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Europäisches Parlament EU-Gelder für Holocaustleugnung verwendet

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Das Europäische Parlament in Brüssel
Das Europäische Parlament in Brüssel (Quelle: Flickr: Diamond Geezer / CC BY-NC-ND 2.0)

Mittel des Europäischen Parlaments wurden für Newsletter verwendet, die die Shoah leugnen. Der Verlag „W+B Medien“, der von der Nazi-Szenegröße Thorsten Heise betrieben wird, erhielt 2018 vom NPD-Politiker Udo Voigt, damals noch Europaabgeordneter, knapp 35.000 Euro. Das geht aus einer Anfrage des Brüsseler Nachrichtenportals EUobserver hervor, die nach dem Informationsfreiheitsgesetz gestellt wurde. Zuvor habe das Europäische Parlament verweigert, Auskunft über den Zweck der Mittel zu geben, so die Nachrichtenseite. Die Gelder stammen aus einem Budget für Europaabgeordnete, um „politische Informationstätigkeiten“ zu finanzieren.

Insgesamt wurden 34.565 Euro für sechs Newsletter mit dem Titel „Nation in Europa“ ausgegeben, die Heise für Voigt veröffentlichte. Der mehrmals vorbestrafte Heise ist im Bundesvorstand der NPD, aber auch ein führender Aktivist der Freien Kameradschaftsszene mit Verbindungen zur verbotenen rechtsextremen Terrororganisation „Combat 18“. Er ist zudem Produzent und Händler von Rechtsrock-Musik und organisiert das jährliche Festival „Schild und Schwert“ im ostsächsischen Ostritz. Von seinem Haus im westthüringischen Fretterode aus betreibt Heise den Internethandel „W+B Medien“ – der offenbar nun auch Newsletter für Europaabgeordnete produziert.

Einen solchen Newsletter widmete Karl Richter, von 2004 bis 2020 NPD-Mitglied, ehemals wissenschaftlicher Berater der sächsischen Landtagsfraktion der Partei und von 2008 bis 2020 für die Liste „Bürgerinitiative Ausländerstopp München“ im Münchner Stadtrat tätig, der Holocaustleugnerin Ursula Haverbeck. Ihr Gesicht ziert die Titelseite, die auch ihre Freilassung aus dem Gefängnis fordert.

Die Hitler-Verehrerin Haverbeck ist eine Veteranin der rechtsextremen Szene in Deutschland und leugnet die Shoah fanatisch seit Jahrzehnten. Ab 1963 betrieb sie zusammen mit ihrem Ehemann, dem Nationalsozialisten Werner Georg Haverbeck, die neonazistische „Bildungsstätte“ „Collegium Hamanum“ in einer ehemaligen Heimvolkshochschule im ostwestfälischen Vlotho. 1999, nach dem Tod ihres Mannes, übernahm sie die Leitung der Bildungsstätte und vergrößerte ihren Einfluss im neonazistischen Lager. Ab 2003 gehörte der Holocaust-Leugner und Antisemit Horst Mahler zu den ständigen Referenten – bis das „Collegium Hamanum“ im Mai 2008 vom damaligen Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble verboten wurde.

Haverbeck wurde bereits mehrmals wegen Volksverhetzung verurteilt – oft zu Geldstrafen. Doch seit Mai 2018 sitzt die mittlerweile 91-Jährige wegen Volksverhetzung, Holocaustleugnung und der Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener im Gefängnis. Anträge auf eine Aussetzung oder Verkürzung ihrer Haftstrafe wurden abgelehnt.

Auch in anderen „Nation in Europa“-Newsletter, die dem EUobserver vorliegen, seien Haverbeck sowie der Holocaustleugner Horst Mahler erwähnt worden. Zu den Autor*innen der Newsletter gehören auch die rechtsextreme Publizistin Angelika Willig, der Berliner NPD-Politiker Uwe Meenen und der ehemalige Parlamentarische Referent von Voigt und NPD-Kamerad Kersten Radzimanowski. In den Beiträgen geht es unter anderem um Voigts Unterstützung autoritärer Staatschefs wie Ilham Aliyev, Viktor Orbán, Vladimir Putin oder Bashar al-Assad. Aber die Newsletter werden auch als Anlass genutzt, um gegen die EU, Globalisierung, Israel und Immigration zu hetzen, sowie die altbekannten antisemitischen Verschwörungserzählungen über George Soros zu propagieren.

Auch der ehemalige ungarische Europaabgeordnete und Ex-Mitglied der rechtsextremen Partei Jobbik, Béla Kovács, benutzte Mittel des Europäischen Parlaments für Newsletter: 25.146 Euro hat er parlamentarischen Unterlagen zufolge für zwei 16-seitigen Newsletter ausgegeben. Die ungarische Regierung wirft Kovács Spionage gegen die Institutionen der Europäischen Union für die russische Regierung vor.

Zwischen 2014 und 2019 saß Voigt für die NPD im Europäischen Parlament. 1996 bis 2011 war er Vorsitzender der Partei. Er ist wegen Volksverhetzung vorbestraft. Gegen ihn wurden zudem mehrere Strafverfahren wegen Verherrlichung des Nationalsozialismus geführt.

Eine offene Frage bleibt, ob die Newsletter gegen Vorschriften des Europäischen Parlaments verstoßen. Denn auf Titelseiten von Publikationen müssen sowohl der Name des verantwortlichen Abgeordneten sowie sein parlamentarischer Status prominent gedruckt werden. Dass Voigt fraktionslos war, ist dem EUobserver zufolge nur kleingedruckt.

Im Europaparlament hagelt es spektrumübergreifend Kritik: Grüne und Linke verlangen, das Geld umgehend zurückzufordern. Auf Twitter schrieb Martin Schirdewan, Co-Vorsitzender der Europäischen Linken im Europaparlament, von einem „riesigen politischen Skandal“. Auch die Vizepräsidentin des Parlaments Nicola Beer (FDP) fand dafür scharfe Worte. Der Jüdischen Allgemeinen sagte sie: „Klar muss sein: EU-Gelder dürfen nicht für Hass und Hetze ausgegeben werden.“

Foto: Flickr / Diamond Geezer / CC BY-NC-ND 2.0)

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