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Baden-Württemberg Heimlicher völkischer Maitanz in Hüttlinger Bürgersaal aufgeflogen

Für einen „Maitanz“ nimmt die völkische Szene in der Ostalb einen Bürgersaal für sich in Anspruch. Als das auffliegt, verhindert es die Gemeinde nicht. Bei einer möglichen Wiederholung will sie aber frühzeitig reagieren.

 
Völkischer Maitanz in der Limeshalle in Hüttlingen - Blick von außen auf die Tanzenden. (Quelle: Tim Mönch)

Ein „ganz besonders großer Tanzsaal mit 500 Quadratmetern“ stehe dieses Jahr zum „Maitanz im Süden“ zur Verfügung, freuten sich Gudrun und Gerald W. in ihrer Einladung über die Anmietung des Hüttlinger Bürgersaals (Kultur- und Sportzentrum Limeshalle). Für Übernachtungen stehe ein großes Gemeinschaftszelt auf einer Wiese zur Verfügung. Die Information kursierte in rechtsradikalen Kreisen – und dort sollte sie auch bleiben. Doch durch Recherchen flog das Treffen im Vorfeld auf.

Angemeldet hatten die Hüttlinger das völkische Treiben als „privaten Tanz in den Mai“, erklärte der zuständige Hauptamtsleiter noch vor der Veranstaltung auf einen Hinweis zur politischen Ausrichtung der Veranstaltung. Allerdings lägen „keine ausreichenden Informationen“ vor, um den Mietvertrag zu widerrufen. Eine Konfrontation und Überprüfung des Mieters der Halle habe nichts ergeben. Dieser sei bislang „weder positiv noch negativ aufgefallen“, so der Hüttlinger Bürgermeister Günter Ensle. Der bloße Hinweis eines Journalisten reiche nicht aus.

Rechtsbündische und identitäre Maitänzer*innen

Tatsächlich reisten ab Samstagnachmittag mehr als 70 Personen etwa aus Baden-Württemberg, Hessen und Bayern zum „Maitanz im Süden“ an. Darunter waren junge Leute vom „Sturmvogel – Deutscher Jugendbund“. Die Mitbegründerin dieses Bundes, einer Abspaltung der seit Jahrzehnten verbotenen Wiking-Jugend, war Edda Schmidt aus Bisingen. Schmidt gilt als Brauchtumsexpertin der NPD und betont, wie wichtig Veranstaltungen wie die in Hüttlingen für die Szene sind: „In unseren Festen ist trotz der Überfremdung die Weltanschauung des nordischen Menschen erhalten geblieben. Die Brauchtumspflege ist ein Bollwerk gegen Umerziehung“.

So fanden sich in Hüttlingen auch eine Schmidt-Enkelin, deren Ehemann und weitere Familienmitglieder aus dem Raum Winnenden ein. Auffällig ist, dass viele wie diese jungen Volkstänzer*innen nicht nur im rechtsbündischen Milieu aufwuchsen, sondern inzwischen auch in Gruppierungen wie der rechtsradikalen „Identitären Bewegung Schwaben“ aktiv sind oder bei Aktionen von „Studenten stehen auf“ auftreten. Zum Brauchtumsfest in Hüttlingen reiste auch eine Gruppe um den Identitären Sven E. an. Gäste aus dem fränkischen Miltenberg übernachteten im Bus vor der Limeshalle.

Gemeinde will künftig frühzeitig reagieren

Verbindungen in die Szene hat auch der Organisator des Maitanzes selbst. So nahm er etwa mit einem Neu-Ulmer Identitären-Anhänger erst im vergangenen Jahr an einer „Eheleite“ in Niedersachsen teil. Für Presseanfragen waren Gudrun und Gerald W. allerdings auch zwei Wochen nach der Veranstaltung nicht zu erreichen.

„Um es ganz klar zu sagen: Dass derartige Veranstaltungen in Hüttlingen durchgeführt werden, ist nicht in meinem Sinne und auch nicht im Sinne des Gemeinderats oder der Bürgerinnen und Bürger. Und ich gehe davon aus, dass eine derartige Veranstaltung in Hüttlingen nicht mehr stattfindet“, erklärt Bürgermeister Günter Ensle am Mittwoch auf Belltower.News-Anfrage. Falls es ein nächstes Mal gäbe, wolle die Gemeinde frühzeitig reagieren.

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