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Europawahl 2019 Die Parteienlandschaft rechtsaußen in Deutschland

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Zur Situation in Deutschland vor der EU-Wahl.

Am 26. Mai 2019 finden die EU-Wahlen statt. Um einen möglichst umfangreichen Überblick über die rechte Parteienlandschafts Europas zu geben, haben wir mit europäischen Journalist*innen und Initiativen in den verschiedenen EU-Ländern gesprochen. Wir haben sie gefragt, wie die jeweiligen Parteien die EU verändern wollen und gegen welche marginalisierte Gruppen sich ihr Hass hauptsächlich richtet.

Die Fragen zu Deutschland beantwortet Simone Rafael von www.belltower.news – Netz für digitale Zivilgesellschaft.

Welche rechtspopulistischen / rechtsextremen Parteien gibt es bei Ihnen bzw. treten bei der Europawahl an?

1)      AfD / Alternative für Deutschland
2)      NPD / Nationaldemokratische Partei Deutschlands
3)      Die Rechte – Partei für Volksabstimmung, Souveränität und Heimatschutz
4)      Der III. Weg
5)      Bernd Lucke und die Liberal-Konservativen Reformer (LKR)

Für welche Haupt-Politikinhalte stehen sie?

1)      Die „Alternative für Deutschland(AfD) ist eine nationalistisch-völkische, rechtspopulistische Partei – mit einzelnen Vertreter*innen, die rechtsradikale Töne anschlagen. Sie wurde 2013 als EU-skeptische, rechtsliberale Partei gegründet, radikalisierte sich aber ab 2014 parallel zu „Pegida“ und insbesondere ab 2017, seit sie mit 12,6 % der Stimmen in den Bundestag einzog, zugleich aber demokratiefeindlich argumentierende Teile der Partei die Meinungsführung übernahmen („Flügel“). In der Folge fielen die Hemmungen, auch offen mit rassistischen, islamfeindlichen, rechtsradikalen und rechtsextremen Gruppierungen zusammen zu arbeiten, etwas mit der islamfeindlichen „Pegida“-Gruppierung, der rechtsextremen „Identitären Bewegung“, rechtsextremen Thinktanks wie „Ein Prozent“ und dem Institut für Staatspolitik in Schnellroda, entsprechenden Burschenschaften und „Alternativmedien“ (vgl. BTN). Inhaltlich steht die AfD für EU-Skepsis, (teilweise völkischen) Nationalismus, Islamfeindlichkeit, christlichen Fundamentalismus, Anti-Modernismus und Vielfalt-Feindlichkeit, Rassismus und Flüchtlingsfeindlichkeit, Anti-Establishment-Argumentationen und Geschichtsrevisionismus („Schlussstrich“ unter die Geschichtsaufarbeitung, Nationalsozialismus als „Vogelschiss“ usw.), Leugnung des Klimawandels. Die AfD sitzt seit 2014 im EU-Parlament. Von ursprünglich sieben Abgeordneten gehört heute nur noch einer der AfD an (Jörg Meuthen, der für Beatrix von Storch nachgerückt ist, als diese in den Bundestag gewählt wurde).

2)      Die „NPD“ („Nationaldemokratische Partei Deutschlands“) ist eine rechtsextreme Kleinpartei, die zwar jahrzehntelang die größte rechtsextreme Partei in Deutschland war, seit Gründung der AfD allerdings massiv an Bedeutung verloren hat, weil sie an diese die bürgerlich auftretenden Rechtsaußen-Wähler*innen verloren hat und nun nur noch auf klassisch rechtsextremes Publikum zurückgreifen kann, dass auch offen die Abschaffung der Demokratie in Deutschland wünscht. Sie steht für völkischen Nationalismus, Rassismus, Islamfeindlichkeit, Flüchtlingsfeindlichkeit, Abschaffung der Demokratie in Deutschland. Sie hat eine programmatische und sprachliche Nähe zur NSDAP und vertritt eine revanchistische Ideologie. Die NPD sitzt aktuell in Deutschland nicht im Bundestag und auch in keinem Landtag mehr, hat aber noch rund 300 kommunale Mandate. Die NPD hat derzeit einen Sitz im EU-Parlament (Udo Voigt).

3)       „Die Rechte – Partei für Volksabstimmung, Souveränität und Heimatschutz“ ist eine neonazistische Kleinstpartei, die als Sammelbecken für in anderen Rechtsaußen-Parteien unzufriedene Rechtsextreme und für Mitglieder verbotener Kameradschaften fungiert. Explizit propagiert sie neben Rassismus und Islamfeindlichkeit auch Antisemitismus und ein revanchistisches Weltbild. Spitzenkandidatin für die Europawahl ist Ursula Haverbeck-Wetzel, die derzeit wegen wiederholter Holocaustleugnung im Gefängnis sitzt. „Die Rechte“ saß bisher nicht im EU-Parlament, auch nicht im Bundestag, sie hat aber zwei kommunale Mandate in den Stadträten von Dortmund und Hamm.

4)      „Der III. Weg“ ist eine noch kleinere rechtsextreme neonazistische Kleinpartei in Deutschland, ebenfalls gegründet, um eine verbotene Kameradschaftsstruktur (Freies Netz Süd) weiterzuführen. Die Partei versteht sich als „bewusste neonazistische Elite, die nicht auf Wachstum aus ist“ und orientiert sich am historischen Nationalsozialismus, um eine „nationalrevolutionäre“ Alternative zu Kommunismus und Kapitalismus zu bieten. „Der III. Weg“ saß bisher nicht im EU-Parlament, auch nicht im Bundestag, Landtagen und hat auch keine kommunalen Mandate.

