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Ein Jahr nach Halle „Wir stehen hier, um zu zeigen, dass wir gemeinsam stark sind“

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Freunde und Familienangehörige der Ermordeten in Hanau gedenken gemeinsam mit Überlebenden des Anschlags in Halle. (Quelle: Debi Simon)

Fast genau ein Jahr nach dem antisemitischen Terroranschlag von Halle findet in Berlin das „Festival of Resilience“ statt. Organisiert wird es von „Base Berlin“, einer Gruppe junger Juden und Jüdinnen, die jüdisches Leben in Deutschland stärken wollen. Auch deshalb wollte die Gruppe am 9. Oktober 2019 Yom Kippur in Halle feiern. Die Synagoge in Halle wurde an diesem Tag angegriffen. Der Täter wollte soviele Juden und Jüdinnen töten, wie möglich. Als ihm das nicht gelang, ermordete er stattdessen Jana L., die zufällig vorbeilief, und Kevin S., im nahegelegenen „Kiez-Döner“. Auf der Flucht verletzte er mehrere Menschen schwer.

Ein Jahr später geht es nun um Resilienz, um Widerstandskraft – die Fähigkeit oder den Versuch, Krisen nicht nur zu bewältigen, sondern auch aus ihnen zu lernen oder etwas Besseres daraus zu schaffen. Das habe sich viele Überlebende vorgenommen. Denn Antisemitismus, Gewalt und Angst gehören weiterhin fest zum jüdischen Leben in Deutschland. Wenige Tage vor dem Festival, am 4. Oktober, kam es in Hamburg zu einem antisemitischen Übergriff, bei dem ein Student schwer verletzt wurde. „Leider ist das unsere Realität“, sagt eine Überlende.

Anetta Kahane, Vorstandsvorsitzende der Amadeu Antonio Stiftung, betont, wie wichtig, aber wie schwierig es sein kann, Traumata zu verarbeiten und Resilienz zu schaffen. Dazu gehört es auch, über das Erlebte zu sprechen. Sie betont: „Es ist ein langer Weg ohne Abkürzungen.“

Resilienz kann auch bedeuten, nicht aufzugeben. „Es muss weitergehen“, sagt ein Freund eines in Hanau ermordeten Mannes an diesem Abend. Nicht einmal acht Monate sind vergangen, seit am 20. Februar ein rechtsextremer Täter in Hanau neun Menschen ermordete und danach seine Mutter und sich selbst erschoss. Angehörige und Freund*innen der Opfer von Hanau sind an diesem Abend auch in Berlin. Sie wollen mit einer Stiftung vor allem in Schulen über Rassismus aufklären, um zu verhindern, dass sich Taten wie die von Hanau und Halle wiederholen. Gemeinsam gedenken sie den Opfern und den Betroffenen rechtsextremer Gewalt.

Um dieses gemeinsame Zusammenstehen geht es beim Festival immer wieder. Faruk Arslan verlor am 23. November 1992 seine zehnjährige Tochter Yeliz, seine Mutter Bahide und seine Nichte Ayse Yilmaz beim Brandanschlag von Mölln. Arslan wünscht den Familien aus Hanau und den Betroffenen von Halle Kraft und verspricht: „Wir werden niemals aufhören, die Wahrheit zu sagen!“ Zur Wahrheit gehört auch, dass antisemitische und rassistische Übergriffe für die Betroffenen zur Tagesordnung gehören, dass es immer wieder zu rechtem Terror kommt und dass Rassismus und Antisemitismus tief verwurzelt sind. Es kann nicht die Aufgabe der Betroffenen sein, daran etwas zu ändern. „Ihr müsst uns zeigen, dass ihr etwas unternehmt!“, sagt Arslan und spricht Politik und Zivilgesellschaft an. Auch die Medien trügen Verantwortung und sollten weniger auf die Geschichten der Täter, sondern vielmehr auf die Erfahrungen der Betroffenen eingehen, so Arslan.

„Ich lebe hier und werde immer hier leben!“ sagt Arslan am Ende seiner Rede und fasst zusammen, was an diesem Abend von vielen unterschiedlichen Menschen immer wieder gesagt wurde. Die Terroristen von Hanau und Halle haben schreckliches Leid verursacht. Aber die Betroffenen der Taten stehen zusammen und nehmen das Leid zum Anlass, laut zu werden und sich Gehör zu verschaffen, sie verschwinden nicht und sie lassen sich nicht einschüchtern: „Wir stehen hier, um zu zeigen, dass wir gemeinsam stark sind.“

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