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Compact-Magazin Hand in Hand mit Rechtsextremen

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Die Monats-Ausgaben im Compact-Shop. (Quelle: Screenshot von Compact-Shop)

This article is also available in English. Dieser Text entstand im Rahmen des Projektes „Get The Trolls Out“.

Das Magazin beschreibt sich selbst als „stärkstes deutschsprachige politische Medium im Kampf gegen die Neue Weltordnung der globalen Eliten“. Compact inszeniert sich als „einziger ehrlicher Journalismus für das Volk“ und versucht möglichst viele ins Boot zu holen. Die Themen sprechen verschiedenste Zielgruppen an: von jung bis alt, Christ:innen und Esoteriker:innen, Demokratiefeinde, Klimaleugner:innen, Rechtsextreme. Fast wie „Querdenken“ in Textform und in Hochglanz. Im März 2020 – noch bevor die Covid-Pandemie zum Lieblingsthema des Magazins wurde – wurde die Compact Magazin GmbH als rechtsextremer Verdachtsfall eingestuft. Mittlerweile hat der Verfassungsschutz entschieden, das Magazin sei „gesichert extremistisch“ mit „rechtsextremen Bestrebungen“.

Als Grund dafür nannte der Verfassungsschutz bereits Ende 2020 die Bestrebungen der GmbH gegen eine freiheitlich demokratische Grundordnung, im Besonderen gegen die Menschenwürde und das Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip. Nun konkretisierte das Bundesamt auf Anfrage der ARD: „Die Compact-Magazin GmbH trägt Positionen und Aussagen in die Öffentlichkeit, die als völkisch-nationalistisch sowie minderheitenfeindlich zu bewerten sind“. 

Das Magazin erscheint seit 2010, ist laut eigenen Angaben an 17.000 Verkaufsstellen deutschlandweit zu erwerben und hat eine Auflage von 40.000 Exemplaren monatlich. Ihre hetzerischen und demokratiefeindlichen Inhalte verbreiten sie auf mehreren Wegen: als monatliches Print-Magazin im Laden, durch thematische Spezial-Ausgaben, auf der Webseite, durch tägliche Nachrichten-Sendungen auf YouTube (über 150.000 Abonnent:innen), bei Telegram (über 61.000 Abonnent:innen) und auf Twitter (über 31.000 Abonnent:innen). Das Monats-Abo bekommt man für rund 60 Euro: Versand in diskreter Versandtasche, damit die Nachbar:innen auch nicht sehen, was man da bestellt hat.

Der Vertrieb und das Layout sind professionell, anders als die meisten alternativen Medien. Chefredakteur ist seit der Gründung Jürgen Elsässer. Er ist ziemlich präsent und inszeniert sich gerne auf Porträt-Fotos nachdenklich mit Zigarette. Am liebsten in schwarz-weiß, ein Denker. Elsässer war früher Kommunist und kommt eigentlich aus dem linken Journalismus: Jungle World, neues deutschland, konkret. In rechtspopulistischen Medien und in der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit sah er wohl eine größere Chance, zu einer wichtigen Stimme zu werden. 

Durch Internet-Tools wie „Crowdtangle“ kann man nachvollziehen, auf welchen anderen Plattformen und von wem Webseiten geteilt werden. Auch die Verbreitung von Compact Online-Seiten lassen sich so verfolgen. Die Verbreitung der Compact Online-Startseite sieht so aus: Ganz vorne mit dabei sind die „Freien Sachsen“, AfD-Verbände und AfD-Politiker:innen, „Die Basis“ oder „Querdenken“-nahe Gruppen wie „Erwachen aus der Matrix“ und „Corona Impfschäden“. Aber auch ein Neonazi wie Tommy Frenck scheint dem Magazin soweit zu vertrauen, um auf Facebook auf Compact-Artikel zu teilen.

Mit „crowdtangle“ lässt sich nachvollziehen, wo und von wem Webseiten geteilt werden (Quelle: Screenshot)

Das Magazin will laut Selbstbeschreibung alles in Frage stellen, was die angeblichen „Mainstream-Medien“ und „die da oben“ von sich geben. Statt  „politischer Korrektheit“ will das Team um Elsässer „ehrlichen Journalismus in Zeiten der Lüge“ liefern. Tatsächlich geht es aber nicht um professionellen oder investigativen Journalismus. Die Autor:innen des Magazins benutzen stattdessen abwertende Sprache, emotionale Bild-Untermalung und apokalyptische Polemik, um zu polarisieren und ihre Inhalte zu verkaufen.

