Belltower.News: Möchtest du wirklich in ein Europaparlament, in dem mutmaßlich ziemlich viele Rechtsextreme und Rechtspopulist*innen sitzen werden?
Nico Semsrott: Natürlich würde ich lieber in ein Europaparlament, in dem keine Rechtsextremen sitzen. Aber als Parlamentarier kann man sich ja nicht aussuchen, wer noch reingewählt wird. Ich glaube, es gibt wenig, was Rechtsextreme so aufregt wie Satire. Rechtsextreme haben keinen Humor. Außerdem ist Humor ein gutes Mittel, um Leute überhaupt für etwas zu interessieren, ihnen Trost zu spenden und ein bisschen Angst zu nehmen.
Deine Top 3 – Strategien gegen menschenfeindliche Ideologien?
Zusammenarbeiten mit anderen Humanisten. Sich gegenseitig Mut machen durch Taten und Worte. Und den Menschenfeinden Angst machen. Ihnen klar machen, dass es für sie ungemütlich wird, wenn sie ihre Ideologie verfolgen.
Aber meine ganz persönlichen TOP 3 lauten: Weinen, lachen, Powerpoint.
Du hast gesagt, Du willst Demokratie europaweit einführen, auch in Sachsen. Wie willst du das denn anstellen?
Das habe ich mir noch nicht so gut überlegt. Die EU kann schlecht konkret in die sächsischen Innenbehörden eingreifen. Wichtig ist es aber, dass überhaupt jemand die Demokratisierung Sachsens fordert. Im ersten Schritt wäre es wichtig, dass gerade die CDU sich von Rechtsextremismus glaubwürdig distanziert. Die Konservativen in ganz Europa sind dafür verantwortlich, ob sie Rechtsextreme zur Macht verhelfen oder nicht.
Steckt „Die PARTEI“ hinter dem Ibiza-Video?
Nein. Dahinter steckt allein die FPÖ.
Gibt es Themen, bei denen der Spaß für Dich aufhört?
Meistens fängt der Spaß ja leider gar nicht erst an. Es gibt zwei Dinge, die man unterscheiden muss. Wir machen ernste Politik mit komischen Mitteln. Die meisten anderen Parteien komische Politik mit ernsten Mitteln. Wo Politik das Leben von Menschen konkret verschlechtert, hört der Spaß auf.
Was machst du als erstes, falls Du ins Europaparlament einziehst?
Ich überlege, ob ich ein Milkshake zur ersten Sitzung mitnehme. Oder Eier. Oder eine Torte. Irgendwie muss man seine neuen Kollegen ja begrüßen. Ansonsten muss ich wohl in Fraktionsverhandlungen gehen, weil ich keine Lust habe, wie Martin Sonneborn bei den rechtsextremen Abgeordneten zu sitzen, die sogar den Rechtsaußen-Fraktionen zu verrückt sind.
Was sollten wir alle gegen das Erstarken des Rechtspopulismus tun?
Den Mund aufmachen, so oft es geht, auf allen Bühnen, online und offline. Ich glaube an die Impulstheorie. Jeder Impuls zählt, jedes Widerwort beim Familienessen, selbst jedes Teilen eines Facebook-Beitrags. Spenden an Nichtregierungsorganisationen, die sich im weitesten Sinne antifaschistisch engagieren. Und natürlich Parteien wählen, die sich den Rechtspopulisten in den Weg stellen.