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Der größte Neonazi-Prozess Deutschlands könnte platzen, weil der Richter in Rente geht

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Einer der Prozessbeteiligten im Koblenzer Prozess gegen das "Aktionsbüro Mittelrhein" (Quelle: dpa)

Am 13. März 2012 wird das „braune Haus“ von Spezialeinsatzkräften gestürmt. Zur gleichen Zeit finden Razzien in ganz Rheinland-Pfalz und im Rest der Republik statt. Es gibt zahlreiche Festnahmen. Auf der Webseite des „Aktionsbüros“ wird um 6:09 Uhr noch ein letztes Mal gepostet: “ „Zurzeit finden im Ahrteil bei mehreren Kameraden Hausdurchsuchungen statt. Mehr dazu, sobald weitere Informationen vorliegen. Betroffene melden sich über die Kontaktadresse. Es ist mit weiteren Durchsuchungen zu rechnen.“ (Fehler im Original)

Den Bewohnern des Hauses und den anderen Festgenommenen wird unter anderem die Bildung beziehungsweise Unterstützung der kriminellen Vereinigung „Aktionsbüro Mittelrhein“, gefährliche Körperverletzung, schwerer Landfriedensbruch und Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen vorgeworfen. Das „Aktionsbüro Mittelrhein“ war ein Zusammenschluss mehrerer rechtsextremer Kameradschaften. Aus dem „braunen Haus“ heraus sollen auch die jährlich stattfindenden Naziaufmärsche organisiert worden sein, mit denen Rechtsextreme aus ganz Deutschland im benachbarten Remagen den alliierten Kriegsgefangenenlager auf den Rheinwiesen „gedenken“.

Am 20. August 2012 beginnt schließlich der Prozess gegen 26 Angeklagte, damals zwischen 19 und 54 Jahren alt. Besonders interessant: unter den Angeklagten waren mehrere Funktionäre der NPD. In der etwa 1.000 Seiten dicken Anklageschrift heißt es, die Gruppe habe ein „Klima der Angst“ schaffen wollen, ihr Ziel sei die „Beseitigung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung“ gewesen. Sechs der ursprünglich 26 Angeklagten müssen sich mittlerweile in eigenen Verfahren verantworten, vier wurden bereits verurteilt und die Verfahren von zwei der Angeklagten wurden eingestellt.

337 Prozesstage später handelt es sich mittlerweile um einen der langwierigsten Neonazi-Prozesse in der Geschichte der Republik. Schon einmal war einer der beteiligten Richter zu alt und musste ersetzt werden – „Ein weiterer Ergänzungsrichter steht nicht zur Verfügung,“ so die Gerichtssprecherin –, es gab zwei Stinkbomben-Attacken auf den Prozess – Täter konnten nicht festgestellt werden, es handelte sich um ungefährliches, allerdings abgelaufenes, Knoblauchöl – und einer der Schöffen musste, nachdem er den Staatsanwälten Schoko-Nikoläuse auf ihre Tische stellte, wegen Befangenheit gehen.

Der Vorsitzende Richter, Hans-Georg Göttgen, wird im Juni die Altersgrenze erreichen und aus dem Dienst scheiden. Damit wird auch die Hauptverhandlung áusgesetzt. Alle bereits anberaumten Termine wurden abgesagt. Da die Taten noch nicht verjährt sind, besteht die Möglichkeit, dass der Prozess neu aufgerollt wird, dann allerdings von vorne, mit neuen Richtern. Oder aber er wird eingestellt. Das würde bedeuten, dass die Verbliebenen 14 Angeklagten straffrei davon kommen würden.

Beobachter des Prozesses sind wenig überrascht. Rolf Knieper von der Opferberatung Rechstextremismus Rheinland-Pfalz, selbst Zeuge in den Anfangstagen des Prozesses, sagt: “Die Hauptanklage wegen der Bildung einer terroristischen Vereinigung aufrecht zu erhalten, war für Staatsanwaltschaft und Staatsschutz schwierig. Die Behörden wurden von den Entwicklungen im Gerichtssaal überrascht und die Staatsanwaltschaft ist immer mehr in die Defensive gegangen.”

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