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Gender Warum die AfD nicht auf junge Mütter in der Führung verzichtet

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Der Chef der Berliner AfD, Georg Pazderski, gratuliert Alice Weidel zu ihrer Wahl zur Spitzenkandidatin auf dem AfD-Bundesparteitag in Köln am 23. April 2017. (Quelle: picture alliance / Rolf Vennenbernd/dpa)

Der Effekt war bereits bei der AfD-Bundesvorsitzenden Frauke Petry vorhanden. Da konnte sie davon sprechen, den Begriff des Völkischen wieder positiv zu besetzen (vg. btn) oder dem Wall Street Journal sagen, Schüler_innen sollten nicht nur Konzentrationslager besuchen, sondern “in gleichem Maße” lernen, dass die Amerikaner nach dem Zweiten Weltkrieg deutsche Kriegsgefangene in Lagern auf den Rheinwiesen verhungern hätten lassen (vgl. Tagesspiegel). Petry bekam für ihre  Positionen am Rande der demokratischen Meinungsäußerung mit rückwärtsgewandtem Geschichtsbezug meist weniger Ärger,  als ihre “fundamentaloppositionellen“ männlichen Parteikollegen. Schließlich verortete sie sich zumindest rhetorisch immer am gemäßigten Rande  der AfD – zumindest aber nicht in der “Fundamentalopposition“. Und dann war sie eben eine Frau, eine junge Frau, eine vierfache Mutter – und wurde als solche stets als weniger bedrohlich wahrgenommen als Höcke, Gauland und Co.

Nun hat Frauke Petry auf dem AfD-Bundesparteitag am 22. und 23.04.2017 in Köln eine Schlappe erlitten, indem die Delegierten ihr verweigerten, über die zukünftige Richtung der AfD zu diskutieren – womit sie auch schon klar machten, dass sie offenkundig nicht an Petrys Aufruf zur Mäßigung und Abgrenzung zum Rechtsextremismus  interessiert sind.

Interessant allerdings, dass die AfD zwar offenkundig kein Problem damit hat, ihre Vorsitzende zu demontieren, wohl aber die Vorteile eines bürgerlichen, jungen und weiblichen Erscheinungsbildes weiter nutzen möchte. Weiße alte Männer sind schon ein treues Wahlpublikum der AfD – bei jungen Frauen dagegen hapert es, auch wegen des sexistischen Frauenbildes und des rückwärtsgewandten Familienbildes der AfD.  Diese Wählerschichten anzusprechen – und vielleicht noch queere Islamfeinde dazu – ist nun die Aufgabe von Alice Weidel. Die 38-Jährige Unternehmensberaterin, die mit Frau und zwei Söhnen interessanterweise (für eine Nationalistin) in der Schweiz in Biel lebt, gilt als redegewandt, telegen und vorzeigbar auch für eine bürgerliche AfD-Klientel, die mit rechtspopulistischen Provokationen nicht erreicht werden kann. Weidel bezeichnet sich selbst als „wirtschaftsliberal“ – wobei das für sie ausschließlich einen Wirtschaftsbezug und nichts mit sonstiger gesellschaftlicher Liberalität zu tun hat -, und ist für einen Parteiausschluss von Björn Höcke, weil sie das völkische Denken “schädlich für Wahlerfolge” der AfD hält. Dies reicht, um sie als “gemäßigt“ innerhalb der AfD zu präsentieren.

Offiziell ist Weidel Wirtschaftsexpertin, ihr AfD-Thema war lange der Euro beziehungsweise seine Abschaffung, auch sieht sie den demokratischen Fürsorge-Staat als Weg in die Unfreiheit – der Staat soll sich heraushalten, der Markt soll es richten. Doch wer sich wundert, warum sie sich in der AfD wohl fühlt, kann sich ihren auf Facebook veröffentlichten Statements eine verinnerlichte Islamfeindlichkeit und auch eine satte rechtspopulistische Rhetorik entnehmen.

Ein kurzer Blick auf ihre Facebook-Seiten der letzten Wochen etwa zeigt das gut, geradezu umfassend:

1. Weil in Köln gegen die AfD protestiert wird, steht eine “neue RAF“ vor der Tür

 

2. Menschen, die anderen Menschen das Leben retten, stehen für “Verblödung Europas“.  Welche Konsequenz sich wohl Weidel für die Geflüchteten auf dem Meer wünscht?

 

3. Türken r… äh, zurück in die Türkei.

 

4. Denn „sie“ wollen den “Scharia-Staat“.

 

5. Wenn ein “Islamkritiker“ auf Facebook gesperrt wird, wird die fragwürdige Quelle „Epoch Times“  zitiert – und natürlich kann es nicht schaden, in klassisch rechtspopulistischer Diktion Bundesjustizminister Heiko Maas und die Chefin der Amadeu Antonio Stiftung, Anetta Kahane, für die Sperr-Entscheidung eines Facebook-Mitarbeiters verantwortlich zu machen.

 

6. Wenn es um „Migrantenkriminalität“ geht, die „völlig außer Kontrolle“ ist, ist eine „gute“ Quelle „islamkritik-objektiv.com“ (Claim: „Objektiv – Investigativ – Islamkritisch – Politisch inkorrekt“), denn da steht die Objektivität ja schon im Namen.

 

7. Das schöne “Pegida“-Rhetorik Bild vom “geworfenen Teddybären“ aufnehmen (und natürlich die zitierten Zahlen nicht belegen).

 

8. Horror-Erzählungen aus der neurechten “Jungen Freiheit“ teilen.

 

9. SPD als “Scharia-Partei-Deutschland“ bezeichnen.

 

Wer sich mehr Text wünscht: Correctiv zitiert einen  Artikel, den Weidel für die “Junge Freiheit“ schrieb: “Ob es nun Minarette, Moscheen, Muezzinrufe, die Kleidungsordnung von Muslimen, die Einforderung von Geschlechtertrennung, das Einklagen von Kopftüchern im öffentlichen Dienst sind, ob Friedensrichter, Schariagerichtsbarkeit, Parallelgesellschaften, Ehrenmorde, Zwangsverheiratungen und die Akzeptanz von Kinderehen – all dies zielt nur auf eines: auf die Islamisierung unserer Gesellschaft.“

Ein lächelndes, junges Gesicht ist in diesem Fall also nichts als eine Illusion.  In diesem Kopf kreisen klassische rechtspopulistische Hassgedanken, mit denen Weidel in der AfD gut aufgehoben ist.

 

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