Die Beteiligung an der Europawahl im Mai 2019 hat „Die Rechte“ als ihr wichtigstes „Projekt“ ausgegeben – dies nicht zuletzt als Nachweis ihrer parteipolitischen Tätigkeit. Hierfür mobilisiert die Neonazi-Partei seit über einem Jahr. Unangenehm für „Die Rechte“ ist, dass ihre „Spitzenkandidatin“, die unbelehrbare Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck-Wetzel im Gefängnis sitzt, ebenso wie ihr früherer Dortmunder Frontmann Siegfried Borchardt.
Aufmarschzentrum Wuppertal
Wuppertal – nach Dortmund das zweite Zentrum von „Die Rechte“ – soll in diesem Frühjahr, kurz vor der Europawahl, erneut zum Aufmarschzentrum werden: Selbstredend am 20. April – Hitlers Geburtstag – wird dort eine wohl größere Neonazi-Kundgebung stattfinden. Angemeldet wurden, so sickerte es durch, dieses Mal 200 und nicht nur wenige Dutzend Teilnehmer. Die seit vielen Jahren aktive, gewaltbereite Neonazi-Szene in Wuppertal hat sich immer wieder durch gewaltaffine Kundgebungen und ausgewiesenen Antisemitismus hervorgetan.
Im Juni 2018 waren 100 Neonazis aus dem Umfeld von „Die Rechte“ in Wuppertal marschiert. Antisemitische Provokationen blieben das Alleinstellungsmerkmal der Gruppe um den stellvertretenden Vorsitzenden Kevin Koch. An Heiligabend hatten sich dann 25 Neonazis versammelt. Vieles spricht dafür, dass die Wuppertaler Kundgebung am 20. April eine erneute, gewaltaffine Machtdemonstration der im Abstieg befindlichen braunen Kleinpartei werden soll.
Neuer „Bundesvorstand“ mit Sven Skoda
Anfang des Jahres hat „Die Rechte“ (DR) eigenen Angaben zufolge einen neuen Bundesvorstand gewählt. Ort des „Parteitages“ und Anzahl der Delegierten wurden bei der Mitteilung bewusst im Dunkeln gelassen. Die neue DR-Doppelspitze besteht aus dem kürzlich zu sechsmonatiger Haft verurteilten Dortmunder Neonazi und selbsternanntem „Trauerredner“ Sascha Krolzig – der das Amt bereits inne hatte – sowie dem Düsseldorfer Neonazi Sven Skoda. Der 39-jährige „freie Aktivist“ und IT-Spezialist Skoda blickt auf eine sehr lange braune Karriere zurück. Bereits mit 16 Jahren betrieb er in Düsseldorf im Haus seiner Eltern das „Nationale Infotelefon Rheinland“, es folgten Betätigungen bei der „Kameradschaft Düsseldorf“ sowie bei der Anti-Antifa.
Gemäß seinen Selbstinszenierungen und seinen martialischen Reden auf Holocaust-Leugner-Demonstrationen versteht Skoda sich wohl als Nachfolger seines Idols Christian Worch. 2012 wurde er als Angeklagter im Prozess gegen das „Aktionsbüro Mittelrhein“ vor dem Landgericht Koblenz wegen „Bildung einer kriminellen Vereinigung“ inhaftiert. Nach 22 Monaten kam er wieder frei. Der Prozess platzte und soll in diesem Jahr wieder neu aufgelegt werden.
Bereits als 15-Jähriger in Neonazi-Kreisen aktiv
Seit seiner Freilassung trat Skoda als rhetorisch geschulter Redner und interner Zuchtmeister bei zahllosen geschichtsrevisionistischen Neonazi-Kundgebungen, bevorzugt im Umkreis von „Die Rechte“ auf. Sein kürzlich verkündeter Beitritt zur Partei war insofern nicht überraschend. Anfang 2014 stand Skoda bereits als Kandidat auf der DR-Wahlliste zur Europawahl, zu diesem Zeitpunkt saß er noch in Haft. Die Beteiligung an der Europawahl im März 2014 misslang damals allerdings, da die Partei die notwendigen 4000 Unterschriften nicht zusammen bekam.
