Über die sogenannten Filterblasen wird spätestens seit den US-Wahlen viel diskutiert. Besonders Facebook wird vorgeworfen, mit seinem Algorithmus Usern und Userinnen eigentlich nur solche Meinungen in ihre Feeds zu spülen, die sie ohnehin schon teilen. Das „Wallstreet Journal“ hatte schon im Januar den Facebook-Feed von konservativen bis rechten Nutzer_innen mit dem von liberal eingestellten verglichen: Die Unterschiede waren riesig.
Trotzdem verwirren sich in den sozialen Netzwerken immer noch Nutzer_innen auf die „andere Seite“. Aber damit räumt eine neue Website jetzt auf. Die Filterblase existiert hier nicht im, sondern ist das ganze soziale Netzwerk.
Gab.ai ist vielseitig: Judenhass, Homohass, Holocaustleugnung, NS-Relativierung.
Gab.ai ist eine Mischung aus Twitter – allerdings mit 300 möglichen Zeichen – Reddit und Facebook. Man kann Nutzer_innen folgen, Bilder, Links und Videos posten und Posts von anderen up- oder downvoten. Im Mai gab einer der Gründer bekannt, dass man mittlerweile 185.000 Nutzer habe. Angeblich sollen viele davon aus Deutschland kommen. Vor einigen Wochen wurde Kolja Bonke, Autor von „Frauenheld: 5 Schritte zum erfüllten Sex- und Liebesleben“ und nebenher „Asylkritiker“, von Twitter gesperrt. Unter dem Hashtag #freekolja sammelte sich schnell der deutschsprachige Teil des rechten Twitter-Universums. Bonke hat mittlerweile den Weg zu gab.ai gefunden und machte damit das neue soziale Netzwerk bei seinen Unterstützer_innen populär. Die gerade in den letzten Tagen auftretenden Meldungen über den sogenannten angeblichen „Shadowban“ auf Twitter , unter dem sichvor allem rechte Nutzer_innen auf Twitter unsichtbar gemacht fühlen – in der Realität handelt es sich nach Unternehmensangaben nur um einen Softwarefehler – könnte dem Netzwerk nochmal neue User und Userinnen zuspülen.
Diesem Nutzer folgt zum Beispiel Martin Sellner, Chef der „Identitären Bewegung„.
Gab.ai (von gab, zu Deutsch „quatschen“) wurde vom US-Amerikaner Andrew Torba gegründet und hat seinen Hauptsitz in Austin, Texas. Torba unterstützt Trump und fühlte sich während des amerikanischen Wahlkampfes zensiert. Nachdem prominente Alt-Right-Akivist_innen wie Milo Yiannopoulos ihre Twitter-Accounts verloren, wollte Torba ein eigenes soziales Netzwerk schaffen. Gab.ai war geboren. Das einzige, was hier verboten ist, sind Gewaltaufrufe und illegale Pornographie.
Das Logo der Seite ist ein Frosch. Der wiederum hat, laut Firmenangaben, überhaupt nichts mit dem mittlerweile verstorbenen Pepe, einer Symbolfigur der Alt-Right-Bewegung, zu tun. Sondern vielmehr mit zwei Bibelversen, in denen Gott die Menschheit mit Fröschen straft.
Der letzte Post der AfD-Münster auf gab.ai ist drei Wochen alt (Stand 28.06.2017). Auf Social Media kann man sich ruhig auch mal Pausen gönnen. Währenddessen ist die AfD-Thüringen noch privat unterwegs.
Gestraft fühlt man sich durchaus, wenn man sich durch die deutschen Profile der Seite klickt. Alles „was man wohl noch sagen dürfen wird“ wird hier gesagt. Und zwar permanent. Auf gab.ai sind Geflüchtete Terroristen, die Jugend wird verschwult und die Juden arbeiten an der Unterwerfung von allen anderen.
Der VIP-Bereich von gab.ai
Neben dem schon erwähnten Sex-Experten Bonke hat sich auch schon der Rest der Rechtspopulismus-Schickeria angemeldet – zumindest lassen die Nutzernamen und die geteilten Posts das vermuten, einige wenige sind auch verifiziert : David Berger, Akif Pirincci, Tatjana Festerling oder „Identitären“-Chef Martin Sellner. Mehrere AfD-Accounts gibt es auch. Viele davon fallen aber vor allem durch Inaktivität auf. Die letzten Posts sind mehrere Wochen alt. Die großen Namen der Partei haben sich ihre Seiten zwar wohl schon „reserviert“, gepostet wird allerdings noch nichts.
Die Parteigrößen der AfD auf gab.ai: „sicherheitshalber reserviert“
Aber es ist ja auch nicht alles schlecht: Dadurch, dass alle auf gab.ai der gleichen Meinung sind, gibt es wenig Reibungspunkte und man muss niemandem mit Vergewaltigung, Mord oder anderem drohen. Das Netzwerk wirkt dabei aber wie ein Zoo, indem Interessierte der rechten Filterblase in ihrer Entfaltung zusehen können.