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AfD vor den Wahlen Das schreiben die Kandidat_innen bei Facebook und Twitter

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Direktkandidatin Petra Federau mag deutsche Dichtung. Oder versteht hier jemand etwas anderes? (Quelle: Facebook)

 

 

Demokratische Kultur, freie Wahlen? Da ist die AfD skeptisch. Darum sollen Parteimitglieder die Wahl am 4. September ganz genau beobachten. Wer „nachprüfbare Hinweise auf Unregelmäßigkeiten“ liefert, soll mit 100 Euro belohnt werden. Das verkündet Spitzenkandidat Leif Erik Holm einige Tage vor der Wahl auf Facebook. Die Aufforderung entspricht einer typischen Narrative der Partei: Demokratie gibt es in Deutschland doch gar nicht, das Volk wird pausenlos belogen und betrogen, am schlimmsten trifft es immer die AfD. Auch sonst ist Holm klar und erwartbar auf rechtspopulistischem Parteikurs: Er spricht von unkontrollierter Massenzuwanderung, von zu schlechter Bildung für „unsere Kinder“, von fehlender Sicherheit, Täterschutz und Bürokratie. An allen Miseren Schuld ist Angela Merkel – oder auch eine oder alle anderen Parteien. Ähnlich ist es bei Matthias Manthei, der auf Listenplatz 2 zur Wahl antritt.Die Parteispitze gibt sich gemäßigt. Warum gilt der Landesverband trotzdem innerhalb der AfD als weit rechts stehend? Ein Blick auf die Internetaktivitäten der anderen Kandidat_innen gibt Aufschluss.

Auf Listenplatz 3: Holger Arppe. Der 42-jährige Rostocker fällt immer wieder mit rassistischen und völkisch-nationalistischen Beiträgen auf. Offen hetzt er über sein offizielles Facebook-Profil gegen Muslim_innen, die „Kartellparteien“ und „Gutmenschen“.  Sein Privatprofil ist inzwischen nur noch für ausgewählte Facebook-Nutzer_innen einsehbar. Nach seiner Verurteilung wegen Volksverhetzung im Jahr 2015 ist er offensichtlich vorsichtiger geworden. Bei Twitter ist er dagegen weiter aktiv.

Während Arppe pausenlos von einem allgegenwärtigen Linksextremismus schwadroniert, scheint Rechtsextremismus in seiner Welt nicht zu existieren. Nachdem sich herausstellt, dass der Attentäter von München aus rassistischen und rechtsextremen Motiven gehandelt hat, twittert Arppe: „Da nicht sein kann was nicht sein darf, wird selbst ein muslimischer Amokläufer noch zum Nazi umgelogen.“

 

Aus seiner Sympathie für die neurechte „Identitäre Bewegung“ macht Arppe kein Geheimnis. Besonders die kurzzeitige Besetzung des Brandenburger Tors durch Identitäre, löst bei Arppe eine ganze Reihe von Tweets aus.

 

Auch die absurde Idee einer „muslimischen Invasion“ hat Arppe mit der „Identitären Bewegung“ gemeinsam. Die Vorfälle der Silvesternacht in Köln könnten der „verspätete Triumph“ der „osmanischen Herrschaft“ werden, schreibt er bei Facebook.

 

Enrico Komning (Listenplatz 4) sympathisiert auf Facebook ebenfalls offen mit der extrem rechten „Identitären Bewegung“. Gut findet er auch die „Grauzonistische Reaktion“, in deren Beschreibung es heißt: „Wir stehen gegen dieses links- und öko-faschistische Drecksgefolge!“ Außerdem gefallen Komning der Volksmusiker Andreas Gabalier, Pegida und zahlreiche Burschenschaften. Letzteres überrascht nur wenig. Komning ist selbst Mitglied in der extrem rechten Burschenschaft „Rugia“, aus der auch schon zahlreiche hochrangige NPD-Mitglieder hervorgegangen sind. Komning scheint in der Burschenschaft noch immer aktiv zu sein. Im vergangenem Jahr freute er sich auf der Seite der „Rugia Greifswald“ herzlich über das Weihnachtsgeschenk seiner Frau: eine Halterung für seine Korbschläger (die Fechtwaffen die beim Kampf zwischen zwei Mitgliedern verschiedener Studentenverbindungen benutzt werden).

 

Komnings auffälligste politische Forderung in den vergangenen Wochen: eine Liberalisierung des Waffenrechts.

