Die Erwartungen an die erste Bundestagswahl in der jungen Geschichte der Basisdemokratischen Partei Deutschland („Die Basis“) waren so krude wie das Wahlprogramm. Laut einer Pressemitteilung der Partei hieß es im Vorfeld der Wahl: „Sechs Prozent wollen uns sicher wählen“. Der Medien- und Kommunikationsbeauftragte der Partei, David Claudio Siber, ergänzte: „Die jüngsten Umfragewerte sind so hoch, dass der Einzug in den 20. Deutschen Bundestag am 26. September 2021 auf Anhieb gelingen dürfte.“ Dabei beriefen sich Siber und die Pressestelle der „Basis“ auf Umfragewerte des Meinungsforschungsinstitut INSA. Der „Basis“-Kanzlerkandidat Reiner Fuellmich sprach sogar von einem Wählerpotenzial von über 30 Prozent.
Im Vorfeld der Wahl fiel Fuellmich durch besonders abstruse Bemerkungen auf. So mutmaßte er, dass es Vorschläge geben würde „eine Art KZ aufzubauen, um da die Ungeimpften einzuquartieren“. Neben dieser Verharmlosung der Shoah teilte er die Behauptung, dass Planungen zur Corona-Politik schlimmer als die Judenvernichtung seien (vgl. Welt).
Die utopischen Wahl-Erwartungen der Partei konnten erwartungsgemäß nicht erfüllt werden. Bei den Erststimmen erhielt die Partei bundesweit 1,6 Prozent und bei den Zweitstimmen 1,4 Prozent. Besonders stark schnitt die Partei allerdings in Baden-Württemberg ab (2,1 Prozent), im Kreis Schwarzwald-Baar erhielt die „Basis“ sogar 4,1 Prozent. So scheiterte also die Partei zwar eindeutig an der Fünfprozenthürde – doch die Wahlergebnisse wurden trotzdem als großer Erfolg gefeiert.
Für den ausbleibenden Durchbruch bei der Bundestagswahl sind bereits kurz danach schnell die Schuldigen gefunden. Durch die Sperrung einiger Facebook- und YouTube-Konten seien es die großen Plattformen gewesen, die das Wahlergebnis beeinflussten, hieß es auf diversen Foren. Zudem hätten die „Mainstream-Medien“ alles getan, um der „Basis“ ein schlechtes Ergebnis zu bescheren. Das ehemalige Parteimitglied Markus Haintz witterte: „Das Rechtsframing hat gewirkt. Deutschland stehen dunkle Zeiten bevor. Das böse Erwachen wird kommen“. Rechtsanwalt und Parteimitglied Dirk Sattelmaier erläutert, dass neben der AfD auf keine Partei medial so „eingedroschen“ worden wäre wie auf die „Basis“.
Auch Pandemieleugner-Szenegrößen wie Ralf Ludwig sehen eine Mitschuld der Wahlergebnisse bei der Berichterstattung. Für ihn sei es verwunderlich, dass der „linke Block“ (SPD, Grüne und Linke) trotz des medialen „Pushes“ nicht stärker als der „stigmatisierte“ „liberal-konservative Bock“ (CDU, FDP, AfD) sei. Die „Basis“-Kandidatin Eva Rosen spekulierte währenddessen auf ihrem Telegram-Kanal über Wahlbetrug. Ralf Ludwig sieht dennoch einen erheblichen Einfluss der Coronavirusleugner-Bewegung auf die Bundestagswahl. Mit der Coronavirus-Maßnahmen-Kritik, oder wie er sagt „Verteidigung der Menschenrechte“, seien 25 Prozent der Wähler:innen erreicht worden. Die Summe entsteht durch die Additionen der Stimmen von FDP, AfD, Freien Wählern und der „Basis“.
Richtig absurd wird es in einem Kommentar von Ludwig über das Abschneiden bei der Bundestagswahl. Ludwig zieht eine Relation zwischen seiner Partei und den Grünen. Demnach sei die „Basis“ die logische Folge der Grünen, denn während das Menschenbild der Grünen auf der „Unmündigkeit der Untertanenmenschen“ beruhe, welche pädagogisch zum richtigen Handeln verleitet werden sollen, wolle die „Basis“ jedem Menschen individuelles Gehör verschaffen. Ludwig sieht die Existenzberechtigung seiner Partei in der „Korrektur der sich gut wähnenden Pädagogieideologie der Grünen zu einem breiten, offenen und auch kontroversen Debattenraum“.
Neben dem Feiern des angeblichen Wahlerfolges und der Schuldsuche für den ausbleibenden noch größeren Wahlerfolg findet jedoch auch Enttäuschung in den Reaktionen der Parteimitglieder. Claudio Siber fragt sich: „Wo sind die Menschen, die auf der Straße waren, die alle eine Veränderung wollten? Wo sind die 15 Prozent, die bei Umfragen so sicher waren, ‚Basis wählen zu wollen‘“
Zumindest monetär verzeichnet die verschwörungsideologische Partei einen beträchtlichen Erfolg. Pro Zweitstimme erhält die Partei 1,05 Euro. Hinzu kommt, dass für jeden gespendeten oder per Mitgliedsbeitrag generierten Euro die „Basis“ 45 Cent erhalten wird. Zusammen mit der Abgeordnetenhauswahl in Berlin (1,3 Prozent) und der Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern (1,8 Prozent), erhält die „Basis“, laut Angaben der Welt, rund 768 000 Euro.
Wie es nach der Bundestagswahl mit der „Basis“ weitergeht, steht in den Sternen. NS-relativierende oder antisemitische Aussagen wie von Reiner Fuellmich oder Sucharit Bhakdi könnten für eine Spaltung oder eine fortlaufende Radikalisierung der Partei sorgen. In beiden Fällen wäre es für den angestrebten politischen Erfolg der Partei wahrscheinlich kontraproduktiv. Das Programm der Partei ist bisher zu vage und unspezifisch, um sich auch nach der aktuellen Aufmerksamkeit durch die Coronavirus-Pandemie in der Parteienlandschaft zu etablieren.
Erschwerend kommt für die „Basis“ hinzu, dass es bereits seit 2017 eine Partei im Bundestag gibt, die durch „Mainstream-Kritik“, alternative Wahrheiten und die daraus resultierende Billigung von Antisemitismus und Geschichtsrevisionismus ihre Wähler:innen überzeugt.