9/11, Great Reset und Deep State

Man könnte meinen, die Covid-Pandemie sei das beste, was dem Magazin passieren konnte. Seitdem sind die Unfähigkeit der Politiker:innen, „Impf-Kriege“ und die Verschwörungserzählung von einer Diktatur die Top-Themen. Um die vermeintlichen Enthüllungen zu bekräftigen, wird auf bereits bestehende antisemitische Chiffren zurückgegriffen und versucht, mit diesen die Welt zu erklären. Das Magazin verbreitet nicht nur konspirative Mythen, vielmehr perfektioniert sie diese, indem sie Verschwörungserzählungen aufnehmen und sie weiterspinnen. Viele Artikel „entlarven” vermeintlich geheime Pläne und benennen angeblich einflussreiche Akteur:innen. In der Mehrzahl der Artikel stößt man auf solche antisemitische Codes: Globalisten, George Soros und Bill Gates, der Great Reset, die Neue Weltordnung, das Finanzkapital oder Deep State. Das Magazin schafft eine konspirative Märchenwelt, in der es immer fünf vor zwölf ist. „Überleben in der Impf-Diktatur“, „Wuhan: Biowaffen für den Great Reset“, „Vorboten des Posthumanismus“ und „Boostern bis zum Tod“ sind nur einige Beispiele für diese Weltuntergangs-Stimmung.

Bühne für reaktionäre Christ:innen

Dauerbrenner ist der Great Reset („der große Umbruch/Neustart”). Laut dieser Verschwörungserzählung würden die weltweite Politik und Wirtschaft von mächtigen Akteur:innen gesteuert, die den Menschen ihren Besitz nehmen wollen und alles für die Einführung eines globalen sozialistischen Systems vorbereiten. Gemeinsam mit Klaus Schwab und George Soros steht das Weltwirtschaftsforum hierbei im Zentrum der Macht und soll Gesellschaft und Staatliches in eine sozialistische Öko-Diktatur führen. Alles, was in der Welt passiert, soll Folge oder Ziel dessen sein. 

Compact hat kürzlich sowohl online als auch in Print-Form eine Reihe „Der Great Reset: Die letzte große Lüge“ des katholischen Erzbischofs Carlo Maria Vigano veröffentlicht. Die Artikel-Reihe beschäftigt sich ausführlich damit, wer denn nun hinter diesem ganzen Corona-Wahn und der damit verbundenen „Revolution Satans“ steckt. Vigano gilt schon länger als kirchlicher Verschwörungsideologe und ist fest davon überzeugt, die Pandemie sei inszeniert. Die wissenschaftlichen Untersuchungen und Studien zu Covid-19 und den Folgen nennt er „globale Lüge“ oder „das (offizielle) Covid-Narrativ“ und suggeriert damit, es würde eine ganz andere, „echte“ Erklärung dafür geben.

Schon im ersten Absatz eines Artikels aus der Reihe liest man „wie Globalisten im Hintergrund die Strippen ziehen” und von den „finsteren Pläne von Soros, Schwab und Co“. Er bedient sich aber nicht nur an diesen antisemitischen Codes, sondern auch am muslimfeindlichen Narrativ der „Umvolkung” bzw. des „großen Austauschs“ der Bevölkerung in Europa: Muslim:innen werden demnach als Geflüchtete getarnt nach Europa eingeschleust und sollen zur neuen Mehrheitsgesellschaft werden. Auch die jüngsten Äußerungen des Kardinals Gerhard Ludwig Müller zu einer Weltverschwörung, Gleichschaltung und totalen Kontrolle verteidigt Compact. Er wird als einer der Wenigen gefeiert, die sich noch trauen würden, die Wahrheit auszusprechen. Im religiös-esoterischen Compact-Spezial zu „Das große Erwachen” dürfen sich katholische, protestantische, russisch-othodoxe und anthroposophische „Denker:innen“ zum Kampf gegen den Great Reset äußern.

Eine rechte Hand wäscht die andere 

Compact ist aber nicht einfach nur ein Verschwörungs-Magazin, in dem Impf- und Demokratie-Gegner:innen Heimat und Bestätigung finden sollen, sondern auch Verbreitungskanal für rechtsradikale Intellektuelle. Neben einer Werbe-Anzeige für den Shop der rechten Hooligan-Band „Kategorie C” stößt man auf rechtsextreme und nationalistische Ideologien. Etwa auf die des russischen neurechten Theoretikers und Verfechters der Eurasischen Bewegung, Alexander Dugin. Seine Bücher werden bei Compact beworben. Alain de Benoist, einer der einflussreichsten Denker der französischen „Neuen” Rechten darf seine Ideologie in einem Interview ebenfalls verbreiten. 