5)      Bernd Lucke und die „Liberal-Konservativen Reformer“ (LKR) seien hier der Vollständigkeit halber aufgeführt, bisher sind sie vor allem eine europaskeptische Partei. Die LKR sind eine Partei-Neugründung vom ehemaligen Gründer der AfD, Bernd Lucke (2015 als „Allianz für Fortschritt und Aufbruch /Alfa“ gegründet, ab 2016 LKR). Sie sind bisher in Deutschland nicht nennenswert politisch in Erscheinung getreten und bekennen sich zum freiheitlichen, demokratischen und sozialen Rechtsstaat sowie den im Grundgesetz verbrieften Grundrechten, sind dabei EU-skeptisch und für die Abschaffung des Euro und für starke Nationalstaaten. Durch Übertritte von AfD-Mandatsträgern gehören der Partei ein Abgeordneter im Europäischen Parlament (Bernd Lucke, der wieder gewählt werden möchte), ein Abgeordneter in der Bremischen Bürgerschaft sowie einige kommunale Mandatsträger an.

Was sind ihre Hauptthemen im EU-Wahlkampf?

1)      AfD: Claim: „Wir sind die Alternative für ein Europa der Freiheit!“ + „Geht’s noch, Brüssel? Denkzettel: Jetzt AfD wählen“ + „Freiheit statt Brüssel“ = EU-Skepsis (bestimmt zu viel, z.B. Umgang mit Geflüchteten, Diesel), kein Euro, Grenzen sind nicht sicher + „Nationale Souveränität in der Asyl- und Zuwanderungspolitik“ + „Remigration statt Masseneinwanderung“ (Rassismus, Flüchtlingsfeindlichkeit, gegen EU), „Heimat bewahren“ (Nationalismus);  EU-Freizügigkeit „eingrenzen“ (sic), Deutschland zahlt zuviel („Budgetkolonie der EU“), „linke“ (d.h. hier demokratische) Politik sorgt für „Denkverbote“, Verächtlichmachung Andersdenkender (das sind sie), Bevormundung und ist teuer / gibt Geld aus, das sie nicht hat; „Europa der Nationen“ (Nationalismus, Ethnopluralismus).

2)      NPD: „Migration tötet“ (Rassismus / Flüchtlingsfeindlichkeit), Europa der Vaterländer (Ethnopluralismus), Volksgemeinschaft statt EU-Diktatur, DEXIT (Austritt Deutschlands aus der EU), „Widerstand ist wählbar“, AfD ist unzuverlässig

3)      Die Rechte: „Die Rechte“ will „die Wut von der Straße in die Parlamente tragen“ und fordert für die Europawahl u.a., „Großdeutschland in seinen natürlichen Grenzen“ wiederherzustellen („Ziel, diese Gebiete auf diplomatischem Wege wieder „heim ins Reich“ zu holen“) und den 20. April als Nationalfeiertag einzuführen (Adolf Hitlers Geburtstag). Die EU soll abgeschafft werden, zumindest aber DEXIT.

4)      Der III. Weg: Ihr Hauptclaim: „Europäische Eidgenossenschaft statt EU-Diktatur“ – also: Ethnopluralismus, ein Europa „souveräner Staaten“ statt gemeinsamer Politik. Ziel: EU auflösen und europäische Neuordnung „auf antikapitalistischer und völkischer Grundlage.“

5)      LKR: Claim: „Die Eurokritiker“; Gegen den Euro, gegen eine starke EU (Slogan: „Werte erhalten, Europa gestalten. Ende des staatlichen Kontrollverlustes, Mut zu Reformen. Starkes Deutschland, schlanke Europäische Union). Grundaussage: „Gleichmacherei aller Staaten wird Europa zerstören“. Flüchtlingspolitik: „gut geschützte Außengrenzen, die unkontrollierte Einwanderung verhindern“.

Gegen welche marginalisierte Gruppe richteten sich ihre Kampagnen am stärksten?

Geflüchtete, Muslim*innen, Migrant*innen. Aber auch Sexismus, Antifeminismus und Homo- und Transfeindlichkeit sind Themen, zumindest in den Europawahl-Programmen, von 1), 2), 3).

Wie wollen sie die EU verändern?

1)      AfD: Ursprünglich wollte die AfD den „DEXIT“, wenn die Einflussbereiche der EU nicht massiv zurückgeschraubt würden zugunsten der Nationalstaaten; da sie allerdings bemerkt hat, dass ein EU-Austritt in der deutschen Öffentlichkeit nicht wirklich positiv konnotiert ist, sprechen sie nun eher von nationalistischen und minderheiten- und grundrechtsfeindlichen Reformen innerhalb der EU.

2)      NPD: Deutschland soll die EU verlassen („DEXIT“).

3)      Die Rechte: Deutschland soll die EU verlassen („DEXIT“).

4)      Der III. Weg: Deutschland soll die EU verlassen („DEXIT“).

5)      Bernd Lucke und LKR: wollen ein „Europa souveräner Staaten“. Das heißt u.a. keine Krisenhilfe bei Schulden und Bankenkrisen; „GREXIT“ (Griechenland soll die EU verlassen, um deutsche Steuerzahler vor Haftungsrisiken zu schützen); Rückkehr zu nationalen Währungen.

Wie groß schätzen Sie ihre Chancen auf einen Wahlerfolg ein?

1. AfD: Prognosen sagen zwischen 9 und 16 % der Stimmen voraus.

2. NPD: Keine Chance auf Einfluss. Vielleicht halten sie ihren 1 Sitz.

3. Die Rechte: Keine Chance.

4. The III. Weg: Keine Chance.

5. LKR: Keine Chance auf Einfluss. Vielleicht halten sie ihren 1 Sitz.

 

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