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„Grenzgänge“ Rechtsextreme auf Menschenjagd an der polnischen Grenze 

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Die Aktion “Grünes Licht” ist ein Hoffnungsschimmer für die Menschlichkeit der europäische Zivilgesellschaft. Die Lichter sind ein Statement gegenüber der menschenverachtenden EU-Außenpolitik und die Antwort auf die rechtsextreme Selbstjustiz. (Quelle: picture alliance / NurPhoto | Beata Zawrzel)

Seit einigen Wochen steigt die Zahl von Geflüchteten, die über Belarus durch Polen in die westlichen EU-Mitgliedsstaaten gelangen wollen. Die Menschen fliehen vor dem Terror der Taliban, Hunger oder Verfolgung. Mittel- und orientierungslos werden die Geflüchteten, auf der Suche nach Schutz, zum Spielball der menschenverachtenden EU-Außenpolitik und dem belarussischen Diktator Alexander Lukaschenko. In Deutschland rufen nun immer mehr militante Neonazis dazu auf, an den Grenzen zu patrouillieren, um Geflüchtete an einem Grenzübertritt zu hindern.  

Europaweite Push-Backs 

Doch in den seltensten Fällen sind es Neonazis, die versuchen Migrant:innen möglichst unbemerkt an einem Grenzübertritt zu hindern. Meist sind es Frontex-Beamt:innen, Polizist:innen oder die Küstenwache die versuchen Migrant:innen möglichst unbemerkt an einem Grenzübertritt zu hindern und sie so unmittelbar in Lebensgefahr zu bringen. Dieses oftmals, gewaltvolle Zurückdrängen von Migrant:innen in einem Grenzgebiet wird als Push-Back bezeichnet. Ob auf dem Mittelmeer oder in den Wäldern Osteuropas, solche Push-Backs sind im Zusammenhang mit der europäischen „Willkommenskultur“ leider nicht neues. Push-Backs verstoßen gegen die Europäischen Menschenrechtskonventionen und sind somit völkerrechtswidrig.

Bei der aktuellen Fluchtbewegung aus Belarus in Richtung Westeuropa sind die schutzsuchenden Menschen an der EU-Außengrenze häufig Push-Backs des polnischen und belorussischen Grenzschutzes ausgeliefert. An der deutsch-polnischen Grenze mobilisieren nun auch noch Rechtsextremie zu selbstorganisierten Push-Backs. 

Rechtsextreme Gruppierungen rufen zur Selbstjustiz auf

Die rechtsextreme Kleinstpartei „III. Weg“ rief das erste Mal zu einem „Grenzgang“ im brandenburgischen Guben am 23.Oktober auf. In gewohnt rechtsextremer und martialischer  Rhetorik hieß es von Seiten der neofaschistischen Kleinstpartei, man wolle Geflüchtete aufspüren und den Behörden melden. Und weiter, Deutschland drohe „nun eine Masseninvasion ungeahnten Ausmaßes und somit eine weitere Überfremdung mit allen bisher bekannten negativen Auswüchsen“, Belltower.News berichtete bereits.

Wie viele Neonazis an diesem Tag den Aufruf folgten ist nicht bekannt, die Polizei setzte 50 Neonazis bei der Suche nach Geflüchteten fest und erteilte Platzverbote. Bei den Durchsuchungen der selbsternannten „Grenzschützern“ fand die Polizei neben Pfefferspray, Schlagstöcken und Nachtsichtgeräten auch ein Bajonett sowie wie eine Machete. Der „III.Weg“ verkaufte im Nachhinein die Aktion als Erfolg, gibt sich als verlängerter Arm der besorgten Bewohner:innen und als letzte Instanz gegen die „Überflutung“. Dabei inszeniert die rechtsextreme Kleinstpartei den „Grenzgang“ auf der eigenen Homepage als großes Abenteuer, auf der Suche nach Schutzsuchenden und permanent verfolgt durch die, von den Medien manipulierten, Polizeibeamt:innen. Auf der Homepage heißt es zu der Zukunft solcher „Grenzgänge“: „Unsere Aufklärungskampagne wird gerade hier in den nächsten Wochen entsprechend weiter ausgebaut werden.” Laut Recherchen des Freitag, sollen bei dieser „Aufklärungskampagne“ Neonazis aus dem „erweiterten-Kreis“ des NSU beteiligt gewesen sein.

