Über ein Viertel der deutschen Social Media-User:innen nutzt die Plattform TikTok. Es handelt sich um die am meisten heruntergeladene App für mobile Endgeräte, mit steigender Tendenz. Die Nutzer:innen sind im Vergleich zu anderen Sozialen Medien sehr jung – 69 % von ihnen weltweit sind 2020 zwischen 16 und 24 Jahren alt –, und die Plattform ist besonders auf diese Zielgruppe zugeschnitten. Die für TikTok typischen kurzen Videos erreichen millionenfach Menschen rund um die Welt. Dabei spielen verschiedene Sprachen mitunter nur eine untergeordnete Rolle. Größtenteils wird die Botschaft über Mimik und Gestik im Zusammenspiel mit einem Song und/oder Emojis vermittelt. Inhalte auch politischer Art werden dabei mit kurzen Clips, Filtern, Songs und schauspielerischen Elementen kommuniziert.
Die erneute Eskalation des Nahost-Konflikts im Mai 2021 wurde auch auf TikTok zu einem zentralen Thema. Die eigene Position dazu wurde von Creator:innen weltweit in zahlreichen Memes, Liedern, Sketchen und anderen typischen Artikulationsformen der Plattform verarbeitet. Angelehnt an antiimperialistische, postkoloniale oder aber auch islamistische Argumentationsmuster entstand eine antiisraelische Grundstimmung, die ebenfalls von jungen User:innen aufgegriffen wurde.
Israelbezogener Antisemitismus fand in Gestalt angeblicher „Israelkritik“ oder durch die bewusste Codierung von „Juden“ als „Zionisten“ Ausdruck. Bereits mit dem Profilbild und den Hashtags wird die eigene „Palästinasolidarität” zum Ausdruck gebracht. Besonders auffällig ist hier der Hashtag #PLM (Palestinian Lives Matter), mit dem versucht wird, an das Mobilisierungspotential von #BlackLivesMatter anzudocken. Israel und seine Bevölkerung werden als „Weiß“ imaginiert und in die Rolle des rassistischen Unterdrückers versetzt. Auch mit der Verwendung des „Harriet”-Soundtracks, einer Verfilmung des Lebens von Harriet Tubman, die im 19. Jahrhundert zahlreichen Sklaven bei der Flucht aus den Südstaaten half, versucht man auf TikTok Analogien zu antirassistischen Kämpfen herzustellen und sich selbst als Freiheitskämpfer:in zu inszenieren. Doch diese eindeutige Rollenverteilung geht bei dem komplexen Konflikt im Nahen Osten genauso wenig auf wie die postkoloniale Lesart, dass die Israelis lediglich Kolonisator:innen sind und die palästinensische Bevölkerung das indigene Volk.
Antisemitismus unbewusst erlernen
Für die Verbreitung menschenfeindlicher Herabsetzungen, Beleidigungen und anderer Formen von Hate Speech sind vor allem die Funktionsweise der Plattform wie auch die Nutzung durch ihre User:innen entscheidend. Dies zeigt sich beim Antisemitismus besonders eindrücklich. Die Algorithmen von TikTok spielen in einem ohnehin schon aufgeheizten Konflikt eine bedeutende Rolle bei der digitalen Verbreitung von Antisemitismus. Die Plattform gibt selbst ein paar Einblicke in ihren Algorithmus. Ein wichtiges Kriterium dafür, dass ein Video viral geht, ist neben verwendeten Filtern, Trends und Songs die Interaktion der Nutzer:innen mit dem Video. Interaktionen finden vor allem dann statt, wenn der Inhalt besonders emotional ist. In diesem Fall ist es egal, ob die Emotion eher negativ
oder positiv ist. Aber vor allem negative Emotionen wie Wut und aufwühlende Inhalte sorgen für eine hohe Reaktionsquote. Auch antisemitische Videos lassen sich dieser Kategorie zuordnen, denn es ist wesentlicher Teil antisemitischer Narrative, besonders stark zu emotionalisieren – wie die Erzählung vom angeblichen „Kindermörder Israel“ zeigt.
