
Am vergangenen Donnerstag wurde die Jugendliche schwer verletzt auf einem Feldweg entdeckt. Sie wurde mit einem Rettungshubschrauber in eine Klinik gebracht, erlag dort jedoch ihren Schussverletzungen. Der mutmaßliche Täter ist Francesco M., er soll Teil der militanten Neonazi-Szene sein. Nach der Tat erschoss er sich selbst
Laut Presseberichten hatte Francesco M. in dem aktuellen Mordfall eine kurzzeitige Beziehung zu seinem späteren Opfer. Sie hatte jedoch die Beziehung vor Monaten beendet. Laut Nachbarn hatte er das Beziehungsende nicht akzeptiert und sie immer wieder belästigt. Gewalt, auch Gewalt gegen Frauen, ist vielfach integraler Bestandteil rechtsextremer Ideologie. Deshalb muss in diesem Fall auch untersucht werden, welchen Rolle die rechtsextreme Ideologie des Täters gespielt hat.
Francesco M. ist schon lange vor diesem Femizid als Gewalttäter und militanter Neonazi in Erscheinung getreten. Im März 2010 hatte der damals 17-jährige Neonazi und drei Kameraden mit einem Molotowcocktail einen Brandanschlag auf das Haus eines 48-jährigen Kirchenmitarbeiters in Wetzlar verübt. Dieser war als engagierter Gegner der rechtsextremen Szene bekannt. Im Haus hielten sich zudem seine Ehefrau und deren drei Kinder im Alter zwischen 15 und 19 Jahren auf.
Francesco M. und die drei anderen Neonazis waren zum Tatzeitpunkt schon länger in der örtlichen rechtsextremen Szene als „Autonome Nationalisten“ und „Anti-Antifa Wetzlar“ organisiert. Im Februar 2011 verurteilte das Landgericht Limburg Francesco M. wegen vierfachen versuchten Mordes und schwerer Brandstiftung zu fünf Jahren und neun Monaten Jugendhaft. Die drei Mittäter, damals zwischen 17 und 23 Jahren alt, erhielten Freiheitsstrafen zwischen drei Jahren und neun Monaten und fünf Jahren.
Umgang mit rechtsextremen Tätern
Die Tat von Francesco M. zeigt, dass die strafrechtliche Verfolgung von gewaltbereiten Rechtsextremen alleine oft nicht ausreicht, um zukünftige Gewaltverbrechen zu verhindern. Angebote zivilgesellschaftlicher Ausstiegs- und Distanzierungsberatungen können dabei helfen, eine nachhaltige Loslösung von menschenfeindlicher Ideologie anzuregen, Rationalisierungen für Gewalt zu hinterfragen und den Verzicht auf Gewalt zu gewährleisten. Besonders bei politisch motivierten Straftaten können diese auch auf richterliche Weisung erfolgen und so bestenfalls die Wiedereingliederung in die rechtsextreme Szene bei der Haftentlassung verhindert werden.
Femizid und Rechtsextremismus
Der tragische Femizid in Hessen wirft komplexe Fragen auf, insbesondere hinsichtlich der Motive hinter solch gewalttätigen Taten. Es ist entscheidend zu erkennen, dass Antifeminismus, Sexismus und Misogynie zwar oft gleichzeitig auftreten, jedoch unterschiedliche Phänomene darstellen, die verschiedene Personen betreffen. In diesem Fall bleibt zunächst offen, ob es sich auch um antifeministische Motive handelt. Generell können auch rechtsextreme Frauen von Sexismus und Frauenhass betroffen sein. Der Frauenhass kann derart extrem sein, dass er in einem Femizid mündet, was die tödlichen Konsequenzen von misogynen Einstellungen verdeutlicht.
Gewalt ist ein zentrales Element der Ideologie innerhalb der militanten Neonaziszene, und die Gewaltbereitschaft ist in diesem Fall allein schon durch das Vorstrafenregister des Täters sehr offensichtlich. Die patriarchale Geschlechterordnung wird durch autoritäre Vorstellungen innerhalb dieser Ideologie verstärkt, die Frauen als dem Mann untergeordnet betrachtet. Der Mann wird als „Hüter der Familie“ oder seines „Volkes“ gesehen, was ihm alleinige Kontrolle und Entscheidungsmacht zuschreibt. Diese gefährlichen Überzeugungen tragen zur Legitimierung von Gewalt gegen Frauen bei und müssen dringend sichtbarer gemacht werden.
Bei dem mutmaßlichen Mord nutzte Francesco M. eine illegal beschaffte Waffe. Auch das unterstreicht die Affinität zu Gewalt des rechtsextremen Täters.