 

Unter seinen „Gefällt mir“-Angaben lässt sich dann mit „Sig Sauer“ auch gleich ein passender Waffenhersteller finden. Interessante Nebeninformation: Nach Medienberichten ist „Sig Sauer“ der Hersteller der Waffe, mit der in Orlando in diesem Jahr etwa 50 Menschen in einem LGBT-Nachtclub getötet wurden. Eine Waffenliberalisierung hilft also gegen Terrorismus?

 

Nikolaus Kramer, Listenplatz 8, fällt durch islamfeindliche Posts auf. Mit viel Pathos bedankt er sich etwa bei der „1. Kreuzzugsarmee“ für die „Rettung des Abendlandes“ vor den „moslemischen Feinden“.

  

 

Auch Christel Weißig, Listenplatz 16, ist in der Vergangenheit immer wieder mit Islam- Flüchtlingsfeindlichen Kommentaren und bei Facebook aufgefallen.

 

 

Zuletzt teilte sie einen Beitrag der Facebook-Gruppe “ Patrioten Rostock / Rügen / Stralsund“. In der Gruppe gibt es neben viel Lob für die „Identitäre Bewegung“ auch jede Menge Hetze gegen Geflüchtete und Politiker_innen – bis hin zu Gewaltphantasien.Weißig schreibt zu dem geteilten Beitrag: „Wir lassen unsere Frauen und Mädchen nicht länger als Freiwild durch Rostock laufen.“

Dann setzt sich die AfD also im aktuellen Wahlkampf für Feminismus ein? Ein Blick auf die Facebookprofile der AfD-Mitglieder zeigt das Gegenteil. Sexismus und Antifeminismus kann die AfD offensichtlich selbst ziemlich gut. Jens Kühnel, Listenplatz 21, mag die Facebook-Gruppe „Die gute Hausfrau saugt auch nachts unter der Decke weiter“. Enrico Komning findet Blondinenwitze lustig. Und Nikolaus Kramer zeigt bei Facebook, wie sich Sexismus und Islamfeindlichkeit in einem Bild kombinieren lassen:

 

Und Holger Arppe setzt ebenfalls auf die Kombination von Antifeminismus und Vorurteilen gegen Muslim_innen.

 

Nicht nur bei den Listen- auch bei den Direktkandidat_innen zeigt sich, dass die AfD nicht so gemäßigt ist, wie Holm und Manthei sie nach außen zu repräsentieren versuchen. Ralph Weber ist Direktkandidat für Vorpommern-Greifswald. Der Jura-Professor ist kein Unbekannter: Er trägt in der Uni „Thor Steinar“ und promovierte einen bekannten Brandenburger Neonazi. Im August ruft er bei Facebook zu einem Wettbewerb auf, mit dem er sich gegen die „Fremdheit im eigenen Land“ und die „links-grüne Meinungsmafia“ richten möchte.

 

Für Schwerin tritt Petra Federau als Direktkandidatin an. Auf ihrem offiziellen Facebook-Profil gibt sie sich gemäßigt. Über ihr privates Profil äußert sie sich in einem ganz anderen Ton. Dass AfD-Politiker_innen Geflüchteten immer wieder kriminelle Absichten unterstellen, ist inzwischen bekannt. Für Federau besteht zwischen Flüchtlingen und Straftäter_innen aber offensichtlich überhaupt kein Unterschied. Stattdessen die immer gleiche Bezeichnung von Geflüchteten als „Invasoren“.

 

Erschreckend ist auch die Reaktion der AfD-Anhänger_innen.

 

Andreas Rösler, Direktkandidat für die Mecklenburgische Seenplatte, sieht das ganz ähnlich wie seine Parteikollegin Federau: Auch für ihn sind alle Geflüchteten mit Terrorist_innen gleichzusetzen.

 

Rösler geht noch einen Schritt weiter. Er sieht sich schon mitten im Krieg. Gegen wen? Und warum? In Röslers Welt ist die Erklärung ganz einfach: gegen Asylbewerber. Und Schuld hat – wie sollte es auch anders sein – irgendwie Merkel.

 

Rechtsextreme existieren für Rösler, ähnlich wie für Holger Arppe, nicht. „Wie viele Hakenkreuzschmierereien und Brandstiftungen werden nicht durch ‚Rechte‘, sondern durch Linksextremisten und V-Leute gemacht? Irgendwie muss man ja die Statistik und Stimmung gegen ‚Rechts‘ erzeugen und aufrecht erhalten“, schreibt er bei Facebook.

 

Alle Screenshots von Facebook und Twitter vom 01.09.2016

 

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