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dehate report #02 – Fashwave Creme de la Meme: „Satire muss nach oben treffen“

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Im Podcast "Creme de la Meme" geht es um Debatten zur Memekultur. (Quelle: Creme de la Meme)

 

Daniel Ziegener ist Spiele-Journalist und betreibt den Podcast „Creme de la Meme”, in dem er über Meme-Kultur und Internethumor spricht. Im Gespräch mit de:hate erklärt er, wie Memes funktionieren und welche Rolle Humor dabei spielt.

Was zeichnet ein gutes Meme aus?

Daniel Ziegener: Memes arbeiten auf den ersten Blick mit eindimensionalen Bildern. Ein gutes Meme hat jedoch mehrere Ebenen und bricht mit den Erwartungen der Betrachtenden. Ein Beispiel dafür ist das „American Chopper“-Meme: man hat zwei machohafte Biker, die miteinander streiten, also eine sehr männlich aufgeladene Szene. Die Diskussionspunkte, die den Bikern in den Mund gelegt werden, sind jedoch ausgesprochen philosophisch. Und das ist der Bruch: zwei Machos, die feinsinnige, komplexe Gespräche führen. Das ist lustig – vor allem, weil es mit den Erwartungen bricht.

Memes, die politische Bildung vermitteln sollen, werden oft als schlecht abgetan. Warum ist das so, und gibt es eine Lösung dafür?

Memes entstehen aus einer Schwarmintelligenz heraus, aus Online-Subkulturen und -Communities. Man merkt bei Memes sehr schnell, ob die Person, die es gemacht hat, wirklich in der Meme-Culture drin ist und die Sprache versteht. Wenn jemand, der sie nicht versteht, ein Meme anfertigt, fällt das auf und hat etwas Anbiedernd-Berufsjugendliches. Die Memes gelten dann als „cringe“, also als peinlich, unangenehm, zum Fremdschämen. Das stößt bei denjenigen, die sich mit der Subkultur auskennen, auf Ablehnung. Es ist so, als würde ein Erwachsener, um mit Jugendlichen sprechen, ans Ende eines jeden Satzes ein „Yo“ hängen und glauben, das würde funktionieren.

Wie lassen sich rechtsextreme Memes aufdecken und kritisieren?

Rechtsradikale und -extreme Memes beinhalten ohnehin bestehende Diskriminierungsstrukturen wie Rassismus, Sexismus oder LGBTQ-Feindlichkeit – nur dass sie sich selbst, wie in der Täter-Opfer-Umkehr der Neuen Rechten üblich, als die eigentlich Marginalisierten darstellen. Rechte Memes sind zwar aggressiver in ihrem Tonfall, aber letztendlich doch primär Ausdruck von Selbstmitleid. Viele „Witze” wiederholen sich auch immer wieder, und das zeugt von einer gewissen Kreativlosigkeit.

Eine gute Gegenstrategie ist es, diese wenigen Witze in den Mittelpunkt zu stellen, die zudem noch sehr rückschrittliche Vorstellungen vermitteln. Strenggenommen ist das nicht mal witzig, denn Satire muss ja nach oben treffen. Sich darüber lustig zu machen, dass die Rechten immer nur dieselben langweiligen Talking Points abspulen, kann ihnen die Wirkung nehmen. Deren Memes sind als schlechte Witze getarnte Propaganda, und als solche müssen sie entlarvt werden.

Rechtsextreme nutzen etwa das „Attack Helicopter“-Meme, mit dem sie die geschlechtliche Identifikation von transgeschlechtlichen und nichtbinären Menschen lächerlich machen mit dem Spruch, sie könnten sich auch ja als beliebigen Gegenstand, wie in ihrem Fall als Kampfhubschrauber, identifizieren. Eine Antwort wäre das „Three Genders“-Meme. Dort werden ebenfalls geschlechtliche Zuschreibungen auf die Schippe genommen, aber aus feministischer Perspektive. Die Bilder entlarven das Zwangskorsett der Geschlechterbinarität und zeigen, inwieweit Geschlecht genutzt wird, um Produkte zu verkaufen. Das „Attack Helicopter”-Meme hingegen bringen Rechtsextreme einerseits, um vorurteilsbehaftete Bilder zu festigen, und andererseits, weil sie keine Witze haben.

Die Sensibilisierung mit Blick auf Diskriminierungen in der Gesellschaft ist ein ernstes Thema. Wie lässt sich das trotzdem humoristisch in Memes umsetzen?

Humor ist bei Memes immer gegeben; ich kenne kein Meme, das, selbst wenn es Galgenhumor ist, keine Humorebene hat. Zum Unterschied zwischen linken und rechten Memes gibt es ja das Klischee, dass rechte Memes eher aus Parolengedresche bestehen und linke Memes aus viel Text und Theorie und viel zu verkopft sind. Ein gutes Meme bringt auch einen komplexeren Zusammenhang gut auf den Punkt, ohne ihn abzuschwächen – eine große Herausforderung. Wer eine Machtstruktur aufzeigen will, macht das immer von unten. Memes funktionieren insofern wie Satire. Da sie oft anonym erstellt und geteilt werden, basiert ihre Verbreitung darauf, dass sich Menschen in ihnen wiederfinden. Wenn man gemeinsam über etwas lachen kann, ist man auch einen Schritt näher zusammengerückt.

 

Daniel Ziegener ist freier Spielejournalist, Podcaster und spezialisiert auf Internethumor.

Der de:hate report #02 zum Download:

https://www.amadeu-antonio-stiftung.de/publikationen/fashwave/

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