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Braune Aktivitäten Rechtsextreme störten Friedensgebet in sächsischer Gemeinde

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Foto: H. Kulick

Das ökumenische Friedensgebet unter dem Motto „Richte unsere Füße auf den Weg des Friedens“ wurde aus Solidarität der Kirchengemeinde sowie der Stadt mit Bewohnern von Colditz veranstaltet, die im Februar dieses Jahres Opfer massiver Bedrohungen durch Neonazis geworden waren. Gesicht gegen Rechtsextremismus zeigten zu diesem Anlass nicht nur Gemeindemitglieder, sondern auch lokale Politiker, wie die Landrätin Petra Köpping (SPD), der Landrat Gerhard Gey (CDU) und Grimmas Bürgermeister Matthias Berger.

Zunahme von rechtsradikalen Übergriffen in Colditz

Die Region Colditz bei Grimma in Mittelsachsen geriet immer wieder durch mitunter gewalttätige Aktionen junger Rechtsextremer negativ in die Schlagzeilen. So berichtete beispielsweise der MDR Regional am 25. Februar 2008 von zahlreichen Übergriffen rechtsradikaler Jugendlicher, mit denen sie linksorientierte Konzerte stören wollten. Außerdem kam es innerhalb weniger Wochen auch zu Vorfällen, wie tätlichen Angriffen gegenüber vermeintlich linksorientierten Bewohner*innen und Mitarbeiter*innen in Döner-Imbissen. Die Pfarrerin der Kirchengemeinde Angela Lau sagt: „Unser Friedensgebet war eine Antwort darauf, dass Familien aus unserer Stadt bedroht werden von den Neonazis. Es war ein Zeichen der Solidarität“.

Auf die Begegnung mit Rechtsextremen beim Friedensgebet war man jedoch keinesfalls gefasst. Als der anwesende Bürgermeister auf die in den hinteren Reihen der Kirche sitzenden Rechtsextremen aufmerksam wurde, ging Pfarrerin Lau auf die Gruppe zu und fragte sie direkt nach ihrer Gesinnung. Diese stritten ab, rechtsextreme Einstellungen zu vertreten. Lau beriet sich mit den Kirchvorstehern über den Umgang mit dem Besuch und sie entschieden „sie drin zu lassen, solange sie nicht stören. Ich kann sie doch nicht kriminalisieren“.

Während der Veranstaltung wartete ein Teil der mit einem NPD-Bus vorgefahrenen Gruppe von etwa 60 bis 70 Rechtsextremen vor der Kirche und empfing nach Ende des Friedensgebets die Gemeinde mit Transparenten, auf denen sie sich als aus der Gesellschaft Ausgeschlossene darstellten und die Besucher zum „Dialog“ aufforderten. Neben Winfried Petzold, sächsischem NPD-Landtagsabgeordneten, und lokalen Neonazis war der Großteil der rechtsextremen Aktivisten von Auswärts angereist.

Video der Rechtsextremen vom Friedensgebet

Kaum jemand registrierte während des Gebets, dass die rechtsextremen Besucher andere Teilnehmer der Veranstaltung filmten und fotografierten. Das wenige Tage später auf einschlägigen Internetseiten der Rechtsgesinnten auffindbare dreieinhalbminütige Video zeigt von ihnen kommentierte Ausschnitte des Friedensgebetes. So wurden Fotos aus der Kirche unterlegt mit dem Kommentar: „Um den gähnend leeren Kirchenraum etwas aufzufüllen und um den geistreichen Worten der Provinzprominenz zu lauschen, haben einige regionale Aktivisten auf dem harten Kirchengestühl Platz genommen“. Zudem werden im Video die Transparente der vor den Kirchentüren wartenden Rechtsgesinnten gezeigt, auf denen steht: „Warum kämpft Ihr gegen uns? Dialog verweigern, verleumden, ausgrenzen, verfolgen, zerstören, verbrennen. Schaut auf die Scheinwerfer und selbsternannten Gutmenschen!“ und „Redet miteinander, grenzt nicht aus, schafft Freiheit, Würde und Recht!“. Absurd, wenn man sich die gewalttätigen Vorfälle rechtsextremer Gruppierungen der letzten Zeit in der Region durch den Kopf gehen lässt.
Problematisch ist die Veröffentlichung dieses Videos wohl vor allem für jene, die von Rechtsextremen bedroht oder gar bereits angegriffen wurden. Dass ihre Angst nach der Veröffentlichung des Videos zugenommen hat, scheint unzweifelhaft.

„Das Friedensgebet war aber dennoch ein Erfolg“

Zwar haben sich einige Gemeindemitglieder von dem vor die Kirche gefahrenen NPD-Bus von der Teilnahme am Gebet zurückschrecken lassen. Dennoch bewertet Pfarrerin Angela Lau die Veranstaltung des Gebets als vollen Erfolg. Die Veranstaltung selbst wurde durch das Auftreten der Rechten nicht gestört, auch wenn sich der ein oder andere nach Lau gestört fühlten. „Ansonsten war das Gebet ein Erfolg. Erstens haben wir ein Zeichen gesetzt. Wir wollten uns als Kirchengemeinde deutlich zu erkennen geben, dass wir uns mit den Opfern solidarisieren und gegen Gewalt sind. Das ist gelungen.“

Im Herbst plant die Gemeinde ein Gebet unter diesem Motto zu wiederholen. Notwendig sei nach Pfarrerin Angela Lau nun jedoch eine deutliche Rückenstärkung durch die Landeskirche. Die Kirchengemeinde will fortan mehr Kraft in Aufklärungsarbeit investieren und Gemeindeveranstaltungen zum Thema initiieren sowie Jugendveranstaltungen gemeinsam mit Schulen organisieren. Dafür benötige die Kirchengemeinde Vorsteher, die sich wagen, Position gegen Rechtsextremismus zu beziehen und damit gewissermaßen Vorbild für eine solidarische Gemeinde zu sein.

Susanne Beyer

Dieser Beitrag ist ursprünglich auf dem Portal „Mut gegen rechte Gewalt“ erschienen (2002-2022).

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