Ich bin hier. Rechtsextreme Trollfabriken und das Ökosystem koordinierter Hasskampagnen im Netz (ISD, 2018)
Untersuchungsfeld: Soziale Netzwerke
Die wichtigsten Ergebnisse:
Koordinierter Hass nimmt zu. Seit Dezember 2017 sind koordinierte rechtsextreme Online-Hasskampagnen mehr als dreimal so weit verbreitet
Lautstarke Minderheit: 5% sind für 50% der Likes bei Hass in den Kommentarspalten verantwortlich
Etwa 1% der Accounts ist für 25% der Likes verantwortlich.
Der Diskurs in vielen Kommentarspalten auf Facebook ist kein Abbild der Gesellschaft, sondern wird von Sympathisanten extremistischer und verfassungsfeindlicher Organisationen bestimmt
In vielen Fällen wird versucht Politiker*innen, Journalist*innen und Aktivist*innen unter Druck zu setzen und einzuschüchtern
Die drei einflussreichsten rechtsextremen Hasskampagnen der letzten Monate: #Kikagate, #Kandelistueberall und #120dB.
Die längsten und einflussreichsten Kampagne von rechtsxtremen Troll-Accounts: #TraudichDeutschland und #Merkelmussweg im AugustSeptember 2017
Reconquista Germanica und verwandte rechtsextremen Online-Netzwerken aus identitären Kreisen koordinieren die Kampagnen
Koordinierte Uhrzeiten und Hashtags führen dazu, führt, dass sie teilweise wochenlang in den Trends liegen und den Online-Diskurs bestimmen
Die Hashtags werden außerdem von AfD-Accounts und von russischen Medien wie RT und Sputnik aufgegriffen und geraten so in den medialen Mainstream
Hass im Arbeitsalltag “Publizieren wird zur Mutprobe” – Studie zur Wahrnehmung von und Erfahrungen mit Angriffen unter Journalist*innen (Mediendienst Integration, 2017)
Untersuchungsfeld: Journalismus
Die wichtigsten Ergebnisse:
Zwei Drittel der befragten Journalist*innen sagen, dass hasserfüllte Angriffe des Publikums in den vergangenen 12 Monaten deutlich gestiegen sind
Insgesamt 42 % der befragten Journalist*innen waren in 2016 selbst von Angriffen betroffen
26 % der Befragten berichten von mehrmaligen bis regelmäßigen Angriffen
Je länger die Beschäftigungsdauer der Journalist*innen, desto seltener wird eine Zunahme aggressiver Reaktionen wahrgenommen
75 %der Betroffenen machen ausschließlich ihre Rolle als Journalist*innen für die erfahrenen Angriffe verantwortlich
Journalist*innen aus bundesweit/überregional organisierten Redaktionen sind deutlich häufiger von Angriffen betroffen als jene in lokalen/regionalen Redaktionen
48 % der Zeitungs- und 45 % der Fernseh-Journalist*innen erlebten bereits Angriffe
Journalist*innen in Ressorts wie Politik, Lokales/Regionales oder Wirtschaft sind häufiger von gewalthaltigen Vorfällen betroffen als jene, die in den Ressorts Kunst und Kultur oder Wissen und Technik beschäftigt sind
Antisemitismus 2.0 und die Netzkultur des Hasses (TU Berlin – Institut für Sprache und Kommunikation, 2018)
Untersuchungsfeld: Soziale Netzwerke
Die wichtigsten Ergebnisse:
Der klassische Antisemitismus à la „Der ewige Jude“ oder „Die Juden sind das Übel der Welt“ liefert die primäre Basis für den zeitgenössischen Judenhass
Antisemit*innen bedienen sich stets dem gleichen Vokabular: Jüdinnen und Juden seien Verschwörer*innen, Landräuber*innen, Kindermörder*innen und letztendlich selbst Schuld am Antisemitismus
Diese Stereotype haben die Forscher*innen sowohl im Vokabular von linken als auch von rechten Antisemit*innen gefunden
Das Sag- und Sichtbarkeitsfeld für Antisemitismen hat sich im Web 2.0 extrem vergrößert
Importierter Antisemitismus ist nicht das Hauptproblem in Deutschland
Antisemitismus ist ein gesamtgesellschaftliches Problem
Antisemitische Hetze liefert alltägliche Anknüpfungspunkte an die Lebenswelten der User*innen