Hinzu kommt eine starke Personalisierung. Creator:innen, die bereits viele Follower:innen haben, genießen ein hohes Maß an Vertrauen, wodurch Fakten in den Hintergrund geraten können. Durch eine regelmäßige und persönliche Ansprache entsteht eine sogenannte parasoziale Beziehung: Influencer:innen vermarkten sich über einen persönlichen, freundschaftlichen Zugang. Obwohl oft eine große Distanz zwischen ihnen und ihren Follower:innen liegt, vermitteln sie den Eindruck, nah und greifbar zu sein, indem sie ihren Alltag teilen oder auf Wünsche von Follower:innen eingehen. Die so aufgebaute Beziehung verleiht Botschaften und Erzählungen eine weitaus größere Wirkung. Das gilt auch für antisemitische Narrative, die von Influencer:innen verbreitet werden.
Antisemitische Erzählungen kommen im Nahost-Konflikt oft dann ins Spiel, wenn eine verkürzte Darstellung der Situation allzu schnell in eindeutigen Zuschreibungen von Gut und Böse endet. Es wäre allerdings ein Fehlschluss zu vermuten, dass die Kürze des Formats bei TikTok-Videos Schuld an undifferenzierten und gefährlich vereinfachten Inhalten habe. Vielmehr eignet sich die Plattform, um verkürzte antisemitisch gefärbte Darstellungen auf spielerische Weise an eine Nachwuchsgeneration zu vermitteln.
Selbst-Memefizierung als antisemitische Karikatur
Die Botschaft eines Videos wird oft erst durch das Zusammenspiel mehrerer Ebenen erkennbar. Video-Filter, die an sich der Unterhaltung dienen, werden im entsprechenden Kontext zu einer Verkörperung antisemitischer Bildsprache.
Ein Beispiel dafür, wie sich ein Zusammenspiel unterschiedlicher Bild- und Tonebenen entfalten kann, zeigt der „Marie Antoinette“-Trend. Der Virtual Reality-Filter heißt „Versailles Run“, ein Trendfilter, der im Mai 2021 auf TikTok anlässlich des Internationalen Tags des Museums hinzugefügt worden war. Wer den Filter verwendet, wird zu einer Comicversion von Marie Antoinette, die durch das Schloss Versailles läuft. Während ursprünglich angedacht war, einen Spaziergang durch den Palast zu zeigen, interpretierten die User:innen diesen Filter als Flucht. Die Prinzessin wirkt gehetzt, und es scheint, als würde sie um ihr Leben rennen. Diese Implikation wurde von den Nutzer:innen des Filters bemerkt und spielt eine wichtige Rolle in dessen Verwendung. Wie bei einer Fotowand kann der eigene Kopf in den Filter eingefügt werden.
Das macht sich auch eine deutsche Creatorin zunutze und adressiert mit ihrem englischsprachigen Video ein internationales Publikum. In der Rolle als königliche Herrscherin setzt sie sich mit „den Zionisten“ gleich. Diese Bezeichnung dient in ihren Memes der Feindmarkierung. Die Chiffre „Zionisten“ wird entgegen der eigentlichen Bedeutung des Begriffs27 vor allem im antisemitischen Kontext oftmals als Synonym für „Juden“ genutzt, um Antisemitismus-Vorwürfen zu entgehen.28 Während die Creatorin als „Marie Antoinette“ mit verengten Augen böse umherschaut, läuft im Hintergrund eine abgewandelte Version des Songs „LoveGame“ von Lady Gaga. Das Gesamtbild des Videos aus Mimik, Text und Filter lässt den Eindruck von Dreistigkeit und Willkür entstehen. Der Text setzt diese Darstellung in den Kontext des Nahost-Konfliktes. „Zionisten auf dem Weg, ihr ‚Aber Hamas‘-Argument unter jeden propalästinensischen Instagrampost zu platzieren“, ist die Beschriftung. Sie delegitimiert auf der einen Seite die Thematisierung der Hamas im Nahost-Konflikt, auf der anderen Seite suggeriert die Darstellung, dass die Frage nach der Hamas lediglich eine Strategie der „Zionisten“ sei, sich jeglicher Anschuldigungen zu entledigen. Zugleich weist die Creatorin den Vorwurf des Antisemitismus von sich. Der Vorwurf würde lediglich verwendet, um propalästinensische Positionen zu delegitimieren.
Durch die Verwendung von zum eigentlichen Filter gehörigen Hashtags wie #MuseumMoment wird diese antisemitische Selbstkarikierung anderen User:innen zugänglich gemacht, die dies nicht erwarten – in der Hoffnung, dass die Botschaft hängen bleibt.
