäbe? Nationalismus spielt nämlich auch eine Rolle bei der rechtspopulistischen Ablehnung von Klimaschutz. Klimaschutzmaßnahmen funktionieren nur global und in weltweiter Kooperation, und auch das ist Rechtspopulist*innen ein Dorn im Auge. Sie sehen durch „Multilateralismus und internationaler Zusammenarbeit“ schon wieder „nationale Souveränität“ gefährdet, wie die „adelphi“-Studie ausführt. Dies erklärt auch, warum es die Ablehnung von Klimaschutz auch unter denjenigen gibt, die andererseits für einen „grünen Patriotismus“, also ein Umweltschutz als „Heimatschutz“ und Abgrenzung gegen „fremde Arten“ durchaus zu haben sind.

Übrigens lässt sich auch die meist antisemitisch konnotierte „Weltverschwörung“ hervorragend mit der Klima-Thematik kombinieren. Dann werden globale Klimaschutz-Bemühungen zum Konzept einer „globalen Elite“, die mit „Geheimplänen“ nationale Interessen mit Füßen trete und mit einer „erfundenen Theorie“ Geld aus den Steuerzahler*innen herauspresse.

Grafik: Rechtspopulistische Wahlergebnisse der letzten Europawahl (2014)

Warum ist das bei der Wahl des Europaparlaments ein Thema?

Bisher nutzen die Rechtspopulist*innen das Klimathema im EU-Parlament vor allem, um im Plenum zu provozieren und ihre Klientel zu Hause zufriedenzustellen, arbeiten aber selten in Ausschüssen mit, die die eigentliche Arbeit machen. Ab 2020 fallen aber wichtige Entscheidungen an: Etwa ein neuer EU-Klimaplan und neue Klimaschutzziele, Entscheidungen über den Abschied von fossilen Energien, Industriestandards und ein grünes Finanzsystem. Dies alles könnten gestärkte rechtspopulistische Fraktionen entscheidend bremsen. Schon jetzt sind die rechtspopulistischen Fraktionen „Europa der Nationen und der Freiheit (ENF), „Europa der Freiheit und der direkten Demokratie (EFDD)” und „Europäische Konservative und Reformer (ECR)“ die Gruppen, die Klimapolitik am feindlichsten gegenüberstehen.

Interessant auch: Das Thema Klimawandel und Migration beschäftigt einige rechtspopulistische Parteien übrigens doch. Allerdings nicht als Motivation, etwas zum Schutz des Klimas zu tun. Vielmehr setzen sich u.a. die österreichische FPÖ oder die italienische Lega Nord dafür ein, dass der Klimawandel nicht dazu verwendet werden dürfe, „illegale Migration“ zu legitimieren. Anerkannte Klimaflüchtlinge dürfe es dementsprechend niemals geben, weil dann „Millionen“ nach Europa kämen.

 

Europa der Nationen und der Freiheit (ENF) =
Vlaams Belang / Belgien, Die blaue Partei / Deutschland (Ex-AfD), Lega Nord / Italien, Partij voor de Vrijheid / Niederlande, FPÖ / Österreich, Kongres Nowej Prawicy (KNP) / Polen, UK Independence Party (UKIP) / Großbritannien, Partidular Conservaor / Rumänien

„Europa der Freiheit und der direkten Demokratie (EFDD)”=
AfD / Deutschland, Rassemblement National / Frankreich, MoVimento 5 Stelle / Italien, Latvijas Zemnieku savienība (LZS) / Lettland, Tvarka ir teisingumas (TT) / Litauen, Kongres Nowej Prawicy (KNP) / Polen, Schwedendemokraten (SD) / Schweden, Strana svobodných občanů (SSO) / Tschechien, UK Independence Party (UKIP) / Großbritannien

„Europäische Konservative und Reformer (ECR)“ =
Nieuw-Vlaamse Alliantie (N-VA) / Belgien, Bulgarien ohne Zensur (BBZ) / Bulgarien, IMRO – Bulgarische Nationale Bewegung / Bulgarien, Dansk Folkeparti / Dänemark, AfD / Deutschland,  Perussuomalaiset / Finnland, Notis Marias / Griechenland, Fianna Fail / Irland, Forza Italia / Italien, Hrvatska konzervativna stranka / Kroatien, Nacionālā apvienība „Visu Latvijai!“–“Tēvzemei un Brīvībai/LNNK“ (NA) / Lettland,  Lietuvos lenkų rinkimų akcija (AWPL) / Litauen, ChristenUnie / Niederland, Staatkundig Gereformeerde Partij (SGP) / Niederlande, Prawo i Sprawiedliwość (PiS) / Polen, Partidul Democrat Liberal / Rumänien, Schwedendemokraten (SD) / Schweden, Sloboda a Solidarita (SaS) / Slowakei, Obyčajní ľudia a nezávislé osobnosti (OĽaNO) / Slowakei, Občanská demokratická strana (ODS) / Tschechien, Conservative Party / Großbritannien, Ulster Unionist Party / Großbritannien, Kinima Allilengyi (gewählt für DISY) / Zypern

 

Die Studie

„Convenient Truths – Mapping climate agendas of right-wing populist parties in Europe”
wurde am 26. Februar in Berlin und am 27. Februar in Brüssel vorgestellt.

Die Untersuchung wurde von adelphi initiiert und aus eigenen Mitteln finanziert, weil Klimapolitik und transformativer Wandel nur unter den Bedingungen einer liberalen Demokratie erfolgen kann. Sie steht auf der Website von adelphi zum Download zur Verfügung: https://www.adelphi.de/de/publikation/convenient-truths

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