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AfD-Parteitag in Braunschweig Der rechtsextreme Flügel baut seinen Einfluss weiter aus

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Björn Höcke (r), Landesvorsitzender der AfD Thüringen, gratuliert beim Parteitag der AfD Andreas Kalbitz, Landesvorsitzender der AfD Brandenburg, zur Wahl als Beisitzer im Bundesvorstand der AfD.

Knapp 600 Delegierte haben am Wochenende in Braunschweig am AfD-Parteitag teilgenommen, um einen neuen Bundesvorstand zu wählen, nachdem Alexander Gauland seinen Rücktritt angekündigt hat. Ganz verzichten muss die AfD allerdings nicht auf Gauland. Er wurde am Sonntag mit einer Mehrheit von 90 Prozent zum Ehrenvorsitzenden gewählt. Der Parteitag stand unter der Frage, wieviel Macht dem rechtsextremen Flügel zukommen würde. Der ist vor allem  in der zweiten Reihe sichtbarer geworden. 

Tino Chrupalla – der neue Bundessprecher von Flügels Gnaden

Neben dem alten neuen Parteichef Jörg Meuthen (mit 70 Prozent der Stimmen) wurde nun der sächsische Bundestagsabgeordnete Tino Chrupalla (gewann in der Stichwahl gegen Gottfried Curio mit 55 Prozent) an die Parteispitze gewählt. Er war der Wunschnachfolger von Gauland. Der 44-jährige Chrupalla aus Weißwasser in der Oberlausitz erlangte überregionale Berühmtheit, weil er dem heutigen sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer (CDU) bei der Wahl 2017 das Direktmandat in Görlitz abknöpfte. Chrupalla punktete vor allem durch seine Biografie. Im Gegensatz zu vielen anderen Ost-AfD-Politiker*innen ist Chrupalla tatsächlich im Osten geboren. Als gelernter Malermeister soll er Identifikationsfigur für die „einfachen Leute“ werden. Inhaltlich bleibt er allerdings bisher eher vage.  

Unterstützung für Chrupalla kam auch vom extrem rechten Flügel. Die „Tagesschau“ bezeichnet ihn daher als „Bundessprecher von Flügels Gnaden“. Im Vorfeld des Parteitags forderte Höcke bereits, dass einer der beiden Bundessprecher aus dem Osten kommen sollte.

Stephan Brandner wird für seine Grenzüberschreitungen entlohnt

Innerhalb des 14-köpfigen Parteivorstandes gibt es große Veränderungen. Alice Weidel und Beatrix von Storch rücken auf die Stellvertreterposten auf. Zum dritten stellvertretenden Vorsitzenden der AfD wurde Stephan Brandner gewählt. Vor zwei Wochen erst wurde Brandner vom Vorsitz des Rechtsausschusses im Bundestag abgesetzt. Aus Sicht der anderen Parteien sei er nicht würdig, dieses Amt zu führen. Der AfD-Politiker aus Thüringen hatte nach dem Terroranschlag in Halle einen Tweet weiterverbreitet, in dem es hieß, Politiker*innen würden bei Gedenkveranstaltungen in Moscheen und Synagogen „rumlungern“, dabei seien die Opfer doch Deutsche gewesen. Diese Äußerung war eine Grenzüberschreitung zu viel für die anderen Parteien. 

Auch in Braunschweig konnte Brandner das radikale Publikum durch eine scharfzüngige Rede aufpeitschen. Eigentlich wollte der extrem rechte Hardliner Schriftführer oder Beisitzer werden. Für den Partei-Vize-Posten waren zunächst andere Kandidaten vorgesehen, die beide ohne Mehrheit blieben. Brandner gilt als Parteifreund Höckes.  

Kritiker des Flügels wurden abgestraft und abgewählt 

Zwar ist dem rechtsextremen Flügel der Durchmarsch im Bundesvorstand nicht gelungen (wollten sie diesen überhaupt jetzt schon?). Dennoch konnten sie ihre schärfsten Kritiker*innen bei den Wahlen ausschalten. Albrecht Glaser, Kay Gottschalk und Georg Pazderski wurden nicht wieder in den Bundesvorstand gewählt. Im Sommer hatten sie sich gegen den Personenkult um Flügel-Mann Björn Höcke in einem öffentlichen Brief ausgesprochen. Der bisherige AfD-Vize Gottschalk gab im Sommer dem „Flügel“ um Höcke eine Mitschuld an den zahlreichen Konflikten in den West-Landesverbänden und sprach von einer „Schneise der Verwüstung“. Albrecht Glaser verlor seinen Posten an Stephan Brandner. Kay Gottschalk verlor ausgerechnet gegen Andreas Kalbitz im Kampf um den Posten des Beisitzers. Mit 50,3 Prozent wurde der Strippenzieher des rechtsextremen Flügels wieder in den Bundesvorstand der AfD gewählt – und das obwohl oder weil er auf eine beeindruckende rechtsextreme Vergangenheit zurückblicken kann.

Eine rechtsextreme Biografie schadet in der AfD nicht

Doch Kalbitz ist nicht der einzige im neugewählten Bundesvorstand mit rechtsextremer Vergangenheit. Auch Stephan Protschka wurde am Wochenende als Beisitzer im Bundesvorstand wiedergewählt – obwohl er einen revisionistischen Gedenkstein in Polen mitfinanziert hat. Und auch der Hamburger Fraktionschef Alexander Wolf ist, wie die „taz“ herausfand, Alter Herr der Burschenschaft Danubia, die in Bayern vom Verfassungsschutz beobachtet wird. In seiner Studienzeit gab Wolf ein Liederbuch namens „Schlachtruf“ heraus, in dem sich unter anderem das Lied eines Nazi-Jugendführers befand.

Der Flügel hat seinen Machtanspruch damit auf den Parteitag in Braunschweig bewiesen

Diejenigen, die zwar keine Vertreter*innen des Flügels sind, diesen aber nicht angreifen und diese Strömung als legitimen Teil der Partei betrachten, durften an diesem Wochenende in ihren Ämtern bleiben, wie Jörg Meuthen und Alice Weidel. Parteikollege*innen, die den Flügel und seine Aktivist*innen jedoch öffentlich kritisieren, wurden in Braunschweig abgestraft. Der Flügel hat seinen Machtanspruch damit auf den Parteitag in Braunschweig bewiesen und das obwohl Björn Höcke erst gar nicht zur Wahl antrat. Das Zeichen in die Partei hinein scheint zu wirken. Öffentliche Kritik am Flügel kann die politische Existenz kosten. 

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