Compact pflegt ein aktives Netzwerk zu Organisationen und Bewegungen, die vom Verfassungsschutz beobachtet werden. So hat beispielsweise Martin Sellner, das bekannteste Gesicht der „Identitären Bewegung”, bei Compact seine eigene Kolumne „Sellners Revolution” und rezensiert das Magazin regelmäßig in seinen Videos. Gemeinsam mit u.a. Götz Kubitschek (Institut für Staatspolitik, IfS) gründete Jürgen Elsässer die Initiative „Ein Prozent”, ein Netzwerk und Kampagnenagentur von und für österreichische und deutsche Rechtsextreme, die finanziell und ideologisch unterstützt werden. 

Um die rechtsextreme Szene auch wirklich anzusprechen, werden rechtsextreme Symbole eingestreut. Vor kurzem erst war die Schwarze Sonne auf einem Cover zu sehen. Zwar ist sie nicht verboten, aber genau deswegen zu einem der beliebtesten Symbole für die rechtsextreme Szene geworden, welches auch international als Erkennungssymbol fungiert. 

Compact Geschichte-Cover mit Schwarzer Sonne (Quelle: Compact)

Compact verbindet unterschiedliche Strömungen, von esoterischen Rechtsextremen bis hin zur antroposophisch angehauchten „Querdenker:innen” – und verdient damit Geld. Im Shop findet man neben Büchern internationaler Rechtsextremer wie Alexander Dugin auch die „Thule-Trilogie” von Wilhelm Landig. Der Autor war SS-Mitglied und behandelte in seinen Büchern auf rechtsextrem-esoterischer Weise Verschwörungserzählungen und Mythologie, die auch heute noch eine Rolle bei den Neuen Rechten spielen. Des Weiteren kann man im Compact-Shop Bücher über den Waldorf-Erfinder Rudolf Steiner oder über das Heilen durch die Natur, ganz ohne Medikamente, finden. Man stößt auch auf „Selbstversorger-Bibeln” und Anzeigen für Algenpulver-Kapseln. Eben für alle was dabei. 

Das einzige, was etwas fehl am Platz erscheint, ist die Werbung des Umzugsunternehmens Ebert. Oder genau richtig: Neben all dem Hetzen und Polarisieren muss man auch mal umziehen. Zum Beispiel ins Ausland. Fast schon die neueste Lieblingsmasche von Menschen, die genug von vermeintlicher Unterdrückung haben: Sie drohen an, bei Situation X und Wahlausgang Y auszuwandern, da ein Leben in Deutschland dann unzumutbar wäre, wie Verschwörungserzähler Oliver Janich, der auf die Philippinen flüchtete. Zwar kann man das Buch „Richtig Auswandern und besser leben” im Compact-Shop bestellen (Präferenz sind Länder „im Osten”). Jedoch schreibt Elsässer selbst „Auswandern? Wir bleiben!” und sieht in den Wahlergebnissen der AfD in Sachsen und Thüringen noch Hoffnung für Deutschland: „Björn Höcke ist der Wahlsieger der Blauen, er ist der Hoffnungsträger!”, schreibt der Chefredakteur in einem Artikel. Elsässer springt auf alle Züge auf, die Klicks und Käufe versprechen. Sein neuestes Projekt: „Impfstreik-Bündnis Deutschland”, gemeinsam mit dem als Verdachtsfall eingestuften „PI News”, der rechtsextremen Sammlungsbewegung „Freie Sachsen”, den selbsternannten Antifaschisten vom „Demokratischen Widerstand” und der Rechtsaußen-Gewerkschaft Zentrum Automobil. 

Das Impfstreik-Bündnis organisiert sich u.a. auf Telegram (Quelle: Screenshot)

