von Marc Latsch
Autonom und National
Dennis Giemsch gehört mit Ende Zwanzig sicherlich noch zu den jüngeren Abgeordneten im Dortmunder Stadtrat, ist jedoch in der rechtsradikalen Szene bereits seit mehr als einem Jahrzehnt aktiv. Ab dem Jahr 2003 war er gemeinsam mit Aktivisten aus Berlin federführend an der Entstehung der „Autonomen Nationalisten“ in Deutschland beteiligt. Diese kopierten den Kleidungsstil und die Aktionsformen der linken Autonomen und treten seitdem bei Demonstrationen vor allem in einheitlicher schwarzer Kleidung auf. Somit können sie zum einen dem Wunsch junger Erwachsener mit neonazistischem Weltbild nach einem moderneren Image gerecht werden. Außerdem stiften sie Verwirrung bei Antifa und Polizei, ob sie es nun mit linken oder rechten Demonstranten zu tun haben. Doch hinter dieser Fassade halten die „Autonomen Nationalisten“ an der nationalsozialistischen Ideologie fest und propagieren Rassismus, Antisemitismus und Nationalismus.
Führender Kopf des nationalen Widerstands Dortmund
In dieser Szene rückte Giemsch schnell auf. Als einer der ersten aus dem Umfeld der „Autonomen Nationalisten“ zog es ihn nach Dortmund, viele seiner Gesinnungsgenossen folgten ihm. Er baute die Neonaziszene vor Ort mit auf und entwickelte sich im Laufe der Jahre zu einer gut vernetzten Führungspersönlichkeit. Schließlich wurde er Anführer des mittlerweile verbotenen „Nationalen Widerstands Dortmund“ (NWDO). Nebenbei gründete er den „Resistore“, einen einschlägigen Versandhandel, der im Rahmen des NWDO-Verbots ebenfalls aufgelöst wurde. Hierfür nutzte er staatliche Fördermittel zur Existenzgründung. Nebenbei betreibt er Server, auf denen rechtsextreme Gruppierungen im ganzen Land ihre Propaganda verbreiten können und ist als Redner in der Bundesrepublik unterwegs. Mittlerweile zählt er bundesweit zu den Führungspersönlichkeiten der „Autonomen Nationalisten“.
Der biedere Rechtsradikale
Dennis Giemsch setzt sich bei all seinen Aktivitäten deutlich ab vom Klischee eines stumpfen Neonazis. Er gibt sich bieder und unscheinbar, blieb auch, als er sich vor Gericht wegen Landfriedensbruchs und Beihilfe zur Volksverhetzung verantworten musste, stets höflich und drückte sich gewählt aus. Angesichts dessen überrascht es nicht, dass Giemsch als einer der intellektuellen Köpfe der Szene, als Chefideologe im Hintergrund gilt. Sein biederes Auftreten sollte allerdings nicht von der Radikalität seiner Einstellungen ablenken. Für die NPD war sein Gedankengut zu extrem, sodass er dort keinen Fuß fassen konnte und seine Reden beendet er gerne mit Zitaten aus „Mein Kampf“.
Parteikarriere bei „Die Rechte“
Nach dem Aus für den „Nationalen Widerstand Dortmund“ fanden sich zahlreiche seiner Mitglieder schon bald in der neugegründeten Partei „Die Rechte“ zusammen. Auch Giemsch ging diesen Weg und gelangte angesichts seiner Bedeutung in der autonomen Szene auch in der jungen Partei schnell zu Ansehen und Macht. Mit ihm und Borchardt wurden die bedeutendsten Figuren des NWDO auch zu den Führungskadern von „Die Rechte“ in Nordrhein-Westfalen. Borchardt wurde Vorsitzender des Stadtverbandes in Dortmund, Giemsch übernahm den Landesvorsitz. Am Wochenende könnte er sogar den amtsmüden Christian Worch als Bundesvorsitzenden ablösen, bevor er im August offiziell die Nachfolge von „SS-Siggi“ im Dortmunder Stadtrat antritt. In dem Gebäude, das er erst seit vergangenem Montag wieder betreten darf. Nach der versuchten Stürmung des Gebäudes durch „Die Rechte“ am Wahlabend war er zunächst noch mit einem Hausverbot versehen worden.