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Frust nach “Pfingsten in Berlin” “WO BLEIBT DER VOLKSAUFSTAND”?

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Nix los in Berlin: Polizisten sperren den Breitscheidplatz ab, nachdem sich 100 Teilnehmer einer Demonstration gegen die Corona-Politik zusammengefunden haben. (Quelle: picture alliance/dpa | Carsten Koall)

Mit Berlin 2020 verbinden Querdenker*innen, Verschwörungsideolog*innen, Reichsbürger*innen und andere “Regierungskritiker*innen” mächtige Versammlungen, die die Szene bestärkten (vgl. Belltower.News). Daran wollte “Pfingsten in Berlin” anknüpfen. Die Hauptstadt – zumindest deren Innenstadt – sollte voller Querdenker*innen sein. In Telegram-Gruppen wurden 100.000 Teilnehmer*innen erwartet, immerhin 16.000 Teilnehmer*innen wurden auch angemeldet. Die Redner*innen-Liste war entsprechend lang, selbst Schwindel-Arzt Bodo Schiffmann, der derzeit in Tansania weilt, war darauf vermerkt (vgl. Belltower.News).

Die Realität fiel bescheidener aus.

Zahlreiche geplante Veranstaltungen wurden schon im Vorfeld von der Versammlungsbehörde untersagt – weil mit gutem Erfahrungsrecht eine Nichteinhaltung der Masken- und Abstandspflicht vermutet wurde. Anders als bei anderen Veranstaltungen in anderen Städten unterband die Berliner Polizei dann auch, dass Lautsprecherwagen und Anlagen aufgebaut wurden.

Am Samstag, den 22.05. wurde wieder einmal wurde versucht, Kleinkinder im Buggy gegen die Polizei “einzusetzen”, als Gruppen von mehreren hundert Personen durch die Stadt marodierten.

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Als den wenigen Angereisten am Sonntag klar wurde, dass eine Versammlung am “Großen Stern“ im Tiergarten nicht möglich war – auch wenn die Pandemieleugner-Partei “Die Basis” dafür geworben hatte -, erschien stattdessen ein Treffen an der Gedächtniskirche am Kurfürstendamm in Charlottenburg als gute Idee. Solange, bis die rund 200 Teilnehmenden von der Polizei wegen Teilnahme an einer nicht genehmigten Versammlung eingekesselt und festgehalten wurden, um die Personalien festzustellen – siehe Titelbild. Nicht im Kessel: Die “Querdenken”-Anwälte Ralf Ludwig und Markus Haintz, die zu der Versammlung aufgerufen hatten, sie aber rechtzeitig verlassen hatten.

Wer an einer verbotenen Versammlung teilnimmt, muss mit einer solchen polizeilichen Maßnahme rechnen. Dies war hier offenbar aber nicht der Fall. Entsprechend empört sich “Frauenbustour“-Aktivistin Eva Rosen, die “deutschen Polizisten“ hätten sich an den “eigenen Großeltern“ schuldig gemacht. Weil sie Recht durchsetzen, wenn die Demonstrationsteilnehmer*innen dagegen verstoßen.

Eva Rosen denkt an die Rentner*innen, die in die missliche Situation gebracht wurden. Natürlich erst hinterher.

Die rechtsalternativen YouTuber, die sich auf “Querdenken”-Demonstrationen gern als “Presse” darstellen, kamen diesmal auch nicht so leicht mit dem Gedanken durch, ein YouTube-Livestream sei schon eine journalistische Tätigkeit:

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Kurzzeitig gab es dann noch Verwirrung darüber, ob der Berliner “Pandemieleugner“-Sänger Björn “Banane“ Winter etwa geimpft sei, weil er der Polizei ein gelbes Ausweisdokument vorlegte. In einer Welt voller Verschwörungserzählungen wäre dieser Verrat natürlich kaum zu kompensieren – doch Banane versichert, es sei nur ein “Europäischer Notfallpass“ für Asthmatiker*innen. Hinterher war Björn Banane allerdings relativ desillusioniert: “Ich weiß nicht, wie viele Demonstrationen wir hier noch machen sollen.“ Für ihn sind es viel zu wenige, die sagten: “Attacke! Mit mir nicht!“. Schließlich geschehe hier doch “ein Völkermord“. Dies erzählt er seinem filmenden Handy, während er im Auto sitzt.