Ein Herz für die AfD

Wenig überraschend ist die AfD die Lieblingspartei im Compact-Kosmos. Gemeinsamkeiten sind das andauernde Genörgel über die Situation in Deutschland, das Gerede von „Lügenpresse“ oder „Systemmedien“. Zu Landtagswahlen, vor allem in Ostdeutschland, sendet Compact TV aus den jeweiligen AfD-Parteizentralen und empfängt die Spitzenkandidaten. AfD und Compact verbinden gemeinsame Feinde: Alle anderen Parteien, ganz besonders aber die Grünen. Vor der Bundestagswahl im September 2021 tauchten deutschlandweit Plakate auf, die den Grünen-Wahlkampfplakaten sehr ähnelten, aber klar gegen die sie wetterten. Die diffamierende Kampagne gegen die Partei vor der Bundestagswahl wurde von Compact initiiert und von der AfD unterstützt, aus „Angst vor einer Öko-Diktatur“, wie es immer wieder heißt. Auch wenn die Partei nun Teil der Regierung ist, dauert das Hetzen an. Mitunter einer der Gründe, wieso der Verfassungsschutz zu diesem Schluss kam: „Die Agitation gegen die Regierung bringt eine grundsätzliche Ablehnung demokratischer bzw. demokratisch legitimierter Entscheidungsprozesse zum Ausdruck“. 

AfD und Compact haben aber nicht nur gemeinsame Feinde, sondern auch einen gemeinsamen Freund, der ebenfalls nicht so viel von demokratischen Prozessen hält: Russland bzw. Putin. Die AfD hat gute Beziehungen nach Russland, kommt auf gute Wahlergebnisse bei Russlanddeutschen und besucht immer wieder russische Kolleg:innen. Und auch Jürgen Elsässer und Compact sind immer wieder Anlass, dass im russischen Fernsehen über Deutschland gesprochen wird. Schon lange unterstützt Elsässer die reaktionären Kräfte in Russland. Zu einer besonders homofeindlichen Ausgabe der Compact-Konferenz über die „Zukunft der Familie” im Jahr 2013 lud er unter anderem Elena Misulina und Olga Batalina ein, verantwortlich für die berüchtigte Anti-LGBTQ*-Gesetzgebung in Russland. 

Hass auf zivilgesellschaftliche Organisationen

Ein Dorn im Auge sind Compact neben demokratischen Parteien auch zivilgesellschaftliche Organisationen, die sich gegen Rechtsextremismus und für eine lebhafte Demokratie einsetzen. Links-Grün-Versiffte, die Antifa, sogenannte „Gutmenschen“: Sie alle wollen es den Magazin-Fans angeblich schwer machen und ihnen alles nehmen, was Spaß macht. Über das Antifa-Spezial war wiederum Musiker und Neonazi Frank Kraemer dankbar und hat die Ausgabe und „Verstrickungen der Antifa zu mächtigen Geldgebern“ in seinem Podcast ausführlich besprochen. Solche Beispiele zeigen, dass Inhalte von Compact in der rechtsextremen Szene und von Politiker:innen kontinuierlich aufgenommen und weiterverbreitet werden. Das Magazin ist ein wichtiger Multiplikator für diese Akteur:innen und Bindeglied zur Gesellschaft.

Nachdem das Amt für Verfassungsschutz die Zeitschrift als gesichert extremistisch eingestuft hat, stellt sich erneut die Frage, ob und wann der Pressegroßhandel auf diese Entwicklung reagiert. Laut einer Recherche von Übermedien im März 2020 hätten Supermärkte keinen Einfluss darauf, welche Zeitschriften und Zeitungen in ihren Märkten angeboten würden. Märkte würden von Grossisten beliefert, die wiederum nicht frei entscheiden können, mit welchem Verlag sie einen Vertrag eingingen. Der Vorsitzende des Verbands der Pressegrossisten Frank Nolte äußerte sich im Dezember 2021 gegenüber Übermedien: „Was wir vertreiben, ist keine Gewissensentscheidung, sondern unsere Pflicht“.

Schon nach der Einstufung als Verdachtsfall von Compact im Jahr 2020 twitterten Markt-Ketten wie Kaufland und Real, das Magazin nicht mehr verkaufen zu wollen, jedoch steht das Magazin immer noch in den Regalen vieler Märkte. Es ist dringend notwendig, die „Pflicht“ des Presseverbandes und der Grossisten zu prüfen, ob ein gesichert extremistisches Magazin wirklich angeboten und verkauft werden muss. Und auch, ob es für Einzelhändler:innen, die ein demokratiefeindliches Magazin nicht in ihren Märkten stehen haben wollen, keine Möglichkeit gibt, eine solche Pflicht zu umgehen.

Verschwörungsblatt, alternativ und patriotisch sind verharmlosende Beschreibungen für das Compact-Magazin. Die Autor:innen und Chefredakteur Elsässer spielen Rechtsextremen nicht nur in die Karten, sie gehen mit ihnen Hand in Hand in eine Richtung, die demokratische Prozesse ablehnt und stattdessen gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit, Hetze und Verschwörungserzählungen verbreitet. 

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