In Frankreich demonstrieren Menschen mit gelben Warnwesten („gilets jaunes“) auf der Straße gegen die hohen Spritpreise, gegen hohe Mieten, allgemein gegen die Reformen von Emmanuel Macron. Zuletzt ist es auch zu Gewalt gekommen. Der Protest in Frankreich lässt sich politisch weder eindeutig links noch rechts verordnen. Die nun nach Deutschland schwappende „Bewegung“ lässt sich hier jedoch ganz eindeutig dem extrem rechten Lager zuordnen.
Aufgeputscht durch die aufrührerischen Bilder aus Frankreich, keimte auch bei rechten „Wutbürgern“ und Neonazis in Deutschland die Idee einer Revolution auf. Unter dem Deckmantel der angeblich bürgerlichen Gelbwesten-Bewegung fanden so rechte bis rechtsextreme Unzufriedene in Facebook-Gruppen, in zahlreichen Chatkanälen des Messenger-Dienstes Telegramm und auf der Gaming-Plattform Discord zusammen. Hier träumen sie mit Gleichgesinnten vom „Systemumsturz“.
Worum geht es den gelbbewesteten Revolutionären?
Worum es den neongelben Revoluzzer*innen geht, ist nicht ganz klar. In einigen Gruppen geht es ausschließlich um das Thema Fahrverbote in deutschen Innenstädten. Die meisten Warnwesten-Aufständler-Gruppen sind jedoch klar dem extrem rechten Spektrum zuzuordnen und das, obwohl diese „Bewegung“ von sich behauptet, weder links noch rechts zu sein. Und tatsächlich, auch Sahra Wagenknecht wünscht sich einen Protest in Deutschland à la „gilets jaunes“. Nicht verwunderlich, besonders in Hinblick auf die von ihr initiierten „aufstehen“-Querfront-Kampagne, in der sich rechte und linke Unzufriedene wiederfinden sollen. Allerdings dominieren extrem rechte User*innen die meisten der neongelben Gruppen – auch auf Admin-Ebene. Größtenteils wird in diesen Gruppen rechte Propaganda und antisemitische und rassistische Verschwörungserzählungen verbreitet.
Ganz nach dem Motto „Merkel muss weg“, träumen die Mitglieder hier von einem Systemumsturz. Einige User*innen legitimieren dafür sogar Gewalt. Zentrale und immer wiederkehrende Themen sind der UN-Migrationspackt und die Amtsenthebung Angela Merkels.
In einem Artikel auf „t-Online“ über die Gelbwesten in Deutschland heißt es, dass die amerikanische Pro-Trump-Bewegung „QAnon“ die deutschen Gelbwesten stark beeinflusst. „QAnon“ zeichnet sich hauptsächlich durch das Verbreiten von Verschwörungserzählungen aus. Geboren ist diese sektenähnliche Bewegung im Oktober 2017 in den USA auf der Webseite „4chan“. Die Anhänger*innen in den USA glauben „Q“ sei ein Mitarbeiter der Regierung und habe daher Zugang zu geheimen Akten. Mit codierten Botschaften bereitet oder bereiten „Q“ die USA auf „das große Erwachen“ vor, dem dann „der Sturm“ folgen werde: Der „Deep State“, Bürokratie, Medien, Politiker*innen und Wirtschaft, an deren Spitze, wie in jeder Verschwörungserzähung jüdische Finanziers sitzen, würden dann ersetzt. Offenbar ist aus „QAnon“ nun ein internationaler Ableger entstanden, der sich in Deutschland „Qlobal-Change“ nennt.
In einem Video vom 17. November kündigt „Qlobal“ dann auch sogleich die Revolution am 1. Dezember 2018 an, schließlich lasse sich das deutsche Volk nicht länger unterdrücken. Den Deutschen würde erzählt, sie seien schuld an den beiden Weltkriegen, den Deutschen werde verboten, die Wahrheit auszusprechen, während man sie ständig belügt, so heißt es im Video. „Seit Jahrhunderten will man uns spalten, vermischen und ausrotten, denn sie haben Angst“ sagt eine Stimme. Kurz darauf werden Bilder des jüdischen Bankiers Jacob Rothschilds und dem ebenfalls jüdischen Investor George Soros eingespielt. Ihre Köpfe sind gerahmt von einer roten, eckigen Klammer. Die eckige Klammer dient laut „GenFM“ zur Markierung sogenannter „Volksfeinde“. Sie wird als „Killbox“ bezeichnet und ist damit ein versteckter Mordaufruf. Diese Klammer ist die Weiterentwicklung der drei runden Klammern um vermeintliche jüdische Namen. Dieser Code dient dazu zu zeigen, dass es sich hier um Juden und in dieser antisemitischen Weltsicht eben um Feinde handelt. In einem anderen Video von „Qlobal“ werden Bilder von Finanz-Gebäuden sowie Angela Merkel in rote Klammern gesetzt.
Die vier Phasen der neongelben Revolution
Die neongelbe Revolution ist in vier Phasen eingeteilt. In der ersten Phase, bis zum 1. Dezember, geht es darum, Informationen und Memes zu verbreiten. In Phase zwei, ab dem 1. Dezember, soll „das System“ blockiert werden. „Qlobal“ ruft die Gefolgschaft dazu auf, Konzerne und „das System“ zu boykottieren, außerdem sollen die Neongelben ihre Bankkonten leeren und nicht zur Arbeit zu gehen. Sollte Merkel bis zum 6. Dezember noch nicht zurückgetreten sein, soll es in Phase drei deutschlandweit Blockaden „jeglicher Art“ geben. Sollte Merkel am 10. Dezember trotz Zebrastreifen-Blockade den UN-Migrationspackt unterzeichnen, „dann handelt nach EIGENEM ERMESSEN“ so ein Meme zu Phase vier, das von „Qlobal“ verbreitet wird. Phase vier ist schon sehr nah an einem Aufruf zur Gewalt.
Was soll am 1. Dezember 2018 passieren?
Wird nun am Samstag, dem 1. Dezember, eine Revolution in Deutschland beginnen? Ganz sicherlich nicht. Um ihre Ziele zu erreichen, keine Fahrverbote, den UN-Migrationspackt stoppen, Merkel aus dem Amt jagen und „das System“ stürzen, wollen nun „Wutbürger“, Rassisten und Antisemiten sprichwörtlich auf die Straße gehen und einfach permanent über Zebrastreifen gehen, um so den Verkehr zu blockieren. „Qlobal“ erklärt die „Zebrastreifen-Besetzung“ via Sharepic auch nochmal ganz genau:
Das sieht dann so aus:
Die gelben Westen in Deutschland ist keine neutrale Bewegung, die gegen finanzielle Missstände auf die Straße geht, wie in Frankreich. Hier treffen sich dieselben Rassisten wieder wie bei den diversen Pegida-Demonstrationen oder Anti-Merkel-Protesten.