Der rechts-außen AfD-Bundestagsabgeordnete Petr Bystron besuchte im Spätsommer die paramilitärische, rassistische Gruppe „Suidlanders“ in Südafrika. Diese Gruppe geht davon aus, dass es in baldiger Zukunft zu einem Genozid der schwarzen Bevölkerung an den Weißen geben wird. Darauf bereiten sie sich und Unterstützer*innen vor. Sie spielen Bürgerkrieg, veranstalten Schießtrainings und schulen ausschließlich weiße Menschen darin, wie sie im Falle eines „Rassenkriegs“ zu reagieren haben. Der Ausgangspunkt all dessen ist die rassistische Annahme einer Überlegenheit der weißen „Rasse“.
Mit Steuergeldern finanzierte Reise zu rassistischen Schießtraining
Petr Bystron, Mitglied im Auswärtigen Ausschuss des Bundestags, reiste auf Kosten der Steuerzahler*innen zu eben jener Gruppe nach Südafrika, um sich, wie er gegenüber einem Reporter von „Report Mainz“ behauptete, ein umfassendes Bild über das Land zu machen. In einem Reisebericht den Bystron in dem neurechten Magazin „Cato“ veröffentlichte, schwärmt er über die „milizartig organisierten Suidlanders, die sich für den Katastrophenfall rüsten, bei dem weiße Südafrikaner enteignet und angegriffen werden.“
Und tatsächlich trainieren die „Suidlanders“ regelmäßig im paramilitärischen Stil und bilden Interessierte an den Waffen aus. Auch Bystron absolvierte bei seinem Besuch ein Schießtraining. Verwerflich findet Bystron das aber offenbar nicht. Dem „Report Mainz“-Journalisten erwidert er bloß, natürlich habe er geschossen, er sei ja schließlich Jäger.
Zutiefst rassistische Ideologie
Laut eigenen Angaben hat die „Bewegung“ 130.000 Unterstützer*innen weltweit. Damit wäre sie die größte Prepper-Organisation der Welt. Ein Mitgliedsverzeichnis, das diese Zahlen bestätigt, gibt es jedoch nicht. Für Bystron seien die „Suidlanders“ nur eine Organisation der Zivilgesellschaft, wie er dem Journalisten von „Report Mainz“ erläutert. Doch handelt es sich bei diesen Preppern tatsächlich nur um eine normale Organisation? Nein. Sie vertreten ein zutiefst diskriminierendes Weltbild, das auf eine „Rassenbiologie“ fußt, nach der die „weiße Rasse“ schwarzen Menschen überlegen sei.
Den „Suidlanders“ gehören, lose organisiert, größtenteils weiße Buren an heißt es in einem Artikel in der Welt, Nachfahren von niederländischen Calvinisten und französischen Hugenotten, die sich ab dem 17. Jahrhundert am Kap angesiedelt haben und während der Apartheid die Regierung dominierten. Von den rund 57 Millionen Südafrikaner*innen, gehören ihnen etwa drei Millionen an. Und nur ein kleiner Teil dieser fünf Prozent der Bevölkerung glaubt an die Erzählung eines drohenden „Rassenkriegs“. Doch dieser kleine Teil macht ganz schön Wirbel, vor allem im Ausland.
Genozid an den Weißen: Ein willkommenes neurechtes Narrativ aus Südafrika
2017 reiste der Sprecher der „Suidlanders“, Simon Roche, für mehrere Monate durch die USA und klapperte eine Alt-Right-Konferenz nach der anderen ab. Dabei war Roche mehrmals zu Gast in „Infowars“-Videos des Alt-Right-Showmaster Alex Jones, wo er um finanzielle Hilfe für seine „Bewegung“ bat. Im August 2017 beteiligte er sich zudem an dem rechtsextremen „Unite the Right“-Marsch in Charlottesville, bei der eine junge Frau von einem Neonazi getötet wurde. Bei dem Besuch in den USA kam es auch zu einem Treffen mit einem der bekanntesten Neonazis der Welt, dem ehemaligen Ku-Klux-Klan-Chef David Duke. Simon Roche sagte dazu zwar im Interview, er habe nicht gewusst, um wen es sich hier handelt. Dabei haben die Suidlanders das Treffen mit dem Ex-Ku-Klux-Klan-Chef selbst gepostet – aus Versehen, wie sie heute sagen. Der Tweet wurde mittlerweile gelöscht.