Antisemitismus taucht vor allem in Fan- und Diskussionsforen, Ratgeberportalen und sozialen Netzwerk auf
Auf Israel bezogener Antisemitismus stößt gesamtgesellschaftlich auf den geringsten Widerstand
Antisemitische Taten oder Aussagen werden häufig nicht als solche sanktioniert, sondern als Kunst-oder Meinungsfreiheit abgetan
Antisemit*innen handeln einer Affektlogik nach und sind somit faktenresistent
Antisemitische Kommentare sind höchst emotional
Hate Speech Ergebnisbericht (Landesanstalt für Medien NRW, 2018)
Untersuchungsfeld: Soziale Medien
Die wichtigsten Ergebnisse:
Die Wahrnehmung von Hassrede bzw. Hasskommentaren im Internet hat im Vergleich zu den Vorjahren leicht zugenommen
78 % der Befragten geben an, schon einmal Hassrede bzw. Hasskommentare im Internet gesehen zu haben, z. B. auf Webseiten, in sozialen Netzwerken oder in Internetforen
10 % haben schon sehr häufig Hassrede bzw. Hasskommentare im Internet gesehen
Nur 22 % sind noch nicht mit Hassrede bzw. Hasskommentaren in Berührung gekommen
Im Gegensatz zum Vorjahr ist der Anteil der Männer bzw. Frauen, die bereits Hassrede bzw. Hasskommentare im Internet gesehen haben, nahezu identisch
Befragte im Alter zwischen 14 und 24 Jahren haben weitaus häufiger als der Durchschnitt der Befragten bereits Hassrede bzw. Hasskommentare im Internet gesehen
Verhasste Vielfalt. Eine Analyse von Hate Speech im Raum von Kirche und Diakonie mit Kommentierungen (Studienzentrum der EKD für Genderfragen in Kirche und Theologie, 2017)
Untersuchungsfeld: Hate Speech im Raum von Kirche und Diakonie
Die wichtigsten Ergebnisse:
Der Geschlechterforschung wird der Status einer Wissenschaft abgesprochen
„Gender“ sei per se kein wissenschaftliches Konzept, sondern eine Ideologie
Die „Entmännlichung der Gesellschaft“, also eine Auflösung von traditionellen, klassisch-maskulinen Rollenbildern, wird prophezeit
Der Kirche wird vorgeworfen, sich nicht mehr an christlichen Werten, sondern an politischer Agenda zu orientieren und staatliche Vorgaben und Normen zu propagieren
Die Verfasserinnen und Verfasser aus dem anti-feministischen Spektrum beschreiben eine Weltanschauung, die sexuelle Differenzen zu Gunsten des Mannes aufruft und ihn als Maßstab setzt, um Frauen qua Biologie abzuwerten
Der Islam ist „schlecht“, aber „Gender“ ist „schlechter“
Homosexuelle werden als Kollektiv an „Sündern“ gesehen, das über seine Sexualität definiert wird und dessen Andersartigkeit als Defizit empfunden wird
Mit der einfachen Formel „Flucht = Islam = Terror“ wird scheinbar rational begründet, warum es legitim ist, Geflüchtete des Terrorismus zu beschuldigen
Hate Speech wirkt identitätsstiftend und erzeugt Anerkennung: Die Anerkennung und Unterstützung der eigenen (konträren) Haltung durch andere erzeugt eine Mehrheitsillusion, die das Gefühl weckt, dass man Teil einer starken kollektiven Gemeinschaft und nicht allein mit seiner Haltung ist
Öffentlichkeit ist der Motor der Hate Speech: Hassrede kann nur dann ihre ganze Wirkung entfalten, wenn sie nicht nur zwischen Rezipient/Rezipientin und Empfänger/Empfängerin stattfindet. Sie braucht zumindest die Illusion, auch eine breite Öffentlichkeit zu erreichen
From Hatespeech to Hopespeech (Netzteufel: Evangelische Akademie zu Berlin)
Untersuchungsfeld: Hate Speech im Namen des christlichen Glaubens
Die wichtigsten Ergebnisse:
HateSpeech liegen Argumentationsmuster zu grunde, die sich Erzählungen und Bildern zusammenfügen und dadurch die Kommunikation vergiften und Diskurse durch Angstbilder prägen
Die Grundlage für toxische Narrative ist das Masternarrativ „Wir werden bedroht – Die Endzeit naht“
