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Gedenken und Demo Wie ist die Situation in Zwickau 10 Jahre nach der Selbstenttarnung des NSU?

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Am 7. Oktober 2021 erinnerten in Zwickau rund 600 Demonstrant:innen an die Selbstenttarnung des NSU. (Quelle: Tim Mönch)

Der Schwanenteich am Rande der Zwickauer Innenstadt strahlt am Samstag in den schönsten Herbstfarben. Rund um die Gedenkbäume in der Mitte des Parks für die Opfer des „Nationalsozialistischen Untergrund“ stehen rund 600 Antifaschist*innen, die auf ihrem bisherigen Weg durch die Stadt lautstark Parolen skandiert haben. Doch jetzt ist es still. Es gibt eine Gedenkminute für Enver Şimşek, Abdurrahim Özüdoğru, Süleyman Taşköprü, Habil Kılıç, Mehmet Turgut, İsmail Yaşar, Theodoros Boulgarides, Mehmet Kubaşık, Halit Yozgat und Michèle Kiesewetter, die zwischen 2000 und 2007 ermordet wurden.

Ermordet von Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt, die in dieser Zeit gemeinsam mit Beate Zschäpe und mit Hilfe von einem großen Unterstützer*innen-Netzwerk in Zwickau unerkannt leben konnten und von hier ihre Taten begingen. Jahrelang waren sie niemandem aufgefallen, bis sich die beiden Männer nach einem Banküberfall in Eisenach am 04.11.2011 in ihrem Wohnwagen selbst töteten, Zschäpe daraufhin die Wohnung in der Frühlingsstraße in Brand setzte und das Bekennervideo verschickte.

Gedenken an die Opfer des NSU (Alle Fotos vom Autor).

Zehn Jahre, einen riesigen Gerichtsprozess und viele parlamentarische Untersuchungsausschüsse später reisen an diesem Samstagnachmittag antifaschistische Demonstrierende aus ganz Deutschland nach Zwickau, denn der NSU-Komplex ist bis heute weit von der lückenlosen Aufklärung entfernt, die Bundeskanzlerin Angela Merkel eins versprach.

Vom Hauptbahnhof aus führt ihre Route quer durch die Stadt entlang verschiedener Orte mit NSU-Bezug. Einen besonderen Fokus legen die Demonstrierenden dabei auf das Gedenken an die Opfer des NSU und die Solidarität mit ihren Angehörigen, sowie die rassistischen, gesellschaftlichen Umstände, die die Taten des NSU erst ermöglichten.

Gestern. Heute. Morgen?

Dass das Motto der Demonstration „Gestern. Heute. Morgen?“ überaus passend für Zwickau gewählt ist, zeigt ein Redebeitrag zu den neonazistischen Kontinuitäten in der westsächsischen Stadt. Der Blick aufs Gestern zeige ein Netzwerk von Unterstützer*innen, die das NSU-Kerntrio damals unterstützen und bis heute in Zwickau und Umgebung leben, wie der im NSU-Prozess verurteilte Andre Eminger. Auch heute gebe es eine aktive Neonaziszene, die sich in den vergangenen Jahren um den aus Baden-Württemberg nach Zwickau gezogenen Kader des „Dritten Wegs“, Manuel Ganser, kristallisiere. Vor allem die jungen Neonazis seien äußerst aktiv, schüchterten linke Jugendliche ein und es komme auch regelmäßig zu gewaltsamen Übergriffen. „Zu vieles wird geduldet. Toleriert. Akzeptiert. Unterstützt“, lautet der Vorwurf an die Zwickauer Zivilgesellschaft.

Die aktive Neonaziszene hatte in den vergangenen Monaten immer wieder für Schlagzeilen gesorgt, weshalb auch Ankündigungen von Neonazis und Hooligans, die antifaschistische Demonstration stören zu wollen, im Vorfeld für einige Verunsicherung gesorgt hatten. Doch bis auf einige junge, rechte Kleingruppen, die im Umfeld der Demonstration von der sichtlich aufmerksamen Polizei kontrolliert und weggeschickt werden, bleiben die Störversuche weitestgehend aus. Auch der umtriebige Zwickauer Neonazi Torsten G. zeigte sich kurz am Rand der Demo, bevor die Polizei auch ihn des Platzes verwies.

Junge Neonazis provozieren am Rand der Demonstration.

Doch auch wenn die Polizei die Neonazis am Samstag weit von der Demo abschirmt, löst das nicht das Problem, das die Stadt mit ihnen und der von ihnen ausgehenden Gewalt hat. Jakob Springfeld, Pressesprecher des Demonstrationsbündnisses, sagt dazu: „In einem Klima, in dem junge Neonazis Erfolgserlebnisse feiern, Gewalt ausleben und sich als Vollstrecker*innen einer angeblich schweigenden Mehrheit fühlen können, wird eine neue Generation neuer Rechtsterrorist*innen sozialisiert.“ Der Blick in die Zukunft sei damit klar: „Mit Ignoranz und dem Tolerieren von faschistischen Strukturen in Zwickau muss Schluss sein! Wir fordern ein angemessenes und dauerhaftes Gedenken, dass die Angehörigen der Opfer und Betroffenen des rechten Terrors miteinbezieht. Sowas, wie den NSU, darf es in Zwickau nie wieder geben.“

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