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[Gegenaufklärung 2025] Vom Deplatforming zum Replatforming

Demokratie und Universalismus stehen vor einer beispiellosen Bedrohung. Desinformation dominiert, Verschwörungserzählungen boomen, und antidemokratische Narrative finden global immer mehr Gehör. Was treibt die Gegenaufklärung 2.0 an? Worauf berufen sich Antidemokrat*innen global im Jahr 2025? Was eint und trennt sie und wie lässt sich die Regression in den Neo-Feudalismus abwenden? Darum geht es in der Textreihe [Gegenaufklärung 2025].

 
[Gegenaufklärung 2025] (Quelle: Canva)

Jahrelang war die Inhaltemoderation auf Social-Media-Plattformen zumindest von zaghaften Fortschritten geprägt. Heute sind viele dieser Entwicklungen rückläufig. Das liegt auch an Elon Musks neuer Rolle als Plattformbetreiber und Donald Trumps zweiter Amtszeit.

Nie war alles gut in den sozialen Netzwerken. Es gab keine Zeit, zu der Plattformen frei von diskriminierendem Hass, menschenverachtender Propaganda, Belästigungen, Drohungen und Gewaltfantasien waren. Dennoch haben Maßnahmen wie Kooperationen mit Faktenchecker*innen oder die Sperrung einflussreicher Rechtextremer und Verschwörungsideolog*innen in der Vergangenheit ihren Teil zur Verbesserung öffentlicher Debatten und der Sicherheit der Nutzer*innen beigetragen.

Die Sperrung von Konten, Kanälen oder Seiten, das sogenannte Deplatforming, hat Vor- und Nachteile. Häufig gelingt es gesperrten Akteur*innen nicht, dieselbe Reichweite über neue Kanäle oder auf anderen Plattformen zu erzeugen. Rechtsextreme, die in der Vergangenheit gesperrt wurden, berichteten zudem von finanziellen Einbußen, etwa durch den Wegfall von Spenden oder die Sperrung monetarisierter Kanäle auf Plattformen wie YouTube.

Deplatforming hat in der Vergangenheit aber auch immer wieder dazu geführt, dass gesperrte Akteur*innen und zumindest ein Teil ihrer Anhänger*innen auf Plattformen ausgewichen sind, die kaum moderieren. Dazu gehören vor allem Telegram, aber auch das russische Netzwerk VK und die Videoplattform Bitchute. Diese Abwanderung kann dazu führen, dass die dort geposteten Inhalte offener hasserfüllt oder bedrohend sind. Außerdem ist die User*innenbasis auf diesen Alternativ- oder Alt-Tech-Plattformen homogener, mit Widerspruch ist noch seltener zu rechnen.

Dieser Umstand führt aber auch dazu, dass Rechtsextreme und Verschwörungsideolog*innen trotzdem auf Präsenzen auf den großen Plattformen angewiesen sind, um neue Anhänger*innen zu gewinnen und öffentliche Debatten zu stören oder zu manipulieren.

Nachdem Twitter von Elon Musk übernommen wurde, änderte sich nicht nur der Name. Auf X sind inzwischen zahlreiche Akteur*innen mit neuen oder alten Kanälen vertreten, die in den Jahren zuvor gesperrt worden waren. Dazu gehören Mitglieder der Identitären Bewegung, oder auch der Verschwörungsideologe Alex Jones und Donald Trump höchstpersönlich. Auch Plattformbetreiber Musk selbst fällt immer wieder durch die Verbreitung von Desinformation, Hass und antisemitischen Codes auf und unterstützt rechtsextreme und verschwörungsideologische Akteur*innen gleichermaßen.

Obwohl er sich besonders prominent als Spender und Unterstützer hervorgetan hat und mit einer entsprechenden Rolle in der zweiten Trump-Administration belohnt wurde: Elon Musk ist nicht der einzige Plattformbetreiber, der Regeln und Inhalte zugunsten Donald Trumps ausrichtet.

Mark Zuckerberg, dem Trump im Wahlkampf noch mit Gefängnisstrafen gedroht hatte, gab im Januar 2025 neue Regeln für die Meta-Plattformen bekannt. Dazu gehört die Einstellung der Kooperation mit Faktenchecker*innen, die in mehr als 60 Sprachen gearbeitet hatten. Zunächst sind davon die USA betroffen, perspektivisch aber auch andere Teile der Welt. In der Bekanntmachung und späteren Interviews bezeichnete Zuckerberg Faktenchecker*innen ohne jegliche Belege als voreingenommen. Das Narrativ ist beliebt unter Republikaner*innen, aber auch internationalen Medienaktivist*innen, die die Veröffentlichung von Faktenchecks als „Zensur” umetikettieren.

Zuckerberg hat außerdem einen Teil der Plattformregeln geändert, die sich auf Rassismus, Xenophobie, Frauenhass, Queerfeindlichkeit sowie Hassrede gegenüber Religionen und ihren Anhänger*innen beziehen. Dass es genau diese Regeln sind und nicht allgemein das gesamte Regelwerk, ist auffällig und als Entgegenkommen gegenüber der Trump-Regierung zu interpretieren. Äußerungen dieser Art sind von Trump, seinem Umfeld und seinen Anhänger*innen zu erwarten.

Gerade Mark Zuckerberg hat in der Vergangenheit schon oft bewiesen, dass er nach dem handelt, was politisch opportun ist. Jahrelang durften Politiker*innen, allen voran Donald Trump, Plattformregeln brechen, ohne Konsequenzen fürchten zu müssen. Posts von Politiker*innen waren bei Meta von Beginn an vom Fact-Checking-Programm ausgeschlossen. Trumps Präsenzen in den Netzwerken wurden auch erst nach dem Umsturzversuch des 6. Januar 2021 gesperrt, obwohl die Geschehnisse des Tages von Trump selbst angeheizt und von Beteiligten am Tag des Sturms auf das Kapitol auf den Plattformen koordiniert wurden. Zu dem Zeitpunkt ging von Trump schlicht keine Gefahr mehr für Meta und Twitter aus. Heute sind seine Konten dort längst wieder entsperrt.

Es ist zu erwarten, dass sich diese rückläufige Entwicklung fortsetzt, da Musk, Zuckerberg und Co. ihre Verbindungen zu Trump nutzen, um unliebsame Regulierungen wie den Digital Services Act in der EU anzugreifen. Es bleibt daher abzuwarten, ob diese Erpressungsversuche, zum Beispiel durch angedrohte Zölle, von Erfolg gekrönt sein werden.

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