Sketche: Mit Stereotypen Medien als Feindbild aufbauen
Ein Trend auf TikTok sind „Berufssketche“. Berufe werden hier in satirischer Form dargestellt und Auftreten, Floskeln und Eigenheiten einzelner Berufsgruppen überspitzt. Dabei wird immer wieder auch auf Klischees und Stereotype zurückgegriffen. Einzelne Creator:innen richten sogar ihren gesamten Content auf eine spezielle Rolle bzw. Rollenspiele allgemein aus. Die Forschungsprofessorin für digitale und vernetzte Medien in der Sozialen Arbeit, Judith Ackermann, sieht darin ein Hauptmerkmal der Plattform: „Einerseits ist die Plattform von allen sozialen Plattformen am meisten auf Fiktion und Darstellung konzentriert. Es geht nicht nur darum, Momente aus seinem Leben zu teilen, sondern man wird dezidiert dazu aufgefordert, zu bestimmten Themen darstellerisch aktiv zu werden.“
Immer wieder gibt es in Sozialen Netzwerken Erzählungen von vermeintlichen Sympathien der deutschen Medien mit Israel, sodass der Eindruck manipulativer Berichterstattung erzeugt wird oder werden soll. Auf TikTok werden diese Narrative in Berufsrollenspielen aufgegriffen. Junge Creator:innen stellen sich im Wechsel als kritische:r Journalist:in und Redakteur:in dar. Die Sympathien werden klar verteilt: Die kritischen Journalist:innen machen auf die missliche Lage im Gazastreifen aufmerksam, während die Redakteur:innen nur auf eine Schlagzeile zu warten scheinen, die es möglich macht, Israel als Opfer darzustellen. Auf diese Weise unterstellen die Creator:innen Zeitungsredaktionen, mit Vorsatz nur proisraelische Schlagzeilen zu veröffentlichen – sei es aus fremdgesteuerten oder eigennützigen Motiven.
Die Beiträge bestehen in der Regel aus plumpen Behauptungen ohne jegliche Recherche. Schon das Gefühl, es mit (von geheimen Mächten) gesteuerten Medienredaktionen zu tun zu haben, wird dadurch vermittelt und macht die antisemitische Verschwörungsideologie der „von Juden kontrollierten“ Medien anschlussfähig. Diese Erzählung ist keineswegs neu, sondern wurde bereits im 19. Jahrhundert verbreitet, um „die Juden“ für das Unrecht der Welt verantwortlich zu machen. Ihnen wurde damals bereits unterstellt, Einfluss auf deutsche Zeitungen auszuüben.
Journalist:innen werden auch in anderen Formaten diskreditiert. Ein weiterer Sketch greift Reporter:innen an, die von Demonstrationen berichten. Hierfür wurde unter anderem ein neuer Kanal mit dem Titel „Blindzeitung“ erstellt. Hier wird eine Live-Schalte von einer „Anti-Israel-Demonstration“ nachgespielt, in der die Reporterin als „Chantal Flunkermaul“ und die Dolmetscherin als „Liar Pantsonfire“ vorgestellt werden. Der Sketch soll zeigen, wie absichtlich falsch übersetzt wird und propalästinensische Demonstrant:innen kriminalisiert werden. Zudem wurde das Video mit dem bei Rechtsextremen beliebten Hashtag #Lügenpresse versehen. Der Sketch soll eine überspitzte Darstellung journalistischer Arbeit auf propalästinensischen Demonstrationen abbilden – allerdings ohne Belege für ein solches Vorgehen in der Realität. Auch die Angriffe auf Pressevertreter:innen bei diesen Demonstrationen im Mai 2021 in Berlin spielen keine Rolle. Es wird also nicht nur ein falsches Bild von Journalist:innen auf Demonstrationen gezeichnet, sondern die teilweise Gefahr dieser Arbeit zugleich
ins Lächerliche gezogen.
TikTok-Videoanalyse: Desinformationsnarrative am Beispiel von trtdeutsch
Auch andere politische Akteur:innen haben diese Möglichkeit der eigenen Interpretation des Weltgeschehens für sich entdeckt und genutzt. Es gibt jedoch Hilfestellungen, um solche Formate besser einschätzen und einordnen zu können.
1. Video: Was ist zu sehen und zu hören?
Zu sehen ist ein Videoausschnitt, in dem eine Frau während eines Bombenalarms in Panik gerät. Der Ton besteht aus dem dazugehörigen Kommentator eines deutschen Nachrichtensenders. Er kontextualisiert die Szene mit: „… geht der Fliegeralarm los. Eine gerade noch befragte Interviewpartnerin bricht in Panik zusammen.“ Dazu kommen der eingefügte Text in der Kopfzeile des
Videos und die Videobeschreibung.