Der Dortmunder Stadtrat Michael Brück (Jahrgang 1990) gehört weiterhin dem DR-Vorstand an. Weitere Vorstandsmitglieder sind Leon Dreixler (Baden-Württemberg), der wegen einschlägiger Delikte verurteilte Christoph Drewer (Dortmund) und Markus Walter (Rhein-Erft). Der 1991 geborene Neonazi Walter war ebenfalls bereits als 15-Jähriger in Neonazi-Kreisen aktiv. Er gilt als der Betreiber der Website von Haverbeck-Wetzel und tritt im Erftkreis immer wieder öffentlich mit Infoständen auf. Bei einer Kundgebung für Haverbeck-Wetzel am 10. November in Bielefeld war er einer der Redner.
Der „Hitler von Oosterbeek“
Ein weiteres Vorstandsmitglied ist Alexander von Malek aus Bremerhaven. Auch der 1974 geborene Malek, laut Selbstauskunft LKW-Fahrer, blickt auf eine längere Neonazi-Karriere zurück. Früher war er bei der Bremer NPD, gehörte dort dem „Völkischen Flügel“ an. Im Juni 2018 trat von Malek mit einigen „nationalen Kameraden“ einen Tag nach dem „Tag der deutschen Zukunft“ (TddZ) in Goslar zur DR über. Wenige Wochen später wurde stolz die Neugründung eines DR-Landesverbandes in Bremen verkündet. Seitdem suchen die braunen Kameraden vor allem durch das Verkleben von Aufklebern Aufmerksamkeit.
Nicht mehr DR-Vorstandsmitglied ist der 1967 geborene niederländische Neonazi Stefan Wijkamp. In den Niederlanden wird Wijkamp als der „Hitler von Oosterbeek“ bezeichnet. Auch in der Bundesrepublik trat er mehrfach bei bei braunen Demonstrationen auf, bewusst alle sprachlichen Grenzen überschreitend, so im Oktober 2015 bei einer Rede bei einer Neonazi-Demo in Hamm; bei der Bielefelder Neonazi-Kundgebung für Haverbeck-Wetzel im Mai sowie im November 2018 sowie beim Rudolf-Heß-Marsch in Berlin im August vergangenen Jahres war er gleichfalls dabei.
Christian Worch ist wieder dabei
Erneut dem Bundesvorstand der „Rechten“, wenn auch nicht mehr als Vorsitzender, gehört der 1956 geborene, langgediente Neonazi und DR-Gründer Christian Worch an. Der aus Hamburg gebürtige und nun in Parchim lebende Überzeugungstäter galt viele Jahre lang als Führungsfigur der Neonazi-Szene. Worch, den der „Spiegel“ seinerzeit als „Streithansel der Neonazi-Szene“ bezeichnete, hatte 2012 „Die Rechte“ gegründet und war fünf Jahre lang deren Bundesvorsitzender. Im November 2017 kam es zum Bruch mit jüngeren Neonazis. Wenige Stunden nach seiner Wiederwahl zum Bundesvorsitzenden legte Worch sein Amt wieder nieder, es gab sogar Gerüchte eines Austritts. Im April 2018 ließ sich Worch bei der Neonazi-Kundgebung in Dortmund wieder blicken und suchte den Kontakt zu Siegfried Borchardt. Nun ist er wieder dabei – zumindest vorläufig.
Die Politikwissenschaftlerin und Rechtsextremismus-Expertin Alexandra Kurth ordnet das Agieren der „Rechten“ folgendermaßen ein: „Es ist nachvollziehbar, dass ‚Die Rechte‘ die Beteiligung an der Europawahl im Mai 2019 als ihr wichtigstes Projekt begreift. Da sie bislang eher regional agiert, über keine bundesweiten Strukturen verfügt und auch als Wahlpartei bislang kaum eine Rolle spielte – bei der Bundestagswahl 2017 trat sie nur in Baden-Württemberg mit einer Landesliste an – könnte ihr ein ähnliches Schicksal wie der Freiheitlichen Arbeiterpartei (FAP) bevorstehen. Über diese hatte das Bundesverfassungsgericht 1994 aufgrund solcher und ähnlicher Aspekte befunden, dass sie ‚keine ausreichende Gewähr für die Ernsthaftigkeit ihrer politischen Zielsetzung‘ verfolge und deshalb keine Partei im Sinne des Parteiengesetzes sei. In der Folge konnte sie das Parteienprivileg nicht mehr für sich in Anspruch nehmen und wurde ein Jahr später vom Bundesinnenministerium als Verein verboten.“