Sonntagabends trafen sich noch einmal rund 350 Menschen im Treptower Park – aber wiederum nicht lange, bis die Polizei das Treffen auflöste.

Dafür gab es am Pfingstmontag genehmigte Veranstaltungen. Nicht in der Mitte Berlins, aber in verschiedenen Bezirken:

Dann aber verlor das Orgateam von “Pfingsten in Berlin“ doch die Nerven und sagte alles ab – angeblich “wegen Polizeigewalt“.

Eine Pressemitteilung folgte dann nicht. Menschen waren auch trotzdem da – aber nicht viele. Laut Medienberichten und Polizei trafen sich rund 200 Querdenker*innen in Kreuzberg im Namen von “Pfingsten in Berlin“, 100 in Marzahl-Hellersdorf – mit “Volkslehrer“ und Holocaustleugner Nikolai Nehrling und Sandra Gabriel von der Querfront-“Freien Linken”, 50 in Pankow, 80 in Reinickendorf, 40 in Schöneberg und 300 im Mauerpark.

Eine Gruppierung, die ihre Kommen und dabei ihre kämpferische Grundhaltung angekündigt hatte, war der “Veteranenpool Berlin-Brandenburg”. Da hatten die Teilnehmer praktisch alles vorbereitet, “Karten, Kommandos, taktische Strukturen“.  Was fehlte? Menschen. Die fehlen dann auch schmerzlich, denn ohne ausführende Personen nützen die schönsten Pläne wenig.

Auf dem Telegram-Channel “Polizisten für Aufklärung” [sic] sind die Teilnehmer*innen auch nicht amüsiert. Zeit für eine Richterbeschimpfung.

Auch auf dem Channel des rechtsalternativen und antifeministischen Aktivisten “Aktivist Mann” ist man not amused: “WO. BLEIBT. DER. VOLKSAUFSTAND”?

Andere Teile der Querdenken-Bewegung sind unglücklich, wenn der Staat sie ernst nimmt und entsprechend der angekündigten zehntausenden Besucher*innen ein angemessenes Polizeiaufgebot bereitstellt.

Wobei der Vorwurf, dass nur 80 Menschen mobilisiert werden konnten, wohl kaum der Polizei zu machen ist. Oder? Im Verschwörungsmilieu natürlich schon:

Sie wurden im Park angesprochen! Ihnen wurden Regeln erklärt! Unmenschliche Zustände in diesem “totalitären Polizeistaat“.

Für das rechtsextreme “Compact”-Magazin ist das schon “Guerillakampf“.
Ausharren als die ulimative Kampferfahrung.

Die “Helden“ standen mit Keyboard und Mikroanlage im Mauerpark und wurden aufgelöst, nachdem sie sich nicht an Masken- und Abstandsregeln halten wollten.

Realistischer ist ein Teilnehmer*innen-Gruppe bei der Einschätzung:

“Wir haben wochenlang investiert, wir dachten, wir können den 01.08. toppen, den 29.08., aber das ist alles gescheitert im Moment.“ (…) “Wir laufen durch Berlin durch, die Leute sitzen in ihren Restaurants, sind gestestet und geimpft und freuen sich, dass sie noch irgendwie Action haben am Rand.“ Vielleicht sollten sie sich einreihen. Leider ruft am Ende ein Beistehender wieder etwas vom „Bürgerkrieg“. Das ist die große Gefahr: Dass sich Teile der übriggebliebenen Szene radikalisieren.

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Text Simone Rafael, Recherche Veronika Kracher.

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