Weiter zum Inhalt Skip to table of contents

„Biodeutsch“ – der schlechte Versuch, das Deutschsein neu zu benennen

Von|
Sami Omar (Quelle: sami-omar.de)

„Biodeutsch“ wird als Selbstbezeichnung deutscher Bürger*innen gebraucht, wenn es gilt, sich von solchen zu unterscheiden, die ihr Leben vor einem der unvergänglichen Migrationshintergründe fristen. Die Selbstbezeichnung „biodeutsch“ ist nichts als die Vortäuschung guter Absicht – die Vermeidung direkter Beleidigungen und Reduzierungen. Sie ist der Laubbläser zwischenmenschlicher Kommunikation. Sie ist der schlechteste unter den modernen Versuchen, das Deutschsein neu zu benennen.

„Biodeutsch“ lädt dazu ein „mit einem naturalistischen Begriff des Volkes ausgefüllt zu werden – mit einer ethnozentrischen, latent kriegerischen Deutung der Nation“*. Es ist das Gegenteil dessen, was die Absicht des Wortes zunächst vorgibt zu sein. Nicht-biodeutsch-sein ist ein unabänderlicher Ausschluss. Unsere Sprache ist voll von derlei metaphorischen Würgegriffen: Integrationswille – Deutschtürke – fremde Wurzeln.

Hoffnung und Zuversicht nähren sich an Möglichkeiten. Begriffe, die die Essenz des Deutschseins in der Biologie verorten, deuten auf ewiges Fremdsein. Es bleiben so keine Möglichkeiten auf Teilhabe am Deutschsein und damit keine Hoffnung.

Ich nenne es das Dobrint-Spahn-Paradoxon:

Integration fordern – Desintegration fördern!

Nach einer Veranstaltung sprach kürzlich wieder jemand zu mir und bezeichnete sich dabei als „biodeutsch“. Ich war zu müde für Widerspruch und machte eine Faust in meiner Hosentasche. Nur ein Finger wollte sich nicht beugen!

*J. Habermas über eine Lücke in der rechtlichen Konstruktion des europäischen Verfassungsstaates,

 

Der Autor und Moderator Sami Omar schreibt und arbeitet zu den Themen Migration, Integration, Rassismus und Diskriminierung für Print und Online-Medien. Er tritt als Referent zu diesen Themen auf und moderiert Veranstaltungen aus Politik und Kultur. Sami Omar ist Kampagnenreferent und Mitarbeiter eines Fachdienstes für Integration und Migration bei einem deutschen Wohlfahrtsverband. 2016 erschien sein zweites literarisches Werk „Geht schon, danke“. Seine Kurzgeschichten erscheinen in Literaturzeitschriften, Anthologien und sind Teil seines abendfüllenden Bühnenprogramms, mit dem er deutschlandweit auftritt. Sami Omar wurde 1978 als Sohn eritreischer Eltern im Sudan geboren und wuchs als Kind deutscher Eltern im schwäbischen Ulm auf. sami-omar.de

Weiterlesen

sami omar 2019-02-28_140557

Sami Omar Wie ich meinen Kindern erkläre, mit Alltagsrassismus umzugehen

Wie erklärt man seinen Kindern, dass sie manchmal anders behandelt werden als die weißen Mitschüler*innen? Wie erklärt man seinen Kindern, dass ein Mann einen anderen Mann wegen dessen dunkler Hautfarbe verletzen wollte? Sami Omar versucht es in einem Brief an seine Kinder.

Von|
IMG_6881

Können wir Nazis noch als Nazis benennen?

„Das wird man doch wohl noch sagen dürfen.“ Mit diesem Satz erobern sich Rechte und Rechtsextreme immer neue Debattenräume. Und während Debatten nach rechts wandern, verfallen wir in eine Sprachkrise, meint der Autor Tobias Ginsburg. Er hält es für absolut notwendig, Faschisten auch als solche zu bezeichnen.

Von|
sami omar 2019-02-28_140557

Sami Omar „Ein Brief an meine Kinder“

Erwachsen werden ist nicht leicht, vor allem wenn man neben der ersten großen Liebe, Freundschaften und Schule auch noch mit Rassismus klar kommen muss. Ein Gastbeitrag von Sami Omar.  

Von|
Eine Plattform der