Auch die europäische „neue“-Rechte-Bewegung organisierten „Grenzschutz“. Unter dem Motto „Nie Wieder 2015“ rufen Aktivist:innen rund um den Kopf der „Identitäre Bewegung“  Martin Sellner, zur Selbstjustiz auf. In einem dramatisch inszenierten Werbeclip der Kampagne wird an die „apokalyptischen“ Zustände 2015 erinnert und vor der „Ersetzungs Migration“ sowie einer „unsichtbaren Invasion“ gewarnt. Hierbei bedienen sich die Rechtsextremen an dem beliebten rechtsextremen Narratives des „Bevölkerungsaustausches“.

2017 rief die sogenannte „Identitäre Bewegung“ die Mission „Defend Europe“  ins Leben, die darin gipfelte, dass die rechtsextremen Aktivist:innen mit einem Schiff auf dem Mittelmeer versuchten Seenotretter:innen bei der Arbeit zu stören und so wissentlich Menschenleben zu gefährden, Belltower.News berichtete.

Laut Angaben der „Identitäre Bewegung“ haben sie bereits „Patrouillen“ in Zittau, Görlitz und Frankfurt Oder organisiert. Die Identitäre Bewegung“ gibt sich hier vor allem besorgt um das wohlbefinden der Bürger:innen und betont die Friedlichkeit ihrer „Grenzgänge“. In einem düster inszenierten Video ruft die „Identitäre Bewegung“ zu weiteren „Grenzgängen“ auf.

Die „Identitäre Bewegung“ berichtet auf Telegram über die Grenzgänge (Quelle: Screenshot)

Die rechtsextreme Partei „Freie Sachsen“, mobilisiert für den kommenden Freitag, den 5. November, eine Protestaktion auf der Autobahn A4. 

Natürlich darf bei den Aufrufen diverser rechtsextremen Parteien und Organisationen auch die AfD nicht fehlen. Am 31. Oktober veranstaltete die in Teilen rechtsextrem Partei eine Demonstration in Eisenhüttenstadt unter dem Slogan „illegale Migration stoppen“. Im Vorfeld der Kundgebung hieß es von Seiten der AfD: „Tausende Migranten kommen seit Wochen über die grüne Grenze von Polen nach Deutschland. Sie alle reisen illegal ein“.

All diese Aufrufe spielen mit denselben fiktiven Ängsten. Rechtsextreme inszenieren  sich als „Kümmerer“ für die Bevölkerung und sprechen staatlichen Behörden Kompetenz ab. Sie nutzen Verschwöungskonzepte wie  „Überfremdung“ oder „Islamisierung“, um an die rassistische Grundstimmung in breiten Teile der Gesellschaft anzuknüpfen.

Bislang sind die „Grenzgänge“ zwar spärlich besucht, dennoch besteht die Gefahr, dass durch dieses konstruiertes Bedrohungsszenario für die „homogen Volksgemeinschaft“, erneut rassistischen Parolen in den Gesellschaftlichen Diskurs aufwind genießen. Wie wir es bereits seit 2015 durch die Pegida-Demonstrationen erleben. 

Zivilgesellschaftliches Engagement an den Grenzen

Doch viele Menschen, die in Grenzregionen wohnen. Wollen den Neonazis etwas entgegen setzen. An der polnische-belarussischen Grenze organisieren sich beispielsweise Einwohner:innen, um den Geflüchteten zu helfen und um die großen Lücken, die der Staat in der Einwanderungspolitik hinterlässt, zu schließen. Mittlerweile sind an der EU-Außengrenze zahlreiche NGO Aktivist:innen auf der Suche nach Geflüchteten um Ihnen lebensnotwendige Hilfsgüter wie ein Schlafsack, Wasser oder Medizin zu gewährleisten. 

Wenn in einem Haus ein grünes Licht zusehen ist, bedeutet es für die Schutzsuchenden, dass Sie hier warmes Essen und Kleidung bekommen. Die Aktion “Grünes Licht” ist ein Hoffnungsschimmer für die Menschlichkeit der europäische Zivilgesellschaft. Die Lichter sind ein Statement gegenüber der menschenverachtenden EU-Außenpolitik und die Antwort auf die rechtsextreme Selbstjustiz. 

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