Unterzeichnet haben u.a. christliche, jüdische und gewerkschaftliche Institutionen, (Fach)Verbände der Wohlfahrtspflege, Interessenverbände von NS-Verfolgten, Bildungseinrichtungen und Beratungseinrichtungen der Antidiskriminierungsarbeit sowie politische Organisationen.
Die Unterzeichnenden geißeln den „antisemitischen Tabubruch“ und sehen insbesondere in dem Wahlkampfslogan „Israel ist unser Unglück!“, der eine NS-Parole variiert, ein direktes Anknüpfen an die nationalsozialistische Aufhetzung zum Judenhass und zur Vernichtung. Sie rufen dazu auf, „dem immer offener auftretenden Antisemitismus entschieden entgegenzutreten.“ An die Wahlberechtigten wird appelliert, bei der Europawahl Nationalismus und Demokratiefeindlichkeit eine klare Absage zu erteilen.
Strafrechtlich ist das Verfahren wegen Volksverhetzung, das die Staatsanwaltschaft Köln u.a. auf Betreiben des Kölner Flüchtlingsrat e.V. gegen Verantwortliche der Partei „Die Rechte“ eröffnet hatte, eingestellt. An anderer Stelle sind jedoch weiterhin Strafverfahren wegen der inkriminierten Plakate anhängig.
Nachdem zuletzt die Antisemitismusbeauftragten des Bundes und Baden‐Württembergs die Kommunen aufgefordert haben, gegen die judenfeindlichen Wahlplakate vorzugehen, sind zudem die kommunalen Ordnungsbehörden im Zugzwang.
„Antisemitische Hetze darf nicht weiter hingenommen werden! Wir fordern Ordnungsbehörden, Polizei und Justiz auf, mit allen rechtsstaatlichen Mitteln dagegen vorzugehen, und die Zivilgesellschaft, ihren Protest zum Ausdruck zu bringen“, erklärt für den Kölner Flüchtlingsrat e.V. der stellvertretende Geschäftsführer Thomas Zitzmann. „Um zu einer effektiven Verfolgung antisemitischer und rassistischer Hetze zu kommen, gehört zudem eine Strafrechtsänderung auf die bundespolitische Agenda“, so Zitzmann.
Bereits im Jahre 2013 war Deutschland vom UN-Antirassismus-Ausschuss aufgefordert worden, Gesetzeslage und Praxis im Bereich der Strafverfolgung von rassistischen Äußerungen auf den Prüfstand zu stellen.
Antisemitismus nicht hinnehmen!
Die neonazistische Kleinpartei „Die Rechte“ betreibt Europawahlkampf mit einem antisemitischen Tabubruch: Der Wahlkampfslogan „Israel ist unser Unglück!“ variiert die Parole des NSDAP-Wochenblattes „Der Stürmer“ („Die Juden sind unser Unglück!“) und knüpft damit direkt an die nationalsozialistische Aufhetzung zum Judenhass und zur Vernichtung an. Die Spitzenkandidatin der Neonazis für die Europawahl ist die 91-jährige Ursula Haverbeck, die derzeit als Holocaust-Leugnerin eine Haftstrafe verbüßt. Ein anderer Wahlkampfslogan der Partei droht: „Wir hängen nicht nur Plakate!“
Ein Strafverfahren wegen Volksverhetzung, das die Staatsanwaltschaft Köln zwischenzeitlich eröffnete, ist eingestellt. Der Kölner Flüchtlingsrat e.V. prüft ein rechtliches Vorgehen gegen die Einstellung des Strafverfahrens.
Unabhängig vom Ergebnis dieser Prüfung sind die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner der Auffassung, dass sich die Zivilgesellschaft zur Wehr setzen muss gegen den zunehmenden Antisemitismus und Rassismus sowie die damit verbundene ernste Bedrohung für die Demokratie. Dass es sich bei „Die Rechte“ um eine neonazistische Partei handelt, die durch Tabubruch um Aufmerksamkeit wirbt, ist kein Grund, zu dieser Hetze zu schweigen. Vielmehr gilt es, dem immer offener auftretenden Antisemitismus entschieden entgegenzutreten. Antisemitische Vorfälle und Übergriffe ereignen sich täglich. Antisemitische und rassistische Strömungen verändern das gesellschaftliche Klima zusehends.
Dagegen treten wir ein für eine demokratische und soziale Gesellschaft, für Vielfalt und gegen Ausgrenzung. Wir appellieren an die demokratischen Parteien, politischen Organisationen, Verbände und Religionsgemeinschaften, sich in diesem Sinne zu engagieren. Polizei und Justiz fordern wir auf, mit rechtsstaatlichen Mitteln die Auswüchse konsequent zu bekämpfen. Wir appellieren an die Wahlberechtigten, bei der Europawahl Nationalismus und Demokratiefeindlichkeit eine klare Absage zu erteilen.
Unterzeichnende (Stand 15.05.2019)
Organisationen: agisra e.V.; Bildungsstätte Anne Frank, Zentrum für politische Bildung und Beratung Hessen; Bundesverband Information & Beratung für NS-Verfolgte e.V., Köln; Bündnis gegen Antisemitismus Köln; Bündnis „Kein Veedel für Rassismus“; Caritasverband für die Stadt Köln e.V.; cityofhope cologne e.V.; Claims Conference, Office for Germany; Deutsch-Israelische Gesellschaft AG Köln; DGB-Kreisverband Hochsauerlandkreis; DGB-Kreisverband Olpe; DGB-Kreisverband Siegen-Wittgenstein; DGB-Region Südwestfalen; DGB-Stadtverband Köln; DGB-Stadtverband Remscheid; Die Linke Kreisverband Wuppertal; Evangelische Gemeinde Köln; Evangelischer Kirchenverband Köln und Region; IN VIA – Kath. Verband für Mädchen- und Frauensozialarbeit Köln e.V.; Jüdische Liberale Gemeinde Köln Gescher LaMassoret e.V.; Katholikenausschuss Köln; Katholisches Stadtdekanat Köln; „Köln stellt sich quer“, Bündnis für Vielfalt und gegen Rassismus; Kölner Flüchtlingsrat e.V.; Kölnische Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit e.V.; Lesben- und Schwulenverband LSVD; Melanchthon-Akademie des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region; Rheinisches antifaschistisches Bündnis gegen Antisemitismus; Rom e.V.; SABRA Düsseldorf – Servicestelle für Antidiskriminierungsarbeit, Beratung bei Rassismus und Antisemitismus; Sozialdienst katholischer Frauen e.V., Köln; Sozialdienst katholischer Männer e.V., Köln; TuS Makkabi Köln; ver.di – Medien, Kunst und Industrie Köln/Bonn/Leverkusen; Verein EL-DE-Haus e.V., Köln; Verein zur Förderung der Städtepartnerschaft Köln – Tel Aviv-Yafo; Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten, Landesvereinigung Nordrhein-Westfalen
Einzelpersonen: Lutz Brümmer; Anne Damm; Laura Franke; Dieter Hemming; Silke Bettina Kargl; Daniel Kreutz; Peter Neubauer; Philipp Radtke; Luitgard Schäfer; Frieder Schumann; Kim Segschneider; Harald Winter