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Good Gaming – Well played, Democracy Gespielte Desinformation – Verschwörungen in Videogames aufklären

Games, ihre Communitys und die damit verbundenen Erzählungen greifen auf vielfältige Settings und Narrationen zurück. Häufig werden dabei auch verschwörungsideologische Aspekte aufgegriffen und in Haupt- oder Nebenhandlungen oder auch in das Charakterdesign implementiert. Bösewichte, hinter denen sich eine im Geheimen operierende Macht verbirgt, wie in „Resident Evil“; Jahrhunderte alte Konflikte, die bis in die Gegenwart hineingetragen werden, wie in der „Assassin‘s Creed“-Reihe; oder eine Erzählerstimme, die die Spielrealität manipuliert wie in „The Stanley Parable“ – viele Videospiele beinhalten solche multidimensionalen Mythen und konspirativen Narrative, liefern jedoch zu häufig eindimensionale Antworten: Ursache allen Übels ist ein wie auch immer manifestiertes Böses.

 
Screenshot aus dem Spiel "Wiebkes wirre Welt" (Quelle: wiebkes-wirre-welt.de)

Nur der Endgegner, eine abstrakte Macht, muss besiegt und in seine Schranken verwiesen werden. Eine einfache Antwort auf komplexe Probleme. In den seltensten Fällen wird die Schuld bei gesellschaftspolitischen Machtverhältnissen und bestehenden Ungleichheiten gesucht. Damit bleiben viele Videospiele in klassischen „Freund/Feind“- bzw. „Gut/Böse“-Schemata und verpassen die Chance, Unsicherheiten aushalten. So auch beim Spiel „Deus Ex“, in dem ein tödlicher Virus von einer geheimen Organisation verbreitet wird und das Gegenmittel nur einer ominösen gesellschaftlichen Elite zugänglich ist. Trotz dramaturgischer innerer Zerrüttung des Protagonisten sind die Feindbilder der Geschichte klar und lassen die Spielenden mit ausgedünnten Erklärungen zurück.

Gleichzeitig gibt es eben aber auch jene Videospiele, die vielschichtige Erzählweisen und unterschiedliche Metaebenen einbringen und so Grautöne zulassen. Das gelingt vor allem, wenn Perspektivwechsel einsetzen und Spielende bereits Erlebtes plötzlich aus einem anderen Blickwinkel betrachten (müssen), wie im zweiten Teil der Spielreihe „Golden Sun“.

Neben den großen Videospielblockbustern gibt es auch viele gelungene „Indie Games“, also Spiele von kleineren Publishern, die frische Ideen in den Spiele-Alltag einbringen. Viele dieser Titel achten stärker auf Diversität und Repräsentation, als dies bei größeren Titeln der Fall ist. Auch immer mehr Serious Games (also Videospiele, die nicht allein der Unterhaltung dienen und spielerisch Wissen vermitteln) entstehen und trainieren einen kritischen Umgang mit Verschwörungsideologien:

Firewatch

Im Indie-Game „Firewatch” des amerikanischen Entwicklungsstudios Campo Santo übernehmen Spielende die Rolle des Feuerwächters Henry. Auch wenn alles auf eine große Verschwörung hindeutet, (– Spoiler –) bleibt diese aus. Keine im Geheimen operierende Elite, die bekämpft werden muss, keine obskuren Mächte, die besiegt werden müssen. Henry geht lediglich seinem Vorgänger und schaurigen Alltagssituationen auf den Leim. Das Spiel greift damit das Thema „Verschwörungen“ auf, ohne auf gängige Klischees zurückzugreifen.

Website zum Spiel: https://www.firewatchgame.com/

Loulu

Die App „Loulu“ von Onlinetheater.live ist ein Indie-Game, in dem spielend über Strategien von rechtsextremen Influencer:innen in Sozialen Netzwerken aufgeklärt wird. Das Spiel vermittelt, wie rechte Shitstorms funktionieren und Desinformation unter anderem durch Algorithmen noch leichter verbreitet wird.

Website zum Spiel: https://onlinetheater.live/project/loulu

Wiebkes wirre Welt

In diesem Mix aus Film und Spiel bewegen sich User:innen als Agent:innen einer geheimen Organisation durch Wiebkes Zimmer, mit dem Ziel, sie immer weiter zu radikalisieren. Im Laufe dieses Auftrags können Spielende viel über bekannte Verschwörungserzählungen erfahren und ihre Wirkung miterleben. Bedingt durch die Perspektivenwahl ist das Spiel sehr konfrontativ und bedarf einer starken Reflexionsfähigkeit der Spieler:innen

Hier geht es zum Spiel: https://wiebkes-wirre-welt.de/

Jessika

(Inhaltswarnung: Suizid)

Ziel dieses Full-Motion Games ist es herauszufinden, warum Jessika Suizid begangen hat. Spielende bekommen als Teil ihres neuen Jobs Zugriff auf Jessikas Festplatte und können in diesem gespielten Krimi Jessikas Radikalisierung in die extreme Rechte auf den Grund gehen. Dabei werden sie auch mit verschwörungsideologischen Narrativen konfrontiert.

Website zum Spiel: https://tritriegames.de/jessika/

Dieser Text ist ein Auszug aus der Broschüre:

Amadeu Antonio Stiftung / Good Gaming – Well Played Democracy:
„Unverpixelter Hass. Toxische und rechtsextreme Gaming-Communities.“
Berlin 2022
90 Seiten

Mehr aus der Broschüre auf Belltower.News:

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