2. Analyse: Über welche Ebenen verfügt das Video?
Das Video zeigt einen Ausschnitt eines deutschsprachigen Nachrichtenformats. Der Kanal @trtdeutsch ist ein deutscher Account der türkischen öffentlich-rechtlichen Rundfunkgesellschaft TRT, der nach dem Vorbild des russischen Staatssenders RT DE aufgebaut ist. Sowohl die Bildunterschrift als auch der Text im Video definieren den Kontext des Videos und beeinflussen die Wirkung auf die Nutzer:innen (siehe 4. Wirkung). Mit den genutzten Hashtags #Palästina und #Israel wird das Video zudem in der entsprechenden politischen Debatte des Nahost-Konflikts platziert – und das mit Erfolg: Über 340.000 Aufrufe hat das Video in der Zeit vom 12. Mai 2021 bis Oktober 2021 zu verzeichnen.
3. Interpretation: Welches Narrativ soll erzählt werden?
Während ihrer Panikattacke beginnt die Frau unkontrolliert zu schreien und zu zucken. Sowohl die Bildbeschreibung als auch der eingefügte Text im Video vermitteln von der gezeigten Situation allerdings einen vollkommen anderen Eindruck: Mit der ironischen Andeutung auf eine schauspielerische Auszeichnung suggeriert die Bildunterschrift „Diese Frau hat einen Oscar verdient“, dass es sich nicht um eine Panikattacke handle. Mit dem Vorwurf der Theatralik oder Schauspielerei soll der Ernst der Lage für die Frau heruntergespielt und ins Lächerliche gezogen werden. In Verbindung mit dem Text im Video wird deutschen Medien unterstellt, alles in ihrer Macht Stehende zu unternehmen, um das Leid der israelischen Bevölkerung unter den Luftangriffen der Hamas zu thematisieren – notfalls mit inszenierten Situationen. Alles sei darauf ausgelegt, Militärschläge von israelischer Seite und deren Opfer zu ignorieren.
4. Wirkung: Was macht das Video mit mir?
Den meisten Nutzer:innen in Deutschland dürfte ein Bombenalarm nicht bekannt sein, und die Panikreaktion der Frau im Video kann vor diesem Hintergrund überzogen wirken. Diese erste Skepsis greifen der Text und die Bildbeschreibung auf, um sie um eine inhaltliche Einordnung zu ergänzen. Durch die bewusste Ironie der Bildunterschrift „Diese Frau hat einen Oscar verdient“ wird eine weitere Emotion, nämlich Belustigung über die Situation, ins Spiel gebracht. Der Text oberhalb des Videos erweitert all diese Impulse um die negative Emotion der Wut, wenn sich der Eindruck manifestiert hat, dass es sich um eine Inszenierung handle, um auf keinen Fall getötete Kinder im Gazastreifen zu thematisieren. Emotional aufgeladen ist diese Erzählung vor allem durch das Narrativ vom „Kindermörder Israel“ (siehe Seite 9), welches unter Doppelstandards zu verorten ist und an antisemitische Narrative anknüpft. Zudem wird trtdeutsch als vermeintlich objekti-
ver Gegenentwurf zu angeblich manipulierten deutschen Medien dargestellt. Im Video wird das durch die Bildbeschreibung „Folgt uns für faire Nachrichten“ deutlich.
5. Faktencheck: Ist die Botschaft glaubwürdig?
Das Video wurde sichtbar aus einer Nachrichtenquelle übernommen und in einen anderen Kontext eingebettet. Mit einer simplen Google-Suche (beispielsweise durch die Stichworte „panik + interview + israel + fliegeralarm“) findet sich das Originalvideo, das am 11. Mai 2021 von BILD veröffentlicht wurde. An diesem Tag erreichte die Eskalation im Nahost-Konflikt 2021 einen weiteren Höhepunkt. Hunderte Raketen wurden von militanten Palästinenser:innen auf Israel abgeschossen, Israel reagierte mit Vergeltungsschlägen.33 Das Video zeigt die Situation, in der ein Reporter eine Passantin zur Lage interviewen will, während der Bombenalarm ertönt. Wie ernst die Situation an dem Tag ist, wird ebenfalls in dem Video deutlich: So wird von mindestens zwei Toten in Israel berichtet und mindestens 26 Toten im Gazastreifen. Die mögliche Interpretation und Botschaft des Videos, dass es sich um eine Inszenierung beziehungsweise überspitzte Szene im Sinne deutscher Medien handle, verharm-
lost die lebensbedrohliche Situation, in der sich Reporter und Passantin befinden, und instrumentalisiert das Leid.
