Weiter zum Inhalt Skip to table of contents

„Eines der Gesichter des kroatischen Nationalismus“

Von|

Professor Raza, würden Sie die Musik von „Thompson“ als rechtsextrem bezeichnen?

Auf jeden Fall. Marko Perkovic flirtet ständig mit der faschistischen Tradition, dem faschistischen Erbe in Kroatien und hat das seit Beginn seiner Karriere in den 1990er Jahren getan. Beispielsweise benutzt er in seinen Liedern den Gruß der kroatischen Faschisten aus dem Zweiten Weltkrieg „Za dom!“ – „Für die Heimat!“ Seine Fans antworten darauf dann mit „Spremni!“ – „Bereit!“

Wie laufen „Thompson“-Konzerte ab? Immerhin werden die ja von Zehntausenden Menschen besucht, und darunter sind auch Politiker, Ex-Generäle und prominente Sportler.

Ich habe eines seiner Konzerte in der größten Konzerthalle von Zagreb vor fünf Jahren mit rund 8000 Gästen besucht. Damals war die Atmosphäre rings um seine Konzerte besonders aufgeheizt, weil es eine Art Kulturkampf zwischen den damals regierenden Sozialdemokraten und der extremen Rechten gab. Die Leute haben seine Konzerte als Teil einer extrem rechten Rebellion gegen die damalige Regierung verstanden. Und dementsprechend kamen auch die radikalsten Parolen aus dem Publikum. Da herrschte eine unglaubliche Wut. „Thompson“-Konzerte sind wie politische Kundgebungen.

Im Publikum wurde während des Konzerts immer wieder der „Ustascha-Gruß“ gezeigt, und ich habe auch Leute gesehen, die den „Hitler-Gruß“ gezeigt und dazu „Sieg Heil“ gebrüllt haben. Viele der Fans kamen aus dem Spektrum der extrem rechten Fussball-Hooligans. Sie brüllten immer wieder „Ubij Serbina“ ? Tötet die Serben“. Und dann gab es diverse Slogans gegen Roma und Juden. In der Menge wurden „Ustascha“-Fahnen geschwenkt, und ich würde sagen, dass zwei Drittel der Besucher faschistische Symbole zur Schau trugen.

Welches Selbstverständnis hat Marko Perkovic? Und woher kommt eigentlich der Künstlername?

Der 41-jährige Musiker heißt „Thompson“ in Anlehnung an die britische Maschinenpistole, mit der er nach eigenen Angaben im Kroatien-Krieg gekämpft hat. Diesen martialischen Namen hat er auch seiner Begleitband gegeben.

„Thompson“ selbst behauptet, er sei kein Faschist oder Rechtsexremist. Er hat dazu im Laufe seiner Karriere ganz unterschiedliche Äußerungen gemacht. Manchmal betont er, er sei kein Faschist. Und er ist vorsichtiger geworden, nachdem er ein Einreiseverbot für die Niederlande erhielt. Er spielt mit dem Image der extremen Rechten, aber er vermeidet es definitiv, sich organisatorisch zu binden oder festzulegen. Weil das eben Konsequenzen für seine Auftrittsmöglichkeiten haben könnte. Denn er ist bei den kroatischen Einwanderer-Communities in den USA, Kanada, Australien und natürlich Deutschland und Österreich immer wieder vor Tausenden von Besuchern aufgetreten – und will das natürlich auch gern weiter tun. Unter den Migranten ist er so beliebt, weil seine Musik an die ländliche kroatische Folkoremusik anschließt und eine Mischung aus Folk und Pop darstellt.

Ist Marko Perkovic denn eine Randfigur des kulturellen Lebens in Kroatien?

Keineswegs. Im vergangenen Jahr hatte er ein Konzert mit 40.000 Besuchern; sein letztes Album hat sich 100.000 mal verkauft und gehörte damit zu den bestverkauftesten kroatischen Alben.

Ist Marko Perkovic Symbolfigur eines kroatischen Nationalismus‘?

Kroatien hat nach wie vor eine sehr starke nationalistische Strömung in der Gesellschaft. Ich würde allerdings sagen, dass der Mainstream-Nationalismus moderater ist als derjenige, den „Thompson“ propagiert. Er ist sozusagen eines der Gesichter des kroatischen Nationalismus – ein gut integriertes Gesicht noch dazu. Aber der kroatische Nationalismus der gesellschaftlichen Mitte ist nicht nur Ausdruck jenes möderischen Hasses gegen Juden, Roma und Serben, der während des Ustascha-Regimes hunderttausenden das Leben gekostet hat.

Weblinks

| Kroatiens Trainer spielt Nazi-Musik – Schäuble protestiert

| Kroatischer Folk-Pop-Star bedient den rechten Rand

| Faschismus im Mainstream

Weiterlesen

2017-03-10-fussball

Lagebild Antisemitismus & Fußball

Der Hass ist auch in den deutschen Fußballstadien sichtbarer geworden. Neben offenem Antisemitismus, der vor allem in den unterklassigen Fußballligen in verbalen Attacken unter gegnerischen Fanszenen präsent ist, werden jüdische Vereine unmittelbar Opfer antisemitischer Attacken. Auch in den Protesten gegen den Bundesliga-Neuling RB Leipzig lassen sich strukturell antisemitische Ressentiments finden.

Von|
Eine Plattform der