Bewegt man sich in den verschiedenen Propaganda-Kanälen der Alt-Right und der sogenannten „neuen“ Rechten stößt man schnell auf das Thema der „unterdrückten Minderheit der weißen Farmer“ in Südafrika. Einige der wichtigsten Multiplikatorinnen sind die Youtuberinnen Lauren Southern und Katie Hopkins. Vor wenigen Tagen erst konnte Simon Roche sogar auf Einladung der konservativen EKR-Fraktion im Europaparlament in Brüssel auftreten und dort vom “Genozid an den Weißen” fantasieren.
Befeuert wird die rechte Erzählung durch eine geplante Landreform: Zwar machen Weiße in der „Regenbogennation“ nur ungefähr 10 Prozent der Bevölkerung aus, aber knapp ein Vierteljahrhundert nach dem Ende des rassistischen Apartheid-Regimes gehört ihnen immer noch etwa 72 Prozent der landwirtschaftlich genutzten Flächen. Schwarzen war der Landbesitz während der Apartheid-Jahre verboten. Dieses Ungleichgewicht soll durch eine entschädigungslose Enteignung weißer Farmer*innen etwas angepasst werden. Wobei die Regierungspartei ANC klar gestellt hat, dass man es allein auf ungenutztes Land abgesehen habe.
Genozid an den Weißen in Südafrika?
Trotzdem ist die Landreform ein gefundenes Fressen für die Alt-Right und die „neue“ Rechte: Der weiße Mann als unterdrückte Minderheit, dem sein Hab und Gut entrissen werden soll. Hervorragend zu ihrer Propaganda passt zudem die Verschwörungserzählung vom Genozid an weißen Farmer*innen in Südafrika. Tatsächlich ist die Kriminalität in Südafrika hoch, die macht allerdings überhaupt keinen Unterschied zwischen Schwarz und Weiß macht. Auch schwarze Farmer werden also Opfer. Die bestialischen Fakenews über ermordete Farmers-Kinder eignen sich für die extreme Rechte hervorragend als dystopische Aussicht, um so Angst bei Anhänger*innen zu schüren und sie so zu zum Handeln zu motivieren. Gareth Newham vom „Institute of Security Studies“ (ISS) in Südafrika, meint jedoch gegenüber CNN, dass es keine Beweise dafür gebe, dass eine bestimmte Gruppe absichtlich weiße Farmer aus politischen Gründen töte. Bei Morden an weißen Farmer*innen handele es sich in aller Regel um Raub. Auch die tatsächlichen Zahlen sprechen gegen eine gezielte Tötung von Farmer*innen. Zwar ist die Mordrate in Südafrika überdurchschnittlich hoch, doch nicht die an weißen Farmern. Doch offizielle Statistiken werden von den „Suidlanders“ angezweifelt.
Auch Donald Trump befeuert das Narrativ des unterdrückten Weißen
Ganz besondere Aufmerksamkeit erhielt die Erzählung um Morde an weißen Farmen im August durch einen Tweet des US-Präsidenten.
Warum ist das Anliegen von ein paar tausend weißer Farmer*innen Trump ein solches Anliegen, dass er sich in Interna der südafrikanischen Regierung einmischt? Der derzeitige US-Präsident ist nicht gerade dafür bekannt, seine Informationen aus seriösen Quellen zu beziehen. Vielmehr gilt er selbst als Verbreiter von Fakenews. Das Thema um den angeblichen Genozid an Weißen in Südafrika war kurz zuvor Thema beim rechten Sender „Fox News“ gewesen. Simon Roche glaubt, dass seine Lobbyarbeit in den USA Einfluss auf den Tweet des Präsidenten gehabt habe.
Und auch Deutschlands extrem rechte Szene feiert diese rassistische Gruppe. Die rechte Hetz-Postille „Jouwatch“ bezeichnet die „Suidlanders“ beispielsweise als „Schutzschild der Weißen in Südafrika“ und “Compact” führte ein Interview mit Lauren Southern über „den Genozid in Südafrika”.
Wegen seines Besuchs bei den „Suidlanders“ muss sich Petr Bystron nun in der nächsten Sitzung des AfD-Fraktionsvorstands Mitte Januar erklären.