Die „Artgemeinschaft“ – auch als „Germanische Glaubens-Gemeinschaft wesensgemäßer Lebensgestaltung e.V.“ bekannt – ist eine rechtsextremistische Vereinigung, die strukturell mit anderen rechtsextremistischen Organisationen vernetzt ist. Sie benutzt ihr neuheidnisches Weltanschauungsgebilde dabei als Vehikel, um rechtsextremistisches Gedankengut gesellschaftspolitisch zu verbreiten.
Dabei bestehen Verbindungen und personelle Verflechtungen in das gesamte rechtsextremistische Spektrum, darunter insbesondere zu den Neonazikreisen der Kameradschaften sowie zu der Subkultur der rechtsextremistischen Skinhead-Szene.
Die Organisation mit Sitz in Berlin hat in NRW etwa 30, auf Bundesebene etwa 150 Mitglieder. Vorsitzender und treibende Kraft der Artgemeinschaft ist der rechtsextremistische Multifunktionär Jürgen Rieger, der unter anderem bis zu dem diesjährigen Verbot auch die jährlichen Rudolf Heß-Gedenkveranstaltungen der Neonazi-Szene in Wunsiedel organisierte.
Die 1951 gegründete Artgemeinschaft schloss sich in den 60er Jahren mit der „Nordischen Glaubensgemeinschaft“ zusammen, deren Wurzeln bis in das ausgehende 19. Jahrhundert zurückreichen, unter anderem auf die mit heidnisch-völkischen und esoterischen Versatzstücken sowie theosophischen Aspekten angereicherten Theorien der so genannte Ariosophen. Hieraus leitet sich das bis heute grundlegende Denkmodell der Artgemeinschaft von der Überlegenheit der arisch-nordischen bzw. germanischen Rasse ab. Neben der Wiedererweckung und Verbreitung des „artgemäßen“ Glaubens geht es der Artgemeinschaft um die Rekonstruktion einer nach dem Grundsatz des Führerprinzips aufgebauten Volksgemeinschaft. Hierbei sind deutliche Anlehnungen an Elemente der NS-Ideologie erkennbar. Dies unterscheidet die Artgemeinschaft von anderen in Deutschland existierenden neuheidnischen Gruppierungen, die lediglich eine Renaissance der germanischen Mythologie anstreben.
Die Artgemeinschaft besitzt dem gegenüber eine rassistische Grundausrichtung und knüpft in Ihrem „Glaubensbekenntnis“ (so genannte „Artbekenntnis“) unmittelbar an die Rassenlehre des Dritten Reiches an. Menschen aus anderen Kulturkreisen werden von der Organisation – mitunter verklausuliert – als minderwertig abgelehnt.
So tritt neben das anscheinend unverfängliche, gesellschaftspolitisch neutrale Auftreten der heidnischen Gruppierung eine latent xenophobe und insbesondere antisemitische Weltanschauung. Hierbei werden die in rechtsextremistischen Kreisen populären Verschwörungstheorien einer Verknüpfung von Zionismus, Plutokratie und Weltherrschaftsstreben aufgegriffen, transportiert und – mit dem eigenen Religionsbegriff angereichert – unmittelbar reflektiert.
Diese Idee einer allein an Rassemerkmalen orientierten moralischen und geistigen Überlegenheit wird von der Artgemeinschaft gelebt und rigide gegenüber ihren Mitgliedern und eventuellen Aspiranten vertreten.
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Struktur, Publikationen und Internet-Auftritt
Auf regionaler Ebene ist die Organisation in so genannten Gefährtschaften gegliedert. In Nordrhein-Westfalen besteht die „Gefährtschaft Rhein/Maas“.
Auf öffentlichkeitswirksame Aktivitäten wird auf Grund des beinahe schon sektenhaften Charakters verzichtet. Als traditionelles germanisches Brauchtum werden unter anderem die jährlichen Sonnwendfeiern veranstaltet. Daran nehmen auch zahlreiche Personen und (ehemalige) Aktivisten aus dem rechtsextremistischen Umfeld teil.
Für Außenstehende kleidungstypische Erkennungsmerkmale von Rechtsextremisten (zum Beispiel „Bomberjacke“, Springerstiefel oder Tarnkleidung) sind bei den Veranstaltungen der Artgemeinschaft aber verpönt, sofern sie in der Öffentlichkeit stattfinden.
Die geringe Mitgliederzahl der Artgemeinschaft sowie die geschilderte marginale Außenwirkung dürfen in ihrer Bedeutung für die rechtsextremistische Szene jedoch nicht unterschätzt werden. Die Artgemeinschaft hat im rechten Spektrum auch eine „Scharnierfunktion“.
Vierteljährlich wird in kleiner Auflage die Mitgliederpublikation „Nordische Zeitung“ (NZ) herausgegeben, die sich mit heidnisch-religiösen Themen und germanischem Brauchtum beschäftigt. Daneben werden die dem „nordischen Menschen“ angeblich zuzurechnenden Eigenschaften dargestellt und so ein Bild der allgemeinen Überlegenheit kreiert.
Im Internet ist die Artgemeinschaft mit einer Homepage vertreten. Angeboten werden Auszüge aus der „Nordischen Zeitung“, Bilder mit Bezug zur nordischen Mythologie und der Zugang zu Foren und Chaträumen.