Antisemitismus kann sich auf TikTok zumeist
ungestört entfalten
Dass der Hashtag „#Antisemitismus“ auf TikTok gesperrt ist, verhindert antisemitische Inhalte jedoch nicht. Zu oft wird Antisemitismus mit sprachlichen und bildlichen Codes, in Form von Sketchen, aktuellen Meme-Trends und Filtern kommuniziert. Junge Menschen erkennen diese antisemitischen Codes oftmals nicht und reproduzieren sie unbewusst weiter. Antisemitische Akteur:innen machten sich dies zunutze – auch, um junge Menschen zu mobilisieren und Anhänger:innen zu gewinnen. Mithilfe der spielerischen Formen und Möglichkeiten der Plattform und ihrer starken Emotionalisierung und Personalisierung konnten (junge) TikToker:innen so für eine vermeintlich einfache Positionierung gewonnen werden. Größtenteils undifferenzierte Inhalte zum Nahost-Konflikt sollten das Gefühl vermitteln, genau zu wissen, wer auf der guten oder auf der schlechten Seite steht.
Diese Inhalte erreichten vor allem jugendliche Communitys, die bereits zu Diskriminierungen von gesellschaftlichen Minderheiten sensibilisiert oder Teil davon sind. Solche Sympathien wurden aufgegriffen und haben vor allem in der links-liberalen Community zu einer teils unreflektierten und uninformierten Positionierung geführt, über die auch antisemitische Narrative Verbreitung fanden. In der sehr jungen Zielgruppe von TikTok dürften sich dadurch einige solcher Narrative festgesetzt haben, sind die Videos doch für viele der erste Kontakt mit dem Nahost-Konflikt gewesen.
Dass die Videos vor allem über Emotionen ihre Wirkung entfalten, bedeutet, dass es zukünftig wichtig sein wird, Gegenstrategien zu entwickeln, die nicht nur auf Fact Checking setzen. Vielmehr gilt es, auch die Funktionsweise von Sozialen Medien wie TikTok und sozialpsychologische Aspekte in den Fokus zu
rücken und anhand dessen die Verbreitung von Falschinformationen und Antisemitismus auf der jeweiligen Plattform zu analysieren. Nur so lassen sich Lösungen finden, um auch den bereits entstandenen Haltungen mit Tendenz zu antisemitischem Gedankengut entgegengewirkt werden kann.
Update: Reaktion von TikTok
Das Soziale Netzwerk TikTok hat sich der Redaktion von Belltower.News gegenüber besorgt über die Erkenntnisse geäußert: „TikTok verurteilt Antisemitismus und wir arbeiten hart an der Bekämpfung von Hass, indem wir Konten und Inhalte, die gegen unsere Richtlinien verstoßen, proaktiv entfernen und Suchanfragen nach hasserfüllten Ideologien auf unsere Community-Richtlinien umleiten. Wir werden unsere Maßnahmen zur Bekämpfung antisemitischer Inhalte weiter ausbauen.“
Der de:hate report #3 – Antisemitismus in der Popkultur: Israelfeindschaft auf Instagram, TikTok und in Gaming-Communitys ist ab sofort als PDF auf der Website der Amadeu Antonio Stiftung abrufbar:
https://www.amadeu-antonio-stiftung.de/publikationen/dehate-report-3/
Die Amadeu Antonio Stiftung setzt sich für eine demokratische Zivilgesellschaft ein – sowohl online als auch offline. So berät sie Akteur*innen der demokratischen Zivilgesellschaft im Umgang mit Hate Speech, Desinformation, Rechtsextremismus und Antisemitismus online.
Aus dem Inhalt:
- tl;dr: Zusammenfassung der Ergebnisse
- Was ist israelbezogener Antisemitismus?
- Gängige Narrative im israelbezogenen Antisemitismus
- Instagram – Die Gefahr unwissender Positionierung
- TikTok – Antisemitismus im neuen Gewand
- Israelbezogener Antisemitismus in Gaming-Communitys
- Handlungsempfehlungen
- Weiterführende Literatur
- Informationen und Anlaufstellen
Teile des de:hate-reports #03 werden auch auf Belltower.News veröffentlicht.