Das Bundesschiedsgericht der AfD hat in einem Eilverfahren den Antrag von Andreas Kalbitz abgelehnt, der wegen seines Rauswurfs aus der Partei vor das Gericht gezogen war. Erst am 19.06. hatte das Berliner Landgericht die Annullierung seiner Parteimitgliedschaft für unzulässig erklärt. Auf Bestreben des Parteivorsitzenden Meuthen entschied der Bundesvorstand Mitte Mai, dass Kalbitz die Partei verlassen muss, weil er Mitgliedschaften in rechtsextremen Organisationen verschwiegen habe.
Die sieben Mitglieder des Parteigerichts beschlossen den neuerlichen Rauswurf mit großer Mehrheit. Sieben Mitglieder haben laut Medienberichten dafür gestimmt, es gab eine Enthaltung und eine Gegenstimme. Dabei handelt es sich aber offenbar um ein weiteres Eilverfahren, eine endgültige Entscheidung soll erst Ende Juli erfolgen. Laut Informationen der ARD soll es dem Schiedsgericht darum gehen, weiteren Schaden von der Partei fernzuhalten. Würde Kalbitz sich an Entscheidungen des Bundesvorstandes beteiligen, dann aber in der endgültigen Entscheidung des Schiedgerichts doch wieder ausgeschlossen werden, könnten solche Vorstandsbeschlüsse angefochten werden.
Auswirkungen könnte die Entscheidung des Parteigerichtes schon heute haben, denn am Nachmittag tagt der Bundesvorstand der Partei, in dem auch Kalbitz sitzt oder saß oder jetzt wieder sitzt. Danach findet eine Klausurtagung mit allen Landesvorsitzenden statt. Denn das Landgericht Berlin, dass den Rauswurf für unwirksam erklärt hatte, hatte festgelegt, dass Kalbitz seine Mitgliedsrechte in der Partei bis zu „einem rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens“ wieder zurückerhalten müsse. Dieses Verfahren läuft allerdings noch. Das heißt, aktuell ist Kalbitz Mitglied des Bundesvorstandes und auch wieder Fraktionsvorsitzender im Potsdamer Landtag. Ohnehin hatten seine Fraktionskolleg*innen extra die Geschäftsordnung geändert, um ihn weiter in der Fraktion behalten zu können.
Eigentlich könnte Kalbitz also an der heutigen Sitzung des Parteivorstandes teilnehmen. Laut dem Protokoll des Landgerichtes drohen den beiden Bundesvorsitzenden Jörg Meuthen und Tino Chrupalla – der sich gegen den Rauswurf ausgesprochen hatte – ein Ordnungsgeld von 250.000 Euro oder bis zu sechs Monate Ordnungshaft, sollten Kalbitz Mitgliedsrechte eingeschränkt werden, also wenn beispielsweise verhindert wird, dass er an der Vorstandssitzung teilnimmt.
Bei Zeit Online äußert sich dazu der Parteienrechtsexperte Martin Morlok. Er hält das Urteil des Landgerichts für bindend: „An die Entscheidung eines staatliche Gerichts muss sich die Partei halten.“ Die einzige Möglichkeit für die Partei sei es, eine schnelle Hauptverhandlung vor dem Schiedsgericht anzustrengen, um die verfahrene Situation zu klären. Aber auch diese Entscheidung muss nicht endgültig sein. Denn Kalbitz könnte dagegen juristisch vor einem regulären Gericht vorgehen.
Meuthen, der den Rausschmiss von Kalbitz überhaupt erst durchgesetzt hatte, forderte zunächst, dass Kalbitz nicht an der heutigen Sitzung teilnehmen solle: „Wenn Andreas Kalbitz das Parteischiedsgericht respektiert, kann er morgen unmöglich an der Sitzung des Bundesvorstands teilnehmen.“ Kalbitz hatte bereits unmittelbar nach der Entscheidung erklärt: „Ich werde nach jetzigem Stand selbstverständlich sowohl an der Bundesvorstandssitzung als auch an der Klausurtagung teilnehmen.“
Immer wieder versucht die Partei ihre angebliche „Bürgerlichkeit“ und Regierungsfähigkeit zu betonen. Im Nachgang der Landtagswahlen in Thüringen und Brandenburg wollten die Rechtsradikalen gar eine Regierungsbeteiligung daherreden. Dabei werden aktuell auf großer Bühne hauptsächlich Streitereien bis aufs Messer gezeigt, während die Partei auch weiter Antworten auf drängende Fragen, wie die Corona-Krise, vermissen lässt.