Das Masternarrativ taucht in verschiedenen Eskalationsstufen auf – von schwachen Konstruktionen einer Gefahr bis hin zu der Feststellung, dass die Endzeit längst angebrochen sei
Die fünf Hauptnarrative sind: “Der Islam bedroht uns”, “Homosexualität bedroht Gottes Ordnung”, “Flüchtlinge untrerwandern das Sozialsystem”, “Der Genderwahnsinn ist reine Ideologie” und “Wir leben in einer Meinungsdiktatur”
Do comments matter? Global Online Commenting Study ( World Editors Forum, 2016)
Untersuchungsfeld: Kommentare von Nachrichtenportalen
Die wichtigsten Ergebnisse:
60% der Journalist*innen der befragten Nachrichtenportale sind von Hassrede und Trolling betroffen
In den letzten drei Jahren haben 60% ihren Umgang mit Kommentaren geändert
Mehr als 50% der Nachrichtendienste sind unzufrieden mit der Qualität der Kommentare
11% der Artikel wurden von Seiten aufgrund negativer und missbräuchliche Kommentaren entfernt
22% reagieren mit verschärfter Moderation auf diese Art von Kommentaren
2% moderieren gar nicht
Generell haben 82% der Nachrichtenportale ihre Seiten offen für Kommentare
Aufgrund der negativen und missbräuchliche Kommentaren werden Diskussio zunehmend zu Facebook verlagert
In Europa sorgt das Thema Migration für die meisten aufwieglerischen Kommentare
Fanning the Flames of Hate: Social Media and Hate Crime (University of Warwick, 2017)
Untersuchungsfeld: Soziale Medien, AfD
Die wichtigsten Ergebnisse:
In Gemeinden, wo es viele sehr aktive Nutzer*innen der AfD-Facebook-Seite gibt, gibt es viermal mehr Angriffe auf Geflüchtete als in Gemeinden ohne intensive Nutzung der AfD-Facebook-Seite
In Wochen, in denen besonders viele Hasskommentare auf der AfD-Facebook-Seite gepostet werden, kommt es vermehrt zu Angriffen auf Geflüchtete
Den gleichen Effekt hat es, wenn es unter den Nutzer*innen der AfD-Facebook-Seite, die in einer Gemeinden wohnen, zu einem besonders regem Austausch in Form von Likes oder Kommentaren auf der AfD-Seite kommt
Internet-Ausfälle in einer Gemeinde schwächen den Effekt zwischen Hasskommentaren und Übergriffen auf Flüchtlinge deutlich ab, da diese zumindest einige Facebook-Nutzer*innen temporär von Online-Kommentaren abschneiden.
In den Gemeinden ohne Nutzer*innen der AfD-Facebook-Seite kommt es zu signifikant weniger Angriffen auf Menschen mit Fluchterfahrungen.
Wenn es mehr flüchtlingsfeindliche Postings gibt, steigt die Zahl der Brandstiftungen, Übergriffe und Sachschäden.
In den Gemeinden ohne Nutzer*innen der AfD-Facebook-Seite kommt es zu signifikant weniger Angriffen auf Menschen mit Fluchterfahrungen.
Hasskommentare im Netz. Steuerungsstrategien für Redaktionen ( Landesanstalt für Medien NRW, 2018)
Die wichtigsten Ergebnisse:
Straf-/Zivilrechtliche Konsequenzen gegen Hassrede: Verleumdungen, Beleidigungen und Volksverhetzung sind ebenso wenig von der Meinungsfreiheit gedeckt, wie Aufrufe zu Straf- oder Gewalttaten keine Kavaliersdelikte sind
Argumentatives Sprechen gegen Hassrede um zu Versuchen dissoziale Diskurse in konstruktive Dialoge zu verwandeln
Hassrednerinnen und Hassredner sowie Hassrede dekonstruieren: Das Zerlegen populistischer und rechtsextremer Aussagen kann einen positiven Effekt auf die Mitlesenden haben
Kommentare für andere Nutzerinnen und Nutzer unsichtbar machen, während diese für sie selbst noch sichtbar bleiben
Sich mit Betroffenen und Gegnerinnen und Gegnern von Hassrede solidarisieren
Betroffene sowie Gegenrednerinnen und Gegenredner zielgerichtet im Diskurs stärken
Zum weiterlesen:
Toxische Narrative. Monitoring rechts-alternativer Akteure – Amadeu Antonio Stiftung
Leitfaden für Journalist*innen zum Umgang mit Hassrede im Netz – No Hate Speech Movement, Neue deutsche